Serie Lucens: Keine grossen Schäden nach dem Unfall

Lucens

Der Unfall am Tag des Anfahrens bedeutete das Aus für das Versuchsatomkraftwerk Lucens.Die nachträgliche Untersuchung des Unfalls im Auftrag des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartements (EVED) hat später die radioaktive Belastung der Bevölkerung um das Kraftwerk infolge des Unfalls eruiert.

Nach dieser Analyse war die Belastung durch radioaktive Edelgase gering (weniger als 0,1 mrem, also 0,001 mSv) und lag im Fall der Aerosole (hauptsächlich Jod-Isotope) mit 0,001 mrem unter der Nachweisgrenze.

Der vom EVED initiierte Bericht der „Kommission für die Untersuchung des Zwischenfalles im Versuchsatomkraftwerk Lucens“ (UKL) hielt fest: „Die Dosis infolge der Inhalation von Plutonium war unbedeutend gegenüber der zur Zeit des Zwischenfalles herrschenden Bestrahlung der Bevölkerung durch die Inhalation von weltweit in der Atmosphäre vorhandenem Plutonium.“

 

Grenzwerte mit grosser Reserve eingehalten

Am ehesten relevant für eine Bestrahlung der Bevölkerung war Tritium. Das Wasserstoff- Isotop – das Vorkommen stammte nur teilweise vom Unfall – gelangte während der Druckentlastung und der sich anschliessenden, über Wochen erstreckenden Durchlüftung und Trocknung der Reaktorkaverne in die Umwelt. Fazit des UKL-Berichts: „Die Dosis zufolge der Abgabe von Tritium ist mit höchstens 5 mrem (0,05 mSv) geringfügig im Vergleich zur natürlichen Strahlendosis der Bevölkerung, die im Gebiet von Lucens rund 100 mrem (1 mSv) pro Jahr ausmacht.

Die Strahlendosen zufolge des Zwischenfalles liegen damit im Bereich der Schwankungen der natürlichen Strahlendosen, wie sie an einem Ort beobachtet werden.“ Bedenkenlos war laut Bericht auch das Tritium, das über das Abwasser in die Broye floss, denn die Zuflüsse „ergaben dort nur kleine Bruchteile der nach Strahlenschutzverordnung (von 1963) höchst zulässigen Konzentration im Trinkwasser“.

Einer höheren Belastung als die Bevölkerung in der Region von Lucens war des Personal des Versuchsreaktors ausgesetzt. Diese Belastung betrug allerdings „nur einem Bruchteil der gemäss Strahlenschutzverordnung für beruflich strahlenexponierte Personen zulässigen Bestrahlung“, wie der Bericht der ULK ausführte.

 

Dekontamination und Zerlegung des Reaktors

Mehrere Tage nach dem Unfall war die Radioaktivität in der Reaktorkaverne so weit abgeklungen, dass Personen in Spezialausrüstung (Schutzanzüge, Atemschutzgeräte) die Kaverne für 15 bis 20 Minuten betreten konnten. Es wurden Absperrschleusen, Dekontaminationsduschen und Atemlufteinrichtungen gebaut.

Am 3. März 1969 konnte die Reaktorkaverne erstmals für längere Zeit betreten werden. Personal, das pressluftbelüftete Schutzanzüge trug, konnte nun mehrere Stunden hintereinander in der Reaktorkaverne arbeiten. Die Dekontamination der Reaktorkaverne und vor allem die Zerlegung des zerstörten Reaktors zog sich über Monate hin. Im September 1970 begann der Ausbau der nicht zerstörten Brennelemente.

Ende 1974 waren die Zerlegungs- und Dekontaminationsarbeiten in Lucens abgeschlossen. Reaktorkaverne und Stablager wurden in den 90er Jahren zubetoniert.

 

Der Untersuchungsbericht der UKL von 1979 deutete die Havarie als das „Resultat des Zusammenwirkens mehrerer einzelner, nicht zwangsläufig gekoppelter Faktoren“.

Das ist der siebte von zehn Teilen zur Geschichte des Versuchsatomkraftwerks Lucens. Weiter zum achten Teil.