ENSI führt IAEA-kompatible Notfallklassierung ein

Ab dem 1. Mai 2016 gilt eine neue Notfallklassierung, welche mit den Vorgaben der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA kompatibel ist. Diese sehen vor, dass Notfälle entsprechend ihrer Bedeutung für den Notfallschutz klassiert werden. Damit folgt das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI einer weiteren Empfehlung der IRRS-Mission des Jahres 2011.

Wenn Betreiber von Kernanlagen ein Vorkommnis feststellen, entscheiden sie zunächst, ob ein Notfall vorliegt. Ist dies der Fall, wird dieser unverzüglich entsprechend seiner Bedeutung für den Notfallschutz klassiert und dem ENSI gemeldet. Die Notfallklassierung dient der Steuerung von Abläufen im Notfallschutz und soll im Ereignisfall die rasche Einleitung von wirksamen Notfallschutzmassnahmen ermöglichen. Sie löst damit die von der IAEA bemängelte Verwendung der INES-Einstufung in den Notfallprozessen bei den Betreibern von Kernanlagen sowie beim ENSI ab. Die INES-Einstufung erfolgt jetzt in einem zweiten Schritt.

Mit diesem gestaffelten Vorgehen folgt das ENSI der entsprechenden Empfehlung der IRRS-Mission aus dem Jahr 2011, wonach die Notfallklassierung mit den einschlägigen Anforderungen der IAEA zu harmonisieren ist.

Liegt kein Notfall vor, stufen die Betreiber das Vorkommnis weiterhin ausschliesslich nach der internationalen Ereignisskala INES ein, welche der Bewertung der Bedeutung für die nukleare Sicherheit sowie der Information der Öffentlichkeit dient.

Raschere Klassierung hilft den Notfallorganisationen

Die Entflechtung von Notfallklassierung gemäss IAEA-Richtlinie GSR Part 7 und INES-Einstufung ermöglicht eine raschere Klassierung von Notfällen. Somit können externe Notfallorganisationen schneller aufgeboten werden – sowohl auf Stufe Bund (ENSI, Nationale Alarmzentrale und Bundesstab ABCN) wie auch auf Stufe der Kantone (Kantonaler Führungsstab beziehungsweise Kantonale Führungsorganisation).

Durch das raschere Aufgebot können wirksame Notfallschutzmassnahmen schneller eingeleitet werden. Die neue Klassierung hat keinen Einfluss auf die bewährten Warnungs- und Alarmierungsprozesse, wie sie in der Notfallschutzverordnung und im Notfallschutzkonzept beschrieben werden.

Neue Notfallklassierung

Beim Auftritt eines Vorkommnisses in einer Kernanlage ist zu entscheiden, ob ein Notfall vorliegt. Liegt ein Notfall vor, ist dieser wie folgt zu klassieren:

  • Schwerer Notfall S
    • Ein Ereignis, welches eine ernsthafte aktuelle oder eine prognostizierte radiologische Gefährdung der Umgebung darstellt und die Vorbereitung oder die Umsetzung von Schutzmassnahmen in der Umgebung der Kernanlagen zwingend erfordert.
  • Anlagennotfall A
    • Ein Ereignis, welches sich zu einem schweren Notfall entwickeln könnte oder eine ernsthafte radiologische Gefährdung auf dem Anlagenareal.
    • Eine zukünftige (prognostizierte) radiologische Gefährdung der Umgebung, welche das Aufgebot des Notfallstabs der Kernanlage und externer Notfallorganisationen erfordert, ist möglich.
  • Bereitschaft B
    • Ein Ereignis, das zu einer bedeutenden Abnahme im Schutzgrad für das Betriebspersonal führt oder das sich zu einem Anlagennotfall oder schweren Notfall entwickeln könnte und je nach Ereignis auch das Aufgebot des Notfallstabs oder Teilstäben der Kernanlage erfordert.

Kohärente rechtliche Basis

Die Meldung von Ereignissen und Befunden im Sicherheitsbereich ist in Anhang 6 der Kernenergieverordnung KEV geregelt. Die Überarbeitung des Anhangs 6 KEV ist bereits geplant, allerdings wird die Inkraftsetzung frühestens per Anfang 2017 erfolgen.

Um eine rasche Einführung zu gewährleisten, hat das ENSI als Übergangsregelung mittels Verfügung vom 10. März 2016 die Richtlinie ENSI-B03 „Meldungen der Kernanlagen“ revidiert (Revision 3a vom 10. März 2016). Die neue Notfallklassierung gemäss revidierter Richtlinie gilt ab dem 1. Mai 2016.