Die schweizerischen Kernkraftwerke weisen einen hohen Schutz bei einem vorsätzlichen Flugzeugabsturz auf – HSK-AN-4626

Die Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) veröffentlicht ihren Bericht zur Sicherheit der schweizerischen Kernkraftwerke bei einem vorsätzlichen Flugzeugabsturz. Die Untersuchungen zeigen, dass der Schutz der schweizerischen Kernkraftwerke deutlich höher ist als bisher angenommen wurde. Für die Kernkraftwerke Gösgen und Leibstadt konnte ein Vollschutz nachgewiesen werden. Für die älteren Anlagen Beznau und Mühleberg ist der Schutzgrad ebenfalls hoch und die Wahrscheinlichkeit für die Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung bei einem Terroranschlag mit einem Flugzeug ist gering.

Die Betreiber der schweizerischen Kernkraftwerke haben auf Forderung der HSK eine umfassende Untersuchung über die Konsequenzen eines vorsätzlich herbeigeführten Flugzeugabsturzes auf ein Kernkraftwerk vorgenommen. Die entsprechenden werkspezifischen Studien wurden der HSK Ende 2002 zur Stellungnahme eingereicht.

Die Konsequenzen eines Terrorangriffs mit einem zivilen Verkehrsflugzeug auf ein Kernkraftwerk werden massgeblich bestimmt durch die flugzeug- und flugspezifischen Randbedingungen. So haben Flugzeugtyp, Flugzeugtriebwerk, Aufprallwinkel und topografische Gegebenheiten in der unmittelbaren Umgebung eines Kernkraftwerks entscheidenden Einfluss auf die Folgen. Abklärungen haben ergeben, dass ein Angriff auf ein Kernkraftwerk mit einem zivilen Verkehrsflugzeug nur mit einem flachen Anflugwinkel und mit begrenzten Geschwindigkeiten überhaupt möglich ist. Dies wurde aus Flug-Simulatorübungen und durch Befragung erfahrener Piloten abgeleitet.

Verwendung aktueller Modelle und Methoden

Die Expertengruppe der Kraftwerksbetreiber verwendete für ihre Analyse aktuelle Modelle, Methoden und Datenmaterial. Es wurden alle heute weltweit eingesetzten Verkehrsflugzeugtypen, deren Gewicht, die Treibstoffmenge, die Geschwindigkeit und andere Anflugbedingungen einbezogen. Die Expertengruppe hat mit Hilfe einer dynamischen Grenzlastanalyse die Auswirkungen auf die strukturelle Integrität und Stabilität der sicherheitsrelevanten Baustrukturen der Kernkraftwerke untersucht. Dabei kamen aufwändige Crash- und Brandmodelle zum Einsatz. Der vorhandene Schutz gegen einen vorsätzlichen Flugzeugabsturz wurde zusätzlich mit einer probabilistischen Sicherheitsanalyse bewertet.

Erkenntnisse aus den Analysen

Für die schweizerischen Kernkraftwerke können aus den Analysen folgende Erkenntnisse abgeleitet werden:

  • Die Grenzlast-Untersuchungen für die neueren schweizerischen Kernkraftwerke Gösgen und Leibstadt zeigen, dass deren sicherheitsrelevante Gebäude einen Vollschutz gegen die Absturzfolgen eines modernen, voll betankten Langstrecken-Verkehrsflugzeugs selbst bei hoher Geschwindigkeit aufweisen. Damit verfügen beide Anlagen über einen deutlich höheren Schutzgrad, als aufgrund der behördlichen Forderungen bei ihrer Projektierung in den 70er Jahren verlangt wurde. Damals war ein Vollschutz gegen eine Boeing 707 mit Resttreibstoff und einer Geschwindigkeit von 370 km/h gefordert worden. Die probabilistischen Untersuchungen für ein Spektrum von möglichen Flugzeugtypen und Anfluggeschwindigkeiten weisen aus, dass die Wahrscheinlichkeit einer Freisetzung von Radioaktivität aufgrund eines Flugzeugabsturzes sehr niedrig ist.
  • Für die älteren schweizerischen Kernkraftwerke Beznau und Mühleberg bestand bei ihrer Erstellung keine Auslegungsanforderung bezüglich eines Flugzeugabsturzes. Die Grenzlast-Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Auslegung gegen den Absturz einer Boeing 707, wie sie bei der Projektierung der neueren Schweizer Anlagen gefordert wurde, erfüllt wird. Darüber hinaus bestehen weitere Sicherheitsreserven. Die Ergebnisse der probabilistischen Analysen für den Fall eines Flugzeugabsturzes zeigen, dass auch die nachgerüsteten, flugzeugabsturzsicheren Notstandsysteme und die räumliche Trennung von Sicherheitseinrichtungen zu einer niedrigen Wahrscheinlichkeit für eine Freisetzung von Radioaktivität beitragen.

Zusammenfassend darf festgestellt werden, dass die detaillierten Analysen einen hohen Schutzgrad der schweizerischen Kernkraftwerke bei einem vorsätzlichen Flugzeugabsturz aufgezeigt haben. Dieser Schutzgrad ist deutlich höher, als vor dem 11. September 2001 aufgrund älterer Analysen angenommen wurde.

Details und quantitative Ergebnisse dürfen im Interesse der internationalen Massnahmen zur Terrorismusprävention nicht veröffentlicht werden. Der vollständige Bericht ist auch im Internet unter www.hsk.psi.ch abrufbar.