Kernanlagen in der Schweiz waren 2010 sicher

Sämtliche Kernanlagen in der Schweiz wurden im vergangenen Jahr sicher betrieben. Zu diesem Schluss kommt das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) in einem vorläufigen Jahresrückblick. In den Kernkraftwerken gab es 2010 insgesamt 42 meldepflichtige Vorkommnisse. Keine Anlage musste unplanmässig abgeschaltet werden. Während der Revisionsarbeiten im Kernkraftwerk Leibstadt Ende August erhielt ein Taucher eine zu hohe Strahlendosis. Für die Bevölkerung war der Strahlenschutz zu jeder Zeit gewährleistet.

Die fünf Kernkraftwerke in der Schweiz (Beznau 1 und 2, Mühleberg, Gösgen und Leibstadt) sowie die kerntechnischen Anlagen am Paul Scherrer Institut (PSI), das Zentrale Zwischenlager Würenlingen (ZWILAG) und die Forschungsreaktoren an der ETH Lausanne und an der Universität Basel wurden im vergangenen Jahr sicher betrieben. Auch befinden sich die Anlagen laut der Beurteilung des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) in einem sicherheitstechnisch guten Zustand.

Die 42 meldepflichtigen Vorkommnisse verteilen sich wie folgt auf die Schweizer Kernanlagen: vier Vorkommnisse betrafen beide Blöcke des Kernkraftwerks Beznau, drei den Block 1 und drei den Block 2; elf Vorkommnisse betrafen das Kernkraftwerk Gösgen, fünf das Kernkraftwerk Leibstadt, 14 das Kernkraftwerk Mühleberg und zwei die Kernanlagen des PSI. Keine Vorkommnisse verzeichnete das ENSI bei den Kernanlagen der ZWILAG, der ETH Lausanne und der Universität Basel.

2009 gab es 27 meldepflichtige Vorkommnisse. Die erhöhte Zahl von Vorkommnissen 2010 im Kernkraftwerk Mühleberg ist im Wesentlichen auf Störungen während der Inbetriebnahme neuer Ausrüstungen nach Anlagemodernisierungen zurückzuführen.

Auf der von 0 bis 7 reichenden international gültigen Ereignisskala INES ordnete das ENSI 41 der 42 Vorkommnisse des vergangenen Jahres der Stufe 0 zu. Ein Vorkommnis vom 31. August 2010 im Kernkraftwerk Leibstadt während der Revisionsarbeiten ordnete das ENSI der INES-Stufe 2 zu. Dabei wurde bei einem Taucher die zulässige Strahlendosis von 20 Millisievert (mSv) pro Jahr überschritten: Der Mitarbeiter erhielt eine ermittelte Ganzkörperdosis von 28 mSv. Hinweise auf eine Übertretung des Strahlenschutzgesetzes bei dem Vorfall liegen nicht vor.

Das ENSI bewertet die Sicherheit eines jeden Kernkraftwerks im Rahmen einer systematischen Sicherheitsbewertung. Dabei werden neben meldepflichtigen Vorkommnissen weitere Erkenntnisse berücksichtigt, insbesondere die Ergebnisse der über 300 Inspektionen, die das ENSI jedes Jahr durchführt. Die Resultate wird das ENSI im Mai 2011 in seinem Aufsichtsbericht veröffentlichen. Weil noch einzelne Abklärungen im Gang sind, kann die abschliessende Bilanz noch Änderungen erfahren.

Strahlenschutz für Bevölkerung gewährleistet

Die Abgaben von radioaktiven Stoffen an die Umwelt via Abwasser und Abluft aus den Kernkraftwerken, dem PSI und dem ZWILAG lagen im vergangenen Jahr weit unterhalb der in den Bewilligungen festgelegten Grenzwerte. Mit einem eigenen Messsondennetz kontrolliert das ENSI rund um die Uhr die Radioaktivität in der Umgebung der schweizerischen Kernkraftwerke. Erhöhte Strahlenwerte liessen sich sofort erkennen. Die Messsonden registrierten im vergangenen Jahr keine unerlaubten Abgaben radioaktiver Stoffe. Der Strahlenschutz für die Bevölkerung war somit zu jeder Zeit gewährleistet.

Gutachten zu geologischen Tiefenlagern

Im Rahmen des Sachplans geologische Tiefenlager hat das ENSI die sechs von der Nagra vorgeschlagenen möglichen Standortgebiete für Tiefenlager für radioaktive Abfälle geprüft. In seinem Gutachten, das am 26. Februar 2010 veröffentlicht wurde, empfiehlt das ENSI, alle vorgeschlagenen Gebiete in der nächsten Etappe des Sachplanverfahrens, bei dem mindestens zwei potenzielle Standorte für schwach- und mittelradioaktive sowie für hochradioaktive Abfälle aus den Standortgebieten ausgewählt werden, weiter zu betrachten.

Gutachten zu neuen Kernkraftwerken

Am 15. November 2010 stellte das ENSI der Öffentlichkeit seine Gutachten zu den drei Rahmenbewilligungsgesuchen für den Bau neuer Kernkraftwerke an bereits bestehenden Kernkraftwerksstandorten in den Kantonen Aargau (Beznau), Bern (Mühleberg) und Solothurn (Niederamt) vor. Dabei beurteilt das ENSI alle drei vorgeschlagenen Standorte als geeignet für den Bau neuer Kernkraftwerke. Diese Ansicht teilt die Kommission für nukleare Sicherheit (KNS) in ihrer Stellungnahme zu den ENSI-Gutachten vom 10. Januar 2011.