KKW-Betreiber müssen Schutzkonzepte überprüfen

Die schweizerischen KKW-Betreiber müssen ihre Schutzkonzepte gegen Flugzeugabstürze und Sabotage überprüfen. Dazu hat sie die Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) aufgefordert, die überdies abklärt, ob zusätzliche Schutzmassnahmen notwendig und angemessen sind. Die Schweiz ist neben Deutschland das einzige Land, das Sicherheitskriterien gegen Flugzeugabstürze vorschreibt.

Die Einhaltung der Kriterien ist der Garant dafür, dass die Sicherheit des KKW auch bei einem Flugzeugabsturz mit hoher Zuverlässigkeit gewährleistet ist. Die HSK gehörte weltweit zu den ersten Behörden, die spezifische Anforderungen für den Fall eines schweren Flugzeugabsturzes gefordert hatte. Diese sind Inhalt der 1986 in Kraft gesetzten HSK-Richtlinie R-102. Um ein künftiges KKW gegen die Folgen eines Flugzeugabsturzes wirksam zu schützen, muss das Reaktorgebäudes gegen den Aufprall eines Militärflugzeuges von 20 Tonnen Masse und 774 km/h Geschwindigkeit ausgelegt werden.

Beznau und Mühleberg für Flugzeugabsturz nachgerüstet

Die in den 70er Jahren gebauten KKW Beznau und Mühleberg verfügten zunächst nur über einen begrenzten Schutz gegen Flugzeugabsturz. Sie wurden deshalb mit einem flugzeugabsturzgesicherten Notstandssystem nachgerüstet, das den Vorgaben der HSK-R-102 sinngemäss entspricht. Dank diesen 1989 (KKM) resp. 1992 (KKB) in Betrieb gesetzten Systemen sind manuelle Eingriffe zur Beherrschung schwerer Störungen in den ersten 10 Stunden nicht notwendig. Das diese Notstandsysteme umschliessende Gebäude verfügt über eine Wandstärke von einem Meter. Beide Notstandssysteme sind durch ihre baulichen und lüftungstechnischen Massnahmen auch gegen die schädlichen Auswirkungen eines Treibstoffbrandes geschützt.

Bei der bautechnischen Auslegung der neueren Anlagen Gösgen (KKG) und Leibstadt (KKL) nahm man als Last ein Zivilflugzeug des Typs Boeing 707-320 (Masse ca. 90 Tonnen) an, das mit einer Geschwindigkeit von 370 km/h auf das Reaktorgebäude aufprallt. Mit der Wanddicke von minimal 1,2 Meter wird ein hoher Schutzgrad für dieses Szenario erreicht.

Bei den heute in Betrieb stehenden KKW sind keine technischen Nachrüstungen realisierbar, die einen 100%igen Schutz gegen die Folgen eines Terroranschlages – in der Art wie er beim WTC durchgeführt wurde – garantieren würden. Bei einem derartigen Anschlag auf eines der schweizerische Kernkraftwerke kann im Falle eines direkten Auftreffens eines Triebwerkes auf das Reaktorgebäude nicht ausgeschlossen werden, dass Brennelemente im Brennelementlager oder das Primärkühlsystem beschädigt werden und eine Freisetzung von radioaktiven Stoffen resultiert.

Weiteres Vorgehen

Die HSK hat bereits alle Kraftwerksbetreiber aufgefordert, das Schutzkonzept ihrer Anlagen gegen Flugzeugabstürze und Sabotage zu überprüfen. Die Betreiber werden die HSK in den nächsten Tage über ihr Vorgehen orientieren.

Die HSK wird ihrerseits unabhängig von den Betreibern eigene Berechnungen und Überlegungen vornehmen und prüfen, ob zusätzliche Massnahmen zum bereits hohen Schutz der Anlagen notwendig und angemessen sind. Die HSK wird zudem die weltweiten Abklärungen und Massnahmen eng verfolgen und hat bereits mit Behörden in verschiedenen Ländern und internationalen Organisationen (IAEA, OECD) Kontakt aufgenommen.

Ein ausführlicher technischer Bericht zur Sicherheit der Kernkraftwerke gegen einen Flugzeugabsturz ist ab Freitagabend (21. 9. 2001) unter www.hsk.psi.ch Rubrik „aktuell“ abrufbar.

Bern / Würenlingen, 21.September2001

HSK Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen

5232 Villigen-HSK