Technisches Forum Sicherheit diskutiert Rückholbarkeit aus Tiefenlager

Radioaktive Abfälle müssen sicher in einem geologischen Tiefenlager entsorgt werden. Bis zum Verschluss des Lagers müssen sie jedoch wieder zurückgeholt werden können. Im Rahmen des Technischen Forums Sicherheit TFS wurde die Rückholung der Abfälle zusammen mit internationalen Fachexperten diskutiert.

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Bild: BFE

Eine Rückholung der Abfälle aus einem geologischen Tiefenlager hat zu erfolgen, wenn die Langzeitsicherheit nicht mehr gewährleistet ist. Die für die Rückholung vorgesehenen Massnahmen dürfen die Langzeitsicherheit jedoch nicht beeinträchtigen. Für einen Entscheid zur Rückholung stehen der Gesellschaft die Beobachtungen im Pilotlager zur Verfügung. Eine Rückholung der Abfälle könnte dabei aus verschiedenen Gründen notwendig werden.

Alternativ könnte eine zukünftige Gesellschaft Technologien entwickeln, mit denen radioaktive Abfälle neu genutzt werden könnten.

Aus diesem Grund verlangt das Gesetz, dass die Abfälle bis zum Verschluss des Lagers ohne grossen Aufwand zurückgeholt werden können. Lager und Betrieb müssen deshalb entsprechend ausgelegt werden. Zudem muss der Betreiber des Tiefenlagers vor der ersten Einlagerung vorführen, mit welchen Techniken er die Rückholung ausführen kann.

Unter erhöhtem Aufwand bleibt die Rückholung auch nach dem Lagerverschluss grundsätzlich möglich, sofern das Lager und die eingelagerten Abfälle gut dokumentiert sind.

 

Keine Schweizer Eigenart

Die Verpflichtung zur Rückholbarkeit ist keine Schweizer Eigenart, wie Hans Riotte, ehemaliger Leiter des Referates Strahlenschutz und Waste Management der OECD-Nuklearenergieagentur NEA, anlässlich der 16. Sitzung des TFS aufzeigte. Die NEA wie auch die Internationale Atomenergiebehörde IAEA und die Europäische Kommission haben Projekte und Fachkonferenzen zu diesem Themenkreis durchgeführt und sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem Thema „Rückholung“ auseinandergesetzt.

Detlef Appel, Mitglied der ehemaligen schweizerischen Expertengruppe Entsorgungskonzepte für radioaktive Abfälle EKRA, betonte: „Allein aus Gründen der erleichterten Rückholbarkeit von Abfällen sollten Lagerkavernen auch in der Betriebsphase nicht offengehalten werden, da dies mit Sicherheitsrisiken verbunden ist und die Rückholung durch die eingebrachte Verfüllung technisch ohnehin nicht entscheidend erschwert wird.“ Selbst die Rückholung aus einem verschlossenen Lager wäre technisch umsetzbar, wie er ausführte.

 

Lager muss markiert und dokumentiert werden

ENSI Rückholbarkeit BFE
Bild: BFE

Die Kernenergieverordnung und die Richtlinie ENSI-G03 schreiben eine Markierung des Lagers sowie die Dokumentation und Archivierung aller sicherheitsrelevanten Informationen zu einem geologischen Tiefenlager vor. Detlef Appel misst der Aufbewahrung einer präzisen Information einen hohen Stellenwert bei.

„Das Projekt Asse in Deutschland leidet darunter, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind und darum die geplante Rückholung nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist.“ Das Lager in Asse sollte aus seiner Sicht deshalb nicht als Beispiel für eine geordnete Rückholung herangezogen werden, zumal es schon ein schwerer Fehler gewesen sei, das ehemalige Salzbergwerk Asse überhaupt als Endlager zu wählen.

Insbesondere die Information über die räumliche Geometrie des Lagers im Untergrund könnte damit Basis für eine geordnete Rückholung bilden und weitere Massnahmen zur Ortung der Abfälle wären denkbar. Diese Massnahmen sollten aber in keiner Weise die ursprüngliche Idee hinter den gesetzlichen Forderungen zur Markierung, Dokumentation und Archivierung verzerren. Diese sind nicht nur Basis für eine späte Rückholung, sondern sie sollen das ungewollte Eindringen von Menschen späterer Generationen in das Lager verhindern.

Markierungen an der Oberfläche sind ein gutes Beispiel für die ambivalente Wirkung solcher Massnahmen. Sie sollen den Lagerort schützen, können aber auch Neugier wecken und ein nicht gewolltes menschliches Eindringen in das Lager zur Folge haben. Übergeordnet wichtig ist daher, dass zusätzliche Massnahmen die Langzeitsicherheit des Lagers nicht beeinträchtigen.

 

Rückholungskonzept Grundlage für Baubewilligung

Die Rückholung ist in der Schweiz gesetzlich verankert. Die Konzepte dazu sollen etappengerecht konkretisiert werden. Zum Baubewilligungsgesuch muss ein Konzept vorliegen, das die Erkenntnisse aus dem Felslabor vor Ort aufnehmen kann. Die darin beschriebene Rückholung muss dann getestet und erfolgreich demonstriert werden.

Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI verfolgt zurzeit verschiedene Fragen, welche die Basis für die Rückholung bilden. Für das ENSI ist die zeitliche Dimension in den Überlegungen wichtig. „Bis zum Bau wird es erfahrungsgemäss noch grosse technische Entwicklungen geben, welche im Konzept zu berücksichtigen sind“, betont Meinert Rahn, Leiter der Sektion Geologie beim ENSI. Deshalb ist es nach Ansicht des ENSI nicht zielgerichtet, durch frühzeitige und detaillierte Vorgaben die Flexibilität bei der Konzeptausarbeitung einzuschränken.

 

Präsentationen der TFS-Fachsitzung „Rückholbarkeit radioaktiver Abfälle aus einem Tiefenlager“

 

Präsentation von Detlef Appel, PanGeo – Geowissenschaftliches Büro, Hannover

Rückholbarkeit von radioaktiven Abfällen. Detlef Appel, PanGeo from Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI

 

Präsentation von Meinert Rahn, ENSI

Rückholbarkeit von radioaktiven Abfällen. Meinert Rahn, ENSI from Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI

 

Präsentation von Michael Sailer, Entsorgungskommission ESK Deutschland

Rückholbarkeit von radioaktiven Abfällen. Präsentation von Michael Sailer, Entsorgungskommission ESK Deutschland from Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI

 

Präsentation von Hans G. Riotte, Ex-OECD

Rückholbarkeit von radioaktiven Abfällen. Hans G. Riotte, Ex-OECD from Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI

 

Präsentation von Thomas Fries, Nagra

Rückholbarkeit von radioaktiven Abfällen. Thomas Fries, Nagra from Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI