ENSI fordert von den Kernkraftwerken externe Notfallräumlichkeiten

Nach dem Unfall in Fukushima haben die Kernkraftwerkbetreiber den anlageninternen Notfallschutz weiter verbessert. Zu diesem Schluss kommt das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI nach Prüfung der geforderten Berichte. Zusätzliches Verbesserungspotential wurde identifiziert und soll umgesetzt werden. Dazu gehören unter anderem externe Notfallräume.

„Mit den Massnahmen, die wir fordern, sollen der Vorbereitungsgrad und der Handlungsspielraum der Notfallorganisationen weiter gesteigert werden“, erklärt Georges Piller, Leiter des Fachbereichs Strahlenschutz beim ENSI. Das ENSI hat fünf Schwerpunkte aus seiner Prüfung abgeleitet. Diese betreffen:

  • Notfallräumlichkeiten
  • Verfügbarkeit von Einsatzmaterial
  • Schutz des Personals
  • Führung, Koordination und Kommunikationsmittel
  • Personalbestand

ENSI fordert Notfallräumlichkeiten ausserhalb der Anlage

Einsatzstrategie_Notfallschutz_ENSIAlle Kernkraftwerke in der Schweiz haben einsatzbereite Ersatznotfallräume auf dem Anlagenareal. „Wir sind jedoch der Auffassung, dass der Notfallstab eine weitere Option für den Einsatzort haben muss“, erklärt Georges Piller. Neben den Notfallräumen auf dem Anlagenareal sollten Einsatzräume ausserhalb des KKW-Geländes bereitgestellt sein, damit der Notfallstab auch bei erschwerten Randbedingungen sicher und wirksam arbeiten kann. Zudem muss für die Notfallbekämpfung so wenig Personal wie möglich aber so viel wie nötig auf der Anlage tätig sein.

Das ENSI fordert deshalb, dass die Betreiber ein externes Notfallzentrum planen. Die Tauglichkeit des Zentrums und die Planung für die Verlegung des Notfallstabes dorthin soll durch eine Übung im Jahr 2016 überprüft werden.

Einsatzmaterial muss jederzeit verfügbar sein

Das Material, das vom Notfallstab in einem Notfall benötigt wird, muss an einem geeigneten Ort aufbewahrt werden. Es muss sichergestellt sein, dass das Einsatzmaterial im Ereignisfall zugänglich ist. Dies gilt unter anderem für technische Einsatzmittel, Strahlenschutzmaterial, aber auch für Lebensmittel für die Notfallmannschaften, welche unter den vorgegebenen Randbedingungen in einer ersten Phase auf sich alleine gestellt sind.

Das ENSI fordert von den Betreibern, dass die benötigten Einsatzmittel für den Notfallschutz inklusive Strahlenschutzmaterialien so untergebracht werden, dass sie rechtzeitig zur Verfügung stehen. Bis Ende 2015 müssen sie in ihrer Einsatzstrategie dokumentieren, wie dieses Ziel erreicht wird.

Personal muss ausreichend geschützt werden

„Bei einem Notfall in einem Kernkraftwerk gilt es nicht nur, die Bevölkerung zu schützen, sondern auch das Personal“, betont Georges Piller. Ein Augenmerk richtet das ENSI auch auf die Atemluft. Die Betreiber müssen sicherstellen, dass die Radioaktivität in der Luft aber auch die Konzentration von Atemgiften wie Kohlendioxid überwacht wird.

Die Betreiber müssen die Voraussetzungen schaffen, dass der sichere Aufenthalt in den benötigten Räumlichkeiten bezüglich der Luftqualität (Gehalt an radioaktiven Stoffen und Atemgifte) mindestens für die Dauer einer Schicht gewährleistet ist. Diese Forderung muss bis Ende 2016 umgesetzt sein.

Ausfallsichere Kommunikationsmittel bereits Thema bei IDA NOMEX

Für eine effektive Führung und Koordination der Massnahmen zur Notfallbewältigung sind Kommunikationsmittel unabdingbar. Die Betreiber müssen sicherstellen, dass eine ausfallsichere Rückfallebene für die Kommunikation mit den Notfallschutzpartnern vorhanden ist, die unter erschwerten Bedingungen funktioniert.

Verbesserungsmassnahmen betreffend Kommunikationsmittel werden im Rahmen der Arbeitsgruppe IDA NOMEX bereits verfolgt. Sie sind deshalb nicht Thema dieser Einsatzstrategien.

Personalbestand muss sichergestellt sein

„Die Technik spielt eine wichtige Rolle bei einem Notfall“, sagt Georges Piller. „Dennoch braucht es aber ausreichend qualifiziertes Personal, um einen Notfall bewältigen zu können.“ Deshalb verlangt das ENSI, dass neben zuverlässig verfügbarem Schutzmaterial auch Fachpersonal für den Strahlenschutz vorhanden ist. Das Thema wird separat verfolgt.

Extremszenario als Grundlage der Überprüfung

Für die Überprüfung der Einsatzstrategien hat das ENSI ein anspruchsvolles Extremszenario angenommen: Ein Unfallverlauf, der auslegungsüberschreitend ist und durch ein Naturereignis ausgelöst wird, führt zu länger andauernden Störungen der Infrastruktur und zu einer massiven und langandauernden, ungefilterten Freisetzung von Radioaktivität in die Umgebung. Externe Netze und Notstromversorgung fallen über mehrere Tage aus. Auch die anlageninterne Notstromversorgung steht vorübergehend nicht zu Verfügung.

Die Überprüfung der Einsatzstrategien wurde im Rahmen des Aktionsplans Fukushima 2012 gestartet. Die Betreiber der Kernkraftwerke reichten im Februar 2013 die geforderten Berichte termingerecht ein.