ENSI beurteilt Kostenstudie für Stilllegung und Entsorgung als realistisch

Die voraussichtlichen Kosten für die Stilllegung der Kernanlagen in der Schweiz sowie für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle sind realistisch abgeschätzt worden. Zu diesem Schluss kommt das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI nach seiner technischen Überprüfung der Kostenstudien von den Betreibern. Es hat aber auch zwölf Punkte mit Verbesserungsbedarf identifiziert.

2011 wurden die Kostenstudien der Kernkraftwerksbetreiber aktualisiert. Das ENSI hatte den Auftrag, die Studien zu den Stilllegungs- und Entsorgungskosten aus technischer Sicht zu überprüfen. Es hat zuhanden der Kommission für den Stilllegungsfonds und den Entsorgungsfonds eine Stellungnahme verfasst.

Darin hält das ENSI fest, dass die Kostenstudien 2011 von swissnuclear vollständig und korrekt ausgeführt wurden. Der Umfang der Kostenschätzungen ist für den aktuellen Projektstand ausreichend. Festgestellte Abweichungen sind für die Ermittlung der einzubezahlenden Fondsbeiträge unerheblich.

Aus den Kostenstudien geht hervor, dass nach Ausserbetriebnahme der schweizerischen Kernanlagen deren Stilllegung sowie die Entsorgung der radioaktiven Abfälle insgesamt rund 11,5 Milliarden Franken kosten werden. Diese Kosten sind durch die beiden Fonds sicherzustellen.

Zur Überprüfung der Kostenstudien hat das ENSI externe Experten beigezogen. Die TÜV NORD EnSys Hannover GmbH & Co. KG hat Stellungnahmen zu den Kostenstudien zur Stilllegung der Kernanlagen verfasst. Das Schweizer Ingenieurunternehmen Basler & Hofmann hat die Kostenstudien für den Bau der untertägigen Anlagen der geologischen Tiefenlager überprüft. Diese anerkannten Experten verfügen über praktische Erfahrung in der Stilllegung von Kernkraftwerken respektive beim Erstellen von Untertagebauwerken.

 

Stilllegungskosten sind realistisch

Die berechneten Gesamtkosten für die Stilllegung der Kernanlagen in der Schweiz beruhen auf einer vorausschauenden Planung und einer plangemässen Durchführung der Arbeiten. Die Kostenstudien der Betreiber gehen von der Annahme aus, dass die Arbeiten unter Einbezug von Erfahrungen („Lessons Learned“) aus den derzeit im Ausland laufenden Stilllegungsprojekten durchgeführt werden. Daher liegt der geschätzte Personal- und Zeitaufwand im unteren Bereich dessen, was bei den bisherigen „Pilotprojekten“ angefallen ist. Der TÜV NORD hat diese Feststellung des ENSI aufgrund seiner Erfahrungen aus der praktischen Durchführung anderer Stilllegungsprojekte bestätigt.

Es ist zu erwarten, dass die tatsächlichen Kosten für die Stilllegung im Kostenrahmen von -15 bis +30 Prozent gegenüber den Kostenstudien liegen werden. Diese Genauigkeit ist für den derzeitigen Planungsstand ausreichend.

 

Entsorgungskosten fundiert ermittelt

Zusammen mit den Experten von Basler & Hofmann kommt das ENSI nach Prüfung der Entsorgungskosten zum Schluss, dass die Kostenschätzungen für Bau, Betrieb und Verschluss der geologischen Tiefenlager für schwach- und mittelaktive sowie für hochaktive Abfälle nach heutigem Wissenstand vollständig und plausibel sind. Diese Schätzungen betreffen die Bauvorgänge, den Zeitbedarf, das Material und den Unterhalt. Die Kosten wurden von der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle Nagra fundiert ermittelt.

In der Praxis werden in der Projektphase der Vorstudie im Untertagebau in der Regel Kostengenauigkeiten von ± 25 bis 30 Prozent vereinbart. Die Bearbeitungstiefe der Prüfung entspricht der Projektphase. Die Kostengenauigkeit hält das ENSI für stufengerecht.

 

Empfehlungen des ENSI

Aufgrund seiner Überprüfung der Kostenstudien hat das ENSI zwölf Empfehlungen formuliert, die bei der Aktualisierung der Kostenstudien 2016 berücksichtigt werden sollen. So empfiehlt das ENSI zum Beispiel für die künftigen Kostenberechnungen,

  • konventionelle Schadstoffe wie Asbest oder PCB bei der Stilllegung zu berücksichtigen,
  • unvorhergesehene Verzögerungen bei den Stilllegungsarbeiten zu berücksichtigen,
  • Erfahrungen aus abgeschlossenen Stilllegungsprojekten im Ausland und den dabei verwendeten Rechenprogrammen in die zukünftigen Überarbeitungen der Studien einfliessen zu lassen,
  • die Schätzung der Art und Menge der Stilllegungsabfälle der Forschungsanlagen in der Schweiz zu berücksichtigen respektive zu aktualisieren,
  • den Zeitplan für untertägige Datenerhebung zu überprüfen und zu überarbeiten,
  • die Dicke des Tunnelausbaus (Ausbruchsicherung, Verkleidung) im geologischen Tiefenlager standortspezifisch zu überprüfen,
  • die Kostenschätzungen für die Verschlussbauwerke zu überprüfen und mit ähnlichen Tiefenlagerprojekten (Frankreich, Belgien) zu vergleichen.

 

Aufgaben des ENSI bei der Prüfung der Kostenstudie 2011

Das ENSI wurde von der Kommission für den Stilllegungsfonds und den Entsorgungsfonds beauftragt, die von swissnuclear eingereichten Kostenstudien aus wissenschaftlich-technischer Sicht zu überprüfen. Entsprechend hat das ENSI als Fachbehörde Aspekte wie die Machbarkeit, die vorgesehenen Techniken oder die Abfallmengen überprüft. Die finanziellen Aspekte der beiden Fonds (z. B. Renditeziel oder Anlagestrategie) waren nicht Bestandteil der ENSI-Überprüfung.

Die berechneten Stilllegungs- und Entsorgungskosten pro Kernkraftwerk führen zu den individuellen Beiträgen, die ein Kernkraftwerk während einer Veranlagungsperiode in die Fonds einbezahlen muss. Die Höhe der Fondsbeiträge wird aufgrund der Kostenstudien und dem Stand der Fonds festgelegt, die alle fünf Jahre zu aktualisieren sind. Die definitiven Beiträge der beitragspflichtigen Anlageinhaber für die Veranlagungsperiode 2012–2016 wird die Kommission basierend auf den geprüften Kostenstudien veranlagen.

 

Gesamtkostenschätzung auf der Preisbasis 2011

Kostenstudien 2011 (in Millionen Franken) KKW Beznau KKW Mühleberg KKW Gösgen KKW Leibstadt Zwischenlager Total
Nachbetriebsphase 475 319 455 460 1‘709
Stilllegung 809 487 663 920 95 2‘974
Entsorgung 4‘124 1‘834 5‘071 4‘940 15‘970
Total 5‘409 2‘640 6‘190 6‘320 95 20‘654