Auch KNS bestätigt ENSI-Massnahmen nach Fukushima
„Das ENSI hat als zuständige Aufsichtsbehörde in der Schweiz schnell und zielgerichtet auf die Ereignisse von Fukushima reagiert.“ Zu diesem Schluss kommt die Kommission für nukleare Sicherheit KNS in ihrem Bericht zu den Folgemassnahmen in der Schweiz. Mit den formulierten Empfehlungen bestätigt die KNS die Stossrichtung des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI.
Die Handlungsweise des ENSI nach dem Reaktorunglück an der japanischen Ostküste sei „entschlossen und sachorientiert“ gewesen, schreibt die KNS in ihrem Bericht. Ihrer Ansicht nach stellt der vom ENSI festgelegte Zeitplan für Überprüfungen und Massnahmen „sehr hohe Anforderungen an die Betreiber und an das ENSI selbst“. Die Aktionsliste des ENSI mit bisher insgesamt 45 Punkten zur Überprüfung der schweizerischen Kernkraftwerke und der Aufsicht sei geeignet, die möglichen Lehren für die Kernkraftwerke in der Schweiz „in umfassender Weise“ zu ziehen.
In ihrem Bericht formuliert die KNS zudem sieben formelle Empfehlungen. „Damit bestätigt nach der IAEA auch die KNS unsere Stossrichtung“, stellt ENSI-Direktor Hans Wanner fest. „Das ENSI hat mit Interesse vom Bericht der KNS Kenntnis genommen und wird die Erkenntnisse daraus in die Arbeit der Aufsichtsbehörde einfliessen lassen“, sagt Wanner weiter.
ENSI verfolgt Wasserstoffproblem
Das ENSI teilt die Ansicht der KNS über die Bedeutung des Wasserstoffmanagements. Übersteigt der Druck im Containment einen bestimmten Grenzwert, kann der Druck mit dem Druckentlastungssystem, das in allen Schweizer Kernkraftwerken bereits seit Jahren eingebaut ist, gezielt und gefiltert abgebaut und damit eine Beschädigung beziehungsweise ein Leck des Containments vermieden werden. Ein solcher Überdruck kann vor allem durch mangelhafte Wärmeabfuhr und Wasserstoffproduktion entstehen. Das ENSI hat die Druckentlastungssysteme seit den Ereignissen in Fukushima erneut geprüft und verschiedene Verbesserungsmassnahmen verfügt. Klärungsbedarf sieht das ENSI bei den Einsatzstrategien der Druckentlastungssysteme und hat dies entsprechend als offenen Punkt im Schweizer Länderbericht zum EU-Stresstest festgehalten.
Notfallschutzmassnahmen werden überprüft
Bereits heute überprüft das ENSI die Notfallschutzmassnahmen der Schweizer Kernkraftwerke regelmässig im Rahmen von Periodischen Sicherheitsüberprüfungen (PSÜ), Notfallübungen und Inspektionen. Unter anderem gestützt auf Erkenntnisse aus Ereignissen und Lehren im In- und Ausland verbessern die Betreiber ihre Notfallschutzmassnahmen, so auch nach dem Reaktorunglück in Fukushima. Auch das Konzept zum nach der Verfügung des ENSI im vergangenen Sommer eingerichteten Notfalllager in Reitnau wird im Rahmen des Aktionsplans Fukushima 2012 geprüft.
Auch der Beherrschung eines langandauernden Stromausfalls widmet das ENSI seine Aufmerksamkeit: Im Rahmen des EU-Stresstests hat die Aufsichtsbehörde einen offenen Punkt bezüglich der Strategie zur langfristigen Sicherstellung der Batteriestromversorgung formuliert und wird diesen im Rahmen des Aktionsplans Fukushima 2012 bearbeiten.
Weitere Arbeiten zur Gefährdung durch Naturereignisse
Im Bereich der Gefährdung durch Naturereignisse laufen derzeit zwei Projekte zur genaueren Bestimmung der Gefährdung. Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird eine breit abgestützte unabhängige Expertengruppe das PEGASOS Refinement Projekt (PRP) abschliessen. Dadurch lässt sich die Erdbebengefährdung für die einzelnen KKW-Standorte noch präziser definieren. Für den laufenden Erdbebennachweis wurde mit einem Zwischenresultat dieses Projekts gearbeitet. Sobald die definitiven Werte vorliegen, werden die Betreiber ggf. erneut einen Erdbebennachweis erbringen müssen.
Um die Unsicherheiten im Bereich Überflutung einzugrenzen, wird mit BFE und BAFU die Durchführung einer probabilistischen Hochwassergefährdungsanalyse diskutiert. Bereits kurz nach dem Reaktorunglück in Fukushima mussten die Betreiber nachweisen, dass ihre Kernkraftwerke in der Lage sind, ein 10‘000-jährliches Hochwasser zu bewältigen. Sobald neue Daten vorliegen, werden die KKW-Betreiber ggf. den Nachweis erneut erbringen müssen. Zudem will das ENSI die Gefahr der Verklausung, also die Verstopfung von Engstellen im Fluss, die ein Hochwasserereignis beeinflussen können, genauer analysieren und hat dazu bei den Betreibern zusätzliche Informationen eingefordert.
Know-how-Erhalt als Herausforderung
Das ENSI teilt die Sorge der KNS bezüglich des Know-how-Erhalts im Bereich Kerntechnik. „Die politischen Entscheide der vergangenen Monate haben nicht zur Attraktivität der Berufe im Nuklearbereich beigetragen“, hält Hans Wanner fest. Das ENSI sei aber nach wie vor in der glücklichen Lage, gut ausgebildete Fachkräfte beschäftigen zu können. Auch dank zahlreicher internationaler Kontakte in allen Fachbereichen bleibe der Wissensstand aktuell.