KKG: Reaktorschnellabschaltung vom 13. Juli 2015 wegen Schliessen von Frischdampf-Isolations-Ventilen aufgrund von Fehlhandlungen

Betroffenes Werk / Titel

KKW Gösgen, Reaktorschnellabschaltung wegen Schliessen von Frischdampf-Isolations-Ventilen aufgrund von Fehlhandlungen

Datum / Zeit

13. Juli 2015, 21:15 Uhr

Sachverhalt

Beim Wiederanfahren nach einem Turbinenschnellschluss fehlten im Kommandoraum Signale über die Stellung von zwei der drei Frischdampf-Isolations-Ventile (Stellungsrückmeldungen). Frischdampf-Isolations-Ventile sind Teil des nichtnuklearen Sekundärkreislaufs. Sie trennen bei Leitungsbrüchen im Frischdampfsystem die einzelnen Dampferzeuger vom Rest des Frischdampfsystems.

Im Rahmen der Ursachenabklärungen kam es zu Fehlhandlungen an Steuerungen in einem Schaltschrank. Dies bewirkte, dass zwei Frischdampf-Isolations-Ventile geschlossen wurden, und führte um 21:15 Uhr auslegungsgemäss zu einer automatischen Reaktorschnellabschaltung.

Ursachen für die Fehlhandlungen waren Defizite bei der Analyse der Situation und bei der Festlegung des Vorgehens zur Störungsbehebung. Grund für das Fehlen von Stellungsrückmeldungen im Kommandoraum war eine defekte Überspannungsschutzdiode in einem Schaltschrank. Solche Dioden haben die Aufgabe, Bauteile vor Überspannung zu schützen.

Einstufung (nach Richtlinie ENSI-B03)

INES: Stufe 1

Massnahmen des Betreibers

Die aufgrund der defekten Überspannungsschutzdiode ausgefallenen Funktionen im Schaltschrank wurden identifiziert. Der Schaltschrank wurde freigeschaltet und die defekte Überspannungsschutzdiode abgeklemmt. Die entsprechenden Frischdampf-Isolations-Ventile wurden wieder auslegungsgemäss geöffnet.

In der Folge überprüfte das KKG die Bereitschaft zum Wiederanfahren und nach Zustimmung des ENSI konnte die Anlage am 14. Juli 2015 um 04:25 Uhr wieder mit dem Netz synchronisiert werden.

Als Folgemassnahmen sieht der Betreiber vor, die Abläufe am 13. Juli 2015 in Detail zu überprüfen, um das Verbesserungspotenzial unter anderem in Bezug auf Kommunikation und Schulung zu identifizieren und die notwendigen Anpassungen umzusetzen.

Massnahmen des ENSI

Das ENSI beurteilt die Massnahmen des KKG als zweckmässig. Darüber hinaus verlangt das ENSI, dass das vom KKG bereits vorgesehene Konzept für die weiterführenden Aktionen zum Thema Überspannungsschutzdioden dem ENSI eingereicht wird. Weiter hat das KKG das vorliegende und weitere Vorkommnisse in den letzten Jahren umfassend auf menschliche und organisatorische Faktoren zu analysieren und die Ergebnisse dem ENSI einzureichen. Daraus können sich weitere Massnahmen ergeben.

Beurteilung durch das ENSI

Das Schliessen der beiden Frischdampf-Isolationsventile führte zu einer automatischen Reaktorschnellabschaltung. Alle sicherheitstechnischen Einrichtungen haben auslegungsgemäss funktioniert. Alle Bedingungen der Technischen Spezifikation wurden zu jedem Zeitpunkt eingehalten.

Das Vorkommnis führte zu einer geringfügigen Reduktion der nuklearen Sicherheit. Die Grundeinstufung des Vorkommnisses anhand von sicherheitstechnischen Aspekten liegt unterhalb der INES-Skala. Die Beurteilung zusätzlicher Faktoren gemäss INES-Handbuch Kapitel 5.2 (INES User’s Manual 2008) führt jedoch zu einer Erhöhung der Grundeinstufung auf INES 1. Die Gründe liegen im mehrfachen Auftreten von menschlichen Fehlern. Im vorliegenden und in den vergangenen Jahren sind Vorkommnisse mit einem signifikanten Beitrag menschlicher Fehler aufgetreten.

Kriterien für die Aufschaltung auf der ENSI-Website

– INES-Stufe 1 oder höher
– Auslösung von Sicherheitssystemen
– Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt

Das ENSI informiert die Öffentlichkeit in seinem jährlichen Aufsichtsbericht über sämtliche meldepflichtigen Vorkommnisse im Bereich der nuklearen Sicherheit. Über Vorkommnisse, die eines der folgenden Kriterien erfüllen, informiert das ENSI auf der Website laufend:

  • INES-Stufe 1 oder höher
  • Auslösung von Sicherheitssystemen
  • Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt
  • Inkorporation radioaktiver Stoffe mit einer Folgedosis von mehr als 1 mSv

Aktualisierung: 6. Januar 2016