Legionellen: Krankmacher müssen bekämpft werden

Legionellen sind Bakterien und verursachen die unter Umständen tödlich endende Legionärs-Krankheit. Sie können fast in allen natürlichen Gewässern oder Feuchtgebieten gefunden werden. Vor allem in Wassersystemen, die von Menschen geschaffen wurden, finden sie sehr günstige Bedingungen für ihre Vermehrung. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass sie bekämpft werden.

SGA_3417-2Die Konzentration der Legionellen im Wasser hängt vor allem von der Temperatur, vom pH-Wert, vom Vorhandensein anderer Mikroorganismen (Bakterien, Protozoen, Algen) oder Substanzen (organisches Material, Eisensalze, Kalzium, Magnesium, Kautschuk, Silikon und Plastik) und von weiteren, noch weniger bekannten Faktoren ab. Legionellen vermehren sich zwischen 25°C und 45°C (Optimum um 37°C) und bei einem neutralen oder leicht sauren pH-Wert. Sie können aber auch zwischen 5°C und 63°C sowie einem pH-Wert zwischen 5,5 und 8,1 überleben.

Die Bakterien können sich an vielen Orten entwickeln. So kommen sie unter anderem in Seen, Teichen, Flüssen, Abwässern, Thermalbädern, Trinkwasserleitungen, Auslaufarmaturen, Duschköpfen, mit Wasser funktionierenden Kühleinrichtungen wie Drehbänke und Werkzeugmaschinen, Klimasystemen, Verdampfern, Zierbrunnen, Sprudelbädern, Kreisläufen mit Wasserrückführung, industriellen Befeuchtungseinrichtungen mit Wassersprühern oder Luftwascheinrichtungen vor. Sporadisch werden Legionellen daneben in Sedimenten, feuchten Böden, Humus, Kompost, Mischerde für Topfpflanzen, Schlamm und Meerwasser gefunden. Auch in Kühlkreisläufen mit Kühltürmen können häufig Legionellen gefunden werden.

Bekämpfung bei über 10‘000 Keimbildenden Einheiten pro Liter

Legionellen kommen in verschiedenen Formen vor. Auslöser für die gefährliche Legionärskrankheit ist die Legionella pneumophila. Wenn die krankmachende Form eine Konzentration von 10‘000 Keimbildenden Einheiten pro Liter (KBE/l) übersteigt, empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit BAG die Desinfektion der Wasserleitungssysteme.

In der Schweiz werden dem BAG jährlich 190 bis 250 Fälle gemeldet. Jeweils rund sechs bis zehn Prozent der Fälle enden tödlich. In Deutschland starben beispielsweise im Januar 2010 fünf Menschen im Raum Ulm an den Folgen von Legionellen-Infektionen. Es wurden 64 Personen wegen schweren Lungenentzündungen in Spitälern behandelt. Die Legionellen stammten aus zwei Kühltürmen eines Blockheizkraftwerks zur Kraft- und Wärmenutzung. Ein weiterer grösserer Fall ereignete sich zwischen Mitte August und Mitte September 2013 in Warstein. Insgesamt wurden 165 Erkrankungs- und Verdachtsfälle bekannt. Drei Patienten starben. Die Legionellen wurden gemäss bisheriger Erkenntnis über ein Rückkühlwerk einer Brauerei verbreitet. Dieses bezog das Kühlwasser aus dem nahegelegenen Fluss.

Legionellen aus der Aare und dem Rhein in KKW-Kühlwässern

Die beiden grössten Kühlsysteme mit Kühltürmen der Schweiz stehen in den Kernkraftwerken Gösgen und Leibstadt. In die Hauptkühlkreisläufe der Kernkraftwerke gelangen die Legionellen ständig, vor allem mit dem Zusatzkühlwasser. Dieses Wasser wird als Kompensation benötigt für die Menge, die im Kühlturm verdampft, und wird kontinuierlich der Aare respektive dem Rhein entnommen. So entnimmt beispielsweise das Kernkraftwerk Leibstadt dem Rhein pro Sekunde 1000 Liter Wasser – eine für den Rhein unerhebliche Menge von einem Tausendstel seiner Durchlaufmenge.

In den Kreisläufen finden die Keime dann gute Bedingungen für die Vermehrung. Für Menschen, die damit in Kontakt kommen, besteht eine Ansteckungsgefahr. Eine Eindämmung der Konzentration ist daher sehr wichtig. Im Kernkraftwerk Gösgen wurden ab April 2012 der vom BAG für Wasserleitungssysteme empfohlene Richtwert von 10‘000 [KBE/l] in mehreren untersuchten Proben deutlich überschritten. Bei der periodischen Messung von Keimen im Hauptkühlwassersystem des Kernkraftwerks Leibstadt wurden im Herbst 2010 Bakterien des Typs Legionella pneumophila über dem Richtwert festgestellt.

Zur Eindämmung der Konzentration der Keime im Kühlwasser muss in regelmässigen Abständen eine Desinfektion des Systems mit Chemikalien durchgeführt werden. In beiden Anlagen ist es gelungen die Konzentration von Legionellen im Hauptkühlkreislauf zu reduzieren. Nach der chemischen Behandlung des Wassers lagen die bestimmten Konzentrationen von Legionella pneumophila meistens unterhalb von 10’000 [KBE/l].

Bekämpfung im KKW Gösgen

Das Kernkraftwerk Gösgen verwendet für die Bekämpfung der Legionellen üblicherweise Wasserstoffperoxid und Silber (60 kg Sanosil pro Tag) sowie Javelwassser (1 bis 2 t Natriumhypochlorit-Lösung mit 13 % NaOCl pro Monat), vom 8. Januar bis 28. April 2013 wurde versuchsweise Chlordioxid (12 bis 70 kg pro Tag) dosiert.

Bekämpfung im KKW Leibstadt

Im Kernkraftwerk Leibstadt setzt man zur Desinfektion Wasserstoffperoxid (1 bis 2 Stösse à je 700 kg pro Woche) und Javelwasser (2 t Natriumhypochlorit-Lösung mit 13 % NaOCl alle zwei Wochen) ein. Im Zeitraum vom 7. bis zum 24. August testete das Kernkraftwerk Leibstadt das Desinfektionsmittel Chlordioxid (20 bis 80 kg pro Tag).

Kernkraftwerke müssen Gewässerschutz einhalten

Bei der Behandlung ist neben dem Gesundheitsaspekt auch der Gewässerschutz von zentraler Bedeutung. Wie andere Betriebe auch müssen Kernkraftwerke bei der Einleitung von Kühlwasser, das mit Chemikalien behandelt wurde, in Flüsse alle Grenzwerte aus der Schweizer Gewässerschutzverordnung einhalten. Die Grenzwerte in der Schweizer Gewässerschutzverordnung sind so angesetzt, dass nach dem Stand der Technik keine schädigenden Einflüsse auf Mensch und Umwelt verursacht werden.

Geringe Belastung des Rheins

Der Beitrag an die Verunreinigung der Aare und des Rheins durch die Behandlung des Kühlwassers mit Chemikalien ist marginal. Dies zeigt sich beispielsweise an der Behandlung im Kernkraftwerk Leibstadt im Zeitraum vom 8. Januar bis 28. März 2013. Insgesamt wurden sieben Dosierungen von 2000 kg 13%ige Javel-Lösung (260 kg Natriumhypochlorit) bei Volllastbetrieb durchgeführt. Die adsorbierbaren organischen Halogenverbindungen erhöhten sich im Hauptkühlwasser dadurch im Mittel von 15 auf 225 µg/l, was einer AOX-Fracht von rund 5.3 kg entspricht und verteilt über ca. 1 Woche in den Rhein abgegeben wurde. In den Jahren 2010 bis 2012 betrug die durchschnittliche AOX Fracht des Rheins in Weil 3269 kg pro Woche, der Anteil des KKL in einer Behandlungswoche beträgt damit 0,16 %.