FAQ zu Fukushima 2013

Im Zusammenhang mit dem Umladen von Brennelementen aus dem Brennelementlagerbecken von Block 4 des beschädigten japanischen Kernkraftwerks Fukushima Dai-ichi sind diverse Fragen aufgetaucht. Einigen gehen das ENSI im Folgenden nach:

1. Was passiert, wenn die Brennelemente im Brennelementbecken (Abklingbecken) nicht mehr vollständig im Wasser stehen sondern mit der Luft in Berührung kommen?

Abgebrannte Brennelemente erzeugen wegen der sogenannten Nachzerfallswärme auch nach dem Entladen aus dem Reaktor Wärme (Energie). Deshalb müssen sie über mehrere Jahre gekühlt werden. Dies erfolgt in den ersten fünf bis sieben Jahren nach dem Entladen im Brennelementbecken, das oft auch Abklingbecken genannt wird. Als Kühlmittel dient Wasser.

Sollten diese Brennelemente bei einem schweren Störfall nicht mehr vollständig im Wasser stehen, würden sie nicht mehr genügend gekühlt und sich aufheizen. In einem solchen Fall würde es zu Schäden an den Brennelementen kommen, indem die Hüllrohre der Brennstäbe aufplatzen. Eine weitere Erhitzung würde zu einer stark exothermen Oxidation der Hüllrohre führen, die in Brand gerieten und schmelzen würden.

2. Können Brennstäbe explodieren, wenn sie zu heiss werden oder mit Luft in Berührung kommen?

Nein, die Brennstäbe explodieren nicht. Hingegen würden die unter Frage 1 beschriebenen Mechanismen ablaufen. In einem solchen Fall würden radioaktive Stoffe des Brennstoffs, zum Beispiel radioaktive Edelgase, entweichen.

3. Kann es in den kaputten Reaktoren von Fukushima oder in deren Brennelementbecken zu einer Atomexplosion kommen?

Nein, die Anreicherung des Brennstoffs eines Leichtwasserreaktors unterscheidet sich vom Inhalt einer Atombombe. Falls der Brennstoff respektive die Brennelemente nicht mehr gekühlt werden können und überhitzen, kann dies – wie in Fragen 1 und 2 erwähnt – zu Schäden an den Brennstäben führen, wodurch radioaktive Partikel austreten können.

Wenn die Brennelemente im Reaktordruckbehälter nicht genügend gekühlt werden, überhitzen sie. Steht die Kühlung längere Zeit nicht zur Verfügung, kommt es zu einer teilweisen oder vollständigen Kernschmelze.

4. Können abgebrannte Brennelemente oder Brennstäbe brennen?

Der in den Brennelementen enthaltene nukleare Brennstoff selbst ist nicht entzündlich. Die Strukturmaterialien des Brennelements, insbesondere die Hüllrohre der Brennstäbe, die aus einer Zirkoniumlegierung bestehen, können sich unter den in Antwort 1 beschriebenen Bedingungen entzünden.

5. Was passiert, wenn ein Brennelement abstürzt?

Stürzt ein Brennelement zum Beispiel bei einem Umlademanöver ab, muss mit seiner Beschädigung gerechnet werden. Sollten dabei die Hüllrohre der Brennstäbe undicht werden, treten radioaktive Stoffe, vor allem in gasförmiger Form wie z.B. Edelgase, aus. Der in fester Form enthaltene Brennstoff (Uran) verbleibt nahezu vollständig im Brennstab.

6. Wieviel Uran-Brennstoff ist in einem Brennelement enthalten? Wieviel in einer Ladung eines Reaktors mit 1000 MW elektrischer Leistung?

Ein Brennelement in Siedewasserreaktoren wiegt rund 300 kg, wovon die reine Uranmasse etwa 180 kg ausmacht. Je nach Leistungsdichte werden in einem Siedewasserreaktor mit 1000 MW elektrischer Leistung (MWe) zwischen 500 bis 700 Brennelemente eingesetzt. Dies ergibt eine Uranmasse von insgesamt 90 bis 126 t. Zum Beispiel das KKW Leibstadt mit 1245 MWe hat 648 Brennelemente im Reaktor.

Brennelemente in Druckwasserreaktoren sind generell grösser und je nach Typ wiegen sie rund 620 kg, wovon 430 kg reine Uranmasse ist. Auch hier hängt die Anzahl der Brennelemente von der Leistungsdichte im Reaktor ab. Im Reaktor des KKW Gösgen mit 1035 MWe werden 177 Brennelemente eingesetzt. Dies ergibt eine Uranmasse von insgesamt 76 t.

7. Wieviel Radioaktivität könnte freigesetzt werden?

In einem defekten Brennelement wird ein grosser Teil der fest eingebauten radioaktiven Partikel des Brennstoffs (Uran) zurückgehalten. Wieviel Radioaktivität aus defekten Brennelementen im Falle eines Unfalls austreten würde, muss spezifisch pro Fall berechnet und mit Messungen überprüft werden.

8. Wie geht man in der Schweiz - nach den Erkenntnissen aus dem Unfall in Fukushima - die Problematik von kontaminiertem Löschwasser an?

Das Auffangen von Löschwasser bei Industriebränden ist nach dem Grossbrand des Chemielagers in Schweizerhalle bei Basel im Jahre 1986 eingehend thematisiert worden. Daraus resultierte die Störfallverordnung ( http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19910033/index.html ).

Die schweizerischen Kernanlagen verfügen über die erforderlichen Löschwasser-Rückhaltevolumen. Dies wird periodisch überprüft.

9. Sind die Schweizer KKW auf grosse Wassermengen, die nach einem Störfall wie in Fukushima zur Kühlung der Brennelemente nötig sind, vorbereitet ist?

Inwiefern ein Extremereignis wie in Fukushima auf schweizerische Anlagen übertragbar ist, ist Gegenstand laufender Abklärungen. Dieses Thema wurde auch in den schweizerischen Aktionsplan aufgrund der Lessons learned  nach dem Unfall von Fukushima aufgenommen. Im Aktionsplan ist das Kapitel 4.7 b der Schadstoffausbreitung in Fliessgewässern gewidmet.