Sicherung und Sicherheit als Teile der Gesamtkultur für den Schutz von Mensch und Umwelt

Die Sicherheitskultur umfasst neben der Sicherheit im engeren Sinne auch die Sicherung von Kernanlagen sowie weitere Aspekte, welche für die Gewährleistung der nuklearen Sicherheit von Bedeutung sind. Dies zeigt die überarbeitete Zweitausgabe des Berichtes zur Aufsicht über die Sicherheitskultur in Kernanlagen des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI.

Eine umfassende Sicherheitskultur integriert insbesondere, neben der nuklearen Sicherheit der Anlagen und Prozesse, die Sicherung der Kernanlagen und Kernmaterialien, den Strahlenschutz der Mitarbeitenden und der Bevölkerung, den Brandschutz, die konventionelle Arbeitssicherheit, den Notfallschutz, die Informationssicherheit sowie die Sicherheit und Sicherung bei Transporten von radioaktivem Material und die Lagerung und Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle.

ENSI-Definition der Sicherheitskultur

Das ENSI definiert den Begriff Sicherheitskultur für die Belange der Aufsicht über die Schweizer Kernanlagen wie folgt:

„Sicherheitskultur umfasst von den Mitgliedern der Organisation des Betreibers einer Kernanlage geteilte Werte, Weltbilder, verbales und nonverbales Verhalten sowie Merkmale der vom Menschen geschaffenen physischen Umgebung. Zur Sicherheitskultur gehören jene Werte, jene Weltbilder, jenes Verhalten und jene Umgebungsmerkmale, die bestimmen oder zeigen, wie die Mitglieder der Organisation mit Sicherheit umgehen.“

Sicherheitskultur und Sicherungskultur: Zwei verschiedene Kulturen?

International wird immer häufiger zwischen einer Sicherheitskultur (welche sich auf den Schutz von Mensch und Umwelt vor den Gefahren, die vom Betrieb einer Kernanlage ausgehen, bezieht) und einer Sicherungskultur (welche sich auf den Schutz einer Kernanlage vor unbefugten Einwirkungen bezieht) unterschieden. Als Grund für diese Unterscheidung wird hauptsächlich der andere Blickwinkel, den die Sicherung und die nukleare Sicherheit in gewissen Situationen erfordern, angegeben.

Aus dem Blickwinkel der Sicherheitskultur beispielsweise haben im Hinblick auf eine Evakuierung geringe Hürden wie offene Türen und im Hinblick auf das Lernen aus Erfahrungen eine offene Kommunikation einen hohen Stellenwert. Bei der Sicherung hingegen stehen die Verhinderung eines unbefugten Eindringens in die Anlage durch das Abschliessen von Türen oder der vertrauliche Umgang mit bestimmten Informationen im Vordergrund.

Sicherheit und Sicherung sind auf Schutz von Mensch und Umwelt ausgerichtet

Das ENSI vertritt die Ansicht, dass sowohl die Perspektive der Sicherung wie auch die der Sicherheit in der Kultur einer Kernanlage fest verankert sein müssen. Denn beide Sichtweisen sind auf dasselbe Ziel ausgerichtet, nämlich den Schutz von Mensch und Umwelt vor den schädlichen Auswirkungen von ionisierender Strahlung.

Bei auftretenden Konflikten zwischen Anforderungen der Sicherheit und der Sicherung müssen diese erkannt und konstruktive Lösungen müssen gefunden werden, welche allen Anforderungen gerecht werden. Aus diesen Gründen verzichtet das ENSI in seiner Aufsichtstätigkeit explizit auf die Unterscheidung von Sicherheits- und Sicherungskultur. Die Sicherheitskultur umfasst sowohl die Aspekte der nuklearen Sicherheit als auch jene der Sicherung und das ENSI behandelt diese in seiner Aufsicht integriert.