Umweltminister Untersteller teilt Entsorgungsphilosophie der Schweiz

Das Bundesland Baden-Württemberg möchte die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle in Deutschland neu lancieren. Umweltminister Franz Untersteller informierte sich dazu in der Schweiz über die Erfahrungen mit dem schweizerischen Sachplanverfahren. Den Endlagersuchprozess in der Schweiz bezeichnet der deutsche Landesminister als vorbildlich.

Franz Untersteller (Bündnis 90/Die Grünen), Umweltminister des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg.

Hoher Besuch Ende November im Felslabor Mont Terri in St-Ursanne und im Zwischenlager für radioaktive Abfälle in Würenlingen: Der Vorstehers des Ministeriums für Umwelt, Klima, Energiewirtschaft Baden-Württemberg, Franz Untersteller (Bündnis 90/Die Grünen), liess sich von Schweizer Experten das Entsorgungskonzept der Schweiz erläutern. Das Interesse des baden-württembergischen Umweltministers kommt nicht von ungefähr. Denn das Ministerium hat ein „Eckpunktepapier zur Endlagerung Wärme entwickelnder radioaktiver Abfälle in Deutschland“ (PDF, 285 KB) veröffentlicht. Und dessen Kernaussagen decken sich mit dem Entsorgungsphilosophie der Schweiz. „Wir halten den Endlagersuchprozess in der Schweiz für vorbildlich und streben für Deutschland eine ähnliche Vorgehensweise an“, sagt Minister Untersteller.

So hält Unterstellers Ministerium bereits im ersten Satz des Eckpunktepapiers fest, dass es „die geologische Endlagerung für die einzige verantwortbare Lösung zum dauerhaften und nachhaltigen Umgang mit den Wärme entwickelnden radioaktiven Abfällen“ hält. Dies entspricht dem schweizerischen Kernenergiegesetz, das ebenfalls die geologische Tiefenlagerung radioaktiver Abfälle vorschreibt – dies, nachdem vor bald zehn Jahren die schweizerische Expertengruppe Entsorgungskonzepte für radioaktive Abfälle (EKRA) alle anderen Möglichkeiten zur Entsorgung genau geprüft und gegeneinander abgewogen hat.

Tiefenlager bieten den besten Schutz

Die Überlegungen in Baden-Württemberg und in der Schweiz gleichen sich: Auch das baden-württembergische Umweltministerium kommt zum Schluss, dass die „Endlagerung in tiefen geologischen Formationen langfristig den bestmöglichen Schutz vor den radioaktiven Abfällen“ gewährleistet. „Unsere Generation hat die Verpflichtung, für die Umsetzung dieser Lösung zu sorgen“, heisst es im Papier. Baden-Württemberg möchte die Verantwortung nicht auf kommende Generationen abschieben, die sich nur um Abfälle kümmern müssten, ohne von der Kernenergie profitiert zu haben.

Das Umweltministerium ist sich der Argumente, die für eine längerfristige Rückholbarkeit vorgebracht werden (Verfügbarkeit neuer Technologien, Nutzung von Rohstoffen, Sicherheitsbedenken) bewusst. Dagegen stehe, dass eine längerfristige Offenhaltung des Endlagers nach Beendigung der Einlagerung zum Zwecke der Rückholbarkeit die Sicherheit der Abfalllagerung verschlechtere. Und auch stehe dagegen, dass im Fall eines offen gehaltenen Endlagers spätere Generationen gezwungen seien, sich fortlaufend um das Endlager zu kümmern. Die Rückholung der radioaktiven Abfälle sei deshalb „sicherheitstechnisch nicht vertretbar“, so das Umweltministerium. Das Ministerium teile daher die Einschätzung internationaler Organisationen sowie der Europäischen Direktive zum Umgang mit radioaktiven Abfällen, dass ein nachsorgefreies geologisches Endlager, das auf dem Prinzip der „passiven Sicherheit“ beruhe, den besten Schutz von Menschen und Umwelt vor den radioaktiven Abfällen darstelle.

Standortauswahlverfahren wie in der Schweiz

Im Unterschied zur Schweiz aber ist in Deutschland das Verfahren für die Suche nach einem Endlagerstandort nicht behördlich geregelt. Vergeblich bemühte sich Deutschland bisher, einen Standort für ein Endlager für hochaktive Abfälle bereitzustellen (mit dem Schacht Konrad verfügt Deutschland aber bereits über ein Lager für schwachaktive Abfälle). Doch mit dem von der Regierung beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie werden die Rufe nach einem Endlager für hochaktive Abfälle immer lauter.

Umweltminister Untersteller fordert deshalb, dass es jetzt an der Zeit sei, den Prozess für die Einrichtung eines Endlagers – insbesondere für die Standortfestlegung – neu zu gestalten. „Dabei müssen die Prinzipien der Transparenz und Legitimität im Vordergrund stehen“, heisst es im Eckpunktepapier. Baden-Württemberg schlägt deshalb ein ähnliches Standortauswahlverfahren vor, wie es die Schweiz mit dem Sachplan geologische Tiefenlager bereits kennt. Das Auswahlverfahren soll zuerst alle möglichen Standortgebiete in Deutschland betrachten und dann in mehreren Etappen bei dem am Schluss der sicherste Standort übrig bleiben soll. In das Auswahlverfahren soll die Öffentlichkeit einbezogen werden. Ob und wann das Konzept in Deutschland umgesetzt wird, entscheidet sich voraussichtlich im kommenden Jahr. Das Eckpunktepapier, so das baden-württembergische Umweltministerium, sei zunächst eine Diskussionsgrundlage.