Bilanz 2012: Sicherheit der Schweizer Kernkraftwerke weiter verbessert

2012 sind die Kernanlagen in der Schweiz sicher betrieben worden. Zu diesem Schluss kommt das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI in seinem Jahresrückblick. Unter anderem gestützt auf die Lehren aus dem Reaktorunglück von Fukushima haben die Kraftwerksbetreiber im vergangenen Jahr Massnahmen umgesetzt, welche die Sicherheit ihrer Anlagen weiter verbessert haben.

Auch im Jahr 2012 wurden die Schweizer Kernkraftwerke sicher betrieben. (Bild: KKG)

„Alle Anlagen befinden sich in einem guten sicherheitstechnischen Zustand. Dies haben sowohl unsere regelmässigen Inspektionen als auch die umfangreichen Überprüfungen nach den Ereignissen von Fukushima bestätigt“, so das Fazit von Georg Schwarz, Leiter des Aufsichtsbereichs Kernkraftwerke und stellvertretender Direktor des eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI.

Der EU-Stresstest, dessen internationale Überprüfung im Frühling 2012 abgeschlossen wurde, aber auch die Erdbebennachweise, zu denen das ENSI im Sommer 2012 Stellung nahm, haben gezeigt, dass die Kernkraftwerke auch im internationalen Vergleich einen hohen Sicherheitsstandard aufweisen.

Das ENSI war auch im vergangenen Jahr mit angemeldeten und unangemeldeten Inspektionen sowie Aufsichtsgesprächen fast täglich in den Schweizer Kernanlagen präsent. „Aus behördlicher Sicht können wir bei den Schweizer Kernanlagen auf ein Jahr zurückblicken, in dem die Werke die Sicherheitsanforderungen wiederum erfüllten“, resümiert ENSI-Direktor Hans Wanner.

 

Betreiber rüsten für zusätzliche Sicherheit nach

Unter Aufsicht des ENSI haben die Betreiber der Kernkraftwerke im vergangenen Jahr zahlreiche zum Teil umfangreiche Projekte lanciert oder weitergeführt. Dazu zählen unter anderem die Nachrüstung der Notstromversorgung des Kernkraftwerks Beznau, der Ersatz der Leittechnik im Kernkraftwerk Gösgen, der Ersatz der Umwälzschleifen im Kernkraftwerk Leibstadt und die Überprüfung zur Sicherheit bei schweren Erdbeben und grossen Überschwemmungen. Diese Vorhaben wurden teilweise bereits vor dem Reaktorunglück in Fukushima initiiert.

Das ENSI hatte nach der Analyse des Unfalls im japanischen Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi für das Jahr 2012 Folgemassnahmen zu elf Schwerpunktthemen definiert und in einem Aktionsplan festgelegt. Der Aktionsplan für das Jahr 2012 umfasste 29 Punkte zu den Themen Erdbeben, Überflutung, extreme Wetterbedingungen, lang andauernder Verlust der Stromversorgung, Verlust der letzten Wärmesenke und der Kühlmittelversorgung, Containment-Druckentlastung und Wasserstoffmanagement, Notfallmanagement auf schweizerischer Ebene, Sicherheitskultur, Erfahrungsrückfluss, internationale Aufsicht und Kooperation sowie das Betriebskonzept des externen Lagers der Schweizer Kernkraftwerksbetreiber im aargauischen Reitnau.

Auch 2013 stehen in den Kernkraftwerken Folgearbeiten aufgrund der Erkenntnisse aus Fukushima an. Das ENSI wird seine Vorgaben im Aktionsplan Fukushima 2013 im Februar publizieren. Einer der Schwerpunkte wird die Weiterführung der Analysen zu Erdbeben und Wasserstoff-Management sein.

 

Vier Reaktorschnellabschaltungen im 2012

Die Zahl der hinsichtlich nuklearer Sicherheit meldepflichtigen Vorkommnisse lag 2012 mit 35 im Schwankungsbereich der Vorjahre. 14 Vorkommnisse betrafen die beiden Blöcke des Kernkraftwerks Beznau; 8 das Kernkraftwerk Gösgen, 5 das Kernkraftwerk Leibstadt, 6 das Kernkraftwerk Mühleberg und 2 die Kernanlagen des Paul Scherrer Instituts PSI. Keine meldepflichtigen Vorkommnisse verzeichnete das ENSI beim Zentralen Zwischenlager Würenlingen ZWILAG, beim Forschungsreaktor der ETH Lausanne und beim Forschungsreaktor der Universität Basel. Unter den meldepflichtigen Vorkommnissen waren vier Reaktorschnellabschaltungen (je eine in den Kernkraftwerken Mühleberg und Gösgen sowie zwei im Kernkraftwerk Beznau). Reaktorschnellabschaltungen dienen dazu, die Reaktorleistung rasch zu reduzieren, sobald eine der zahlreichen automatisch überwachten Voraussetzungen für den Leistungsbetrieb nicht mehr erfüllt ist. Damit bleibt der Reaktor auch nach einer Störung in einem sicheren Zustand. Hierfür wird die Kernspaltungs-Kettenreaktion durch das schnelle Einfahren der Steuerstäbe beendet.

Derzeit sind einzelne Abklärungen noch im Gang, weshalb die abschliessende Beurteilung der Vorkommnisse noch Änderungen erfahren kann. Das ENSI wird die Resultate in seinem Aufsichtsbericht im Frühjahr veröffentlichen.

Ein Vorkommnis des Jahres 2012 hat das ENSI auf der von 0 bis 7 reichenden international gültigen Ereignisskala INES der Stufe 1 zugeordnet. Es betraf eine Störung im Block 2 des KKW Beznau: Bei einem periodischen Funktionstest des Notstanddiesel-Generators startete dieser nicht. Das Aggregat wurde mit Druckluft angefahren, zündete aber nicht. Das aufgebotene Fachpersonal des Werks entlüftete die Kraftstoff-Zufuhrleitung. Beim darauf folgenden Startversuch lief das Aggregat an. Alle anderen Vorkommnisse des Jahres lagen unterhalb der Ereignisskala INES, das heisst auf Stufe 0.

 

Strahlenschutz für die Bevölkerung gewährleistet

Die Abgaben von radioaktiven Stoffen an die Umwelt via Abwasser und Abluft aus den Schweizer Kernanlagen lagen im vergangenen Jahr wiederum weit unter den bewilligten Werten. Mit dem eigenen Messnetz MADUK kontrolliert das ENSI rund um die Uhr die Radioaktivität in der Umgebung der schweizerischen Kernanlagen. Erhöhte Strahlenwerte sind sofort erkennbar und das ENSI würde dann automatisch alarmiert. „Unsere Messsonden registrierten im vergangenen Jahr keine unerlaubten Abgaben radioaktiver Stoffe“, stellt Georges Piller, Leiter des Fachbereichs Strahlenschutz, fest.