Sachplan geologische Tiefenlager (SGT)

Der «Sachplan geologische Tiefenlager» legt fest, wie in der Schweiz Standorte für geologische Tiefenlager radioaktiver Abfälle ausgewählt werden. Sachpläne sind ein Mittel der Raumplanung und organisieren die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen. Das Konzept zum Sachplan geologische Tiefenlager wurde vom Bundesamt für Energie mit weiteren Behörden und Organisationen entwickelt und 2008 vom Bundesrat genehmigt. Das Sachplanverfahren wird vom Bundesamt für Energie (BFE) geleitet und dauert rund zehn Jahre. Es ermöglicht eine transparente und faire Standortwahl in drei Etappen.

Das ENSI ist für die sicherheitstechnische Prüfung und Beurteilung der Standortvorschläge zuständig. Ziel der geologischen Tiefenlagerung ist der langfristige Schutz von Mensch und Umwelt. Daher erfolgt die Standortauswahl primär nach sicherheitstechnischen Kriterien (HSK 33/001). Andere Kriterien wie soziale und wirtschaftliche Aspekte spielen eine untergeordnete Rolle. Am Ende des Verfahrens werden die Standorte feststehen – je einer für die hochaktiven Abfälle (HAA) und für die schwach- und mittelaktiven Abfälle (SMA) oder ein Standort für alle Abfälle.

Stellung und Abhängigkeiten des Sachplans geologische Tiefenlager (Quelle: Sachplan Geologische Tiefenlager – Konzeptteil BFE, 2008, Abb. 3)
Stellung und Abhängigkeiten des Sachplans geologische Tiefenlager (Quelle: Sachplan Geologische Tiefenlager – Konzeptteil BFE, 2008, Abb. 3)

Beteiligte Fachstellen

Dokumente zum Sachplan

Etappe 1: Auswahl von geologischen Standortgebieten

Am 17. Oktober 2008 reichte die Nagra den Vorschlag geeigneter geologischer Standortgebiete für geologische Tiefenlager ein (NTB 08-03). Sie begründete diesen Vorschlag mit weiteren Berichten (NTB 08-04, NTB 08-05, NTB 08-06). Das ENSI als zuständige Aufsichtsbehörde des Bundes hat mit Unterstützung externer Experten den Vorschlag von sechs Standortgebieten für schwach- und mittelaktive Abfälle (SMA) und drei Standortgebieten für hochaktive Abfälle (HAA) überprüft. Es beurteilte alle Standortgebiete als geeignet und empfahl in seinem Gutachten im Januar 2010, alle Standortgebiete in Etappe 2 des Sachplans geologische Tiefenlager weiter zu betrachten (ENSI 33/070, Faktenblatt  als PDF, 1 MB / Faktenblatt SMA- und HAA-Lager als PDF, 1 MB).

Nach einer öffentlichen Anhörung wurde am 30. November 2011 vom Bundesamt für Energie der Ergebnisbericht zu Etappe 1 publiziert. Der Bundesrat hat am 1. Dezember 2011 den Ergebnisbericht zur Etappe 1 gutgeheissen und entschieden, die von der Nagra vorgeschlagenen und von den Behörden bestätigten Standortgebiete in die Etappe 2 des Sachplans aufzunehmen.

Etappe 1 wurde damit abgeschlossen.

Übersichtskarte der vorgeschlagenen geologischen Standortgebiete aus Etappe 1
Übersichtskarte der vorgeschlagenen geologischen Standortgebiete aus Etappe 1

Für das SMA-Lager (schwach- und mittelaktive Abfälle)

Für das HAA-Lager (hochaktive Abfälle):

Dokumente des ENSI zu Etappe 1

Expertenberichte im Auftrag des ENSI zu Etappe 1

Etappe 2: Auswahl von mindestens zwei Standorten

Zu einem geologischen Tiefenlager gehören auch Oberflächenanlagen. Die Oberflächenanlagen können innerhalb des sogenannten Planungsperimeters, d.h. bis zu einem Abstand von fünf Kilometern um die in Etappe 1 genehmigten Vorschläge geologischer Standortgebiete platziert werden. Zu Beginn der Etappe 2 legte die Nagra potenzielle Standortvorschläge für diese Oberflächenanlagen vor (NTB 11-01). Gegenwärtig erarbeitet sie in Zusammenarbeit mit den betroffenen Kantonen und Regionen Pläne für die genaue Lage und Ausgestaltung der Oberflächenanlagen (Regionale Partizipation).

Ausgehend von den geologischen Standortgebieten der Etappe 1 haben die Entsorgungspflichtigen potenzielle Standorte für die unterirdischen Lagerbereiche und die Oberflächenanlagen unter Berücksichtigung von Sicherheit und technischer Machbarkeit sowie raumplanerischen und sozioökonomischen Aspekten zu identifizieren und zu bewerten.

Von diesen Standorten schlagen sie mindestens je zwei Standorte für das HAA- und das SMA-Lager zur Aufnahme in den Sachplan als Zwischenergebnis vor. Die Entsorgungspflichtigen ergänzen dazu die in Etappe 1 vorgenommene kriterienbezogene Bewertung von Sicherheit und technischer Machbarkeit durch quantitative provisorische Sicherheitsanalysen gemäss den Vorgaben des ENSI (ENSI 33/075). Bereits vorher klärte die Nagra mit dem ENSI ab, welche ergänzenden Untersuchungen notwendig sind (NTB 10-01), um provisorische Sicherheitsanalysen und einen sicherheitstechnischen Vergleich zu erlauben. Das ENSI kam zum Schluss (ENSI 33/115), dass die verfügbaren geologischen Informationen zusammen mit den von der Nagra vorgeschlagenen zusätzlichen Untersuchungen und den vom ENSI geforderten Ergänzungen dafür ausreichen.

Die Auswahl wird von den Behörden (ENSI, EGT, KNS) überprüft und bei positiver Beurteilung vom Bundesrat genehmigt und in den Sachplan als Zwischenergebnis aufgenommen.

Das prüft das ENSI

Das ENSI, unterstützt von der Expertengruppe Geologische Tiefenlagerung EGT, überprüft und beurteilt die von den Entsorgungspflichtigen getroffene Auswahl aus sicherheitstechnischer Sicht. Die Resultate der provisorischen Sicherheitsanalysen werden anhand der Sicherheitsanforderungen der Richtlinie ENSI-G03 und der Anhänge I und III (Konzeptteil Sachplan) bewertet. Sie prüft auch für jeden Standort, ob die vorhandenen Kenntnisse und allfälligen Ungewissheiten die Durchführung einer provisorischen Sicherheitsanalyse erlauben. Die verwendeten geologischen Daten (z.B. Wirtgesteinsausdehnung, hydraulische Durchlässigkeit, erwartete hydraulische Gradienten, Geochemie) müssen die Situation am Standort adäquat wiedergeben und die vorhandenen Ungewissheiten berücksichtigen. Das Ergebnis der Überprüfung hält das ENSI in einem Gutachten fest. Die Kommission Nukleare Sicherheit KNS verfasst eine Stellungnahme zum Gutachten des ENSI. Das Bundesamt für Raumentwicklung ARE beurteilt die raumplanerischen Aspekte und das Bundesamt für Umwelt BAFU die Umweltaspekte.

Ermittlung des in der Vergleichsmethode verwendeten charakteristischen Dosisintervalls für einen Tiefenlagerstandort. Quelle: siehe Konzeptteil BFE S. 72
Ermittlung des in der Vergleichsmethode verwendeten charakteristischen Dosisintervalls für einen Tiefenlagerstandort. Quelle: Konzeptteil BFE S. 72

Dokumente des ENSI zu Etappe 2

Expertenberichte im Auftrag des ENSI zu Etappe 2

Etappe 3: Standortwahl

In Etappe 3 sind die verbliebenen Standorte vertieft zu untersuchen und die standortspezifischen geologischen Kenntnisse falls nötig mittels erdwissenschaftlicher Untersuchungen zu ergänzen, damit ein detaillierter Vergleich aus sicherheitstechnischer Sicht möglich ist. Die Lagerprojekte werden unter Einbezug der Standortregionen weiter konkretisiert und die sozioökonomischen Auswirkungen vertieft untersucht. Die Entsorgungspflichtigen schlagen die Standorte vor, an welchen Tiefenlager realisiert werden sollen (einen für HAA und einen für SMA) und reichen die Rahmenbewilligungsgesuche ein.

Die Rahmenbewilligungsgesuche werden von den zuständigen Fachstellen des Bundes geprüft. Der dauernde Schutz von Mensch und Umwelt muss sichergestellt sein. Die erdwissenschaftlichen Eigenschaften des Standortes spielen eine zentrale Rolle. Die geforderte Sicherheit muss aber vom gesamten System (Abfälle, technische Barrieren, umliegende natürliche Barrieren) erbracht werden. In der Richtlinie ENSI-G03 ist festgehalten, wie die Langzeitsicherheit eines geologischen Tiefenlagers erreicht werden kann.