Tunnelbau im Opalinuston ist möglich, aber eine Herausforderung

Beim Bau von geologischen Tiefenlagern im Opalinuston muss darauf geachtet werden, dass das Tongestein auch nach dem Ausbruch der Stollen als wirkungsvolle Barriere funktioniert. Dazu liegen heute schon viele Erkenntnisse vor, die durch weitere Abklärungen noch vertieft werden müssen. Dies ist das Fazit eines Symposiums zum Thema Felsmechanik, das das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI zusammen mit der Expertengruppe Geologische Tiefenlagerung EGT veranstaltet hat.

ENSI_Geologische_Tiefenlager_Tunnelbau_Opalinuston (2) Beim Ausbruch von Stollen in Tongesteinen wird der Fels beeinträchtigt, der den Stollen umgibt. Im unmittelbaren Umfeld des Stollens wird er aufgelockert. Dies kann dazu führen, dass das Gestein in diesem Bereich einerseits durchlässiger wird, und andererseits der Stollen instabil wird und ohne Stützmittel einstürzen würde.

Verschiedene Experten befassen sich deshalb damit, wie sich diese Auflockerungszone im Laufe der Zeit entwickelt und räumlich ausdehnt. Sie suchen nach Möglichkeiten, um die Auswirkungen möglichst klein zu halten. Die Untersuchungen sollen zudem zeigen, welchen Einfluss diese Zonen langfristig auf die Sicherheit haben, nachdem das Tiefenlager verschlossen wurde.

Das Tongestein muss letztendlich über einen sehr langen Zeitraum wirkungsvoll als Barriere funktionieren, um Mensch und Umwelt vor radioaktiven Stoffen zu schützen.

 

Erkenntnisse fliessen in den Sachplan ein

„Wir konnten uns einen wertvollen Überblick verschaffen über den heutigen Kenntnisstand zu den mechanischen Prozessen im Fels und was dies für die Bautechnik und die Langzeitsicherheit eines geologischen Tiefenlagers im Opalinuston bedeutet“, zieht Meinert Rahn, Chef der Sektion Geologie beim ENSI, Bilanz.

Das ENSI wird die Erkenntnisse berücksichtigen, wenn es die Vorschläge für die geologischen Standortgebiete überprüft. Diese werden Ende dieses Jahres im Rahmen der Etappe 2 im schweizerischen Standortauswahlverfahren, dem sogenannten Sachplan, von der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle Nagra eingereicht. „Mit den Erkenntnissen werden beispielsweise die vorgeschlagene Tiefenlage und die Stützmittel, die im Lagerstollen notwendig sind, beurteilt“, erklärte Simon Löw, Professor für Ingenieurgeologie an der ETH Zürich und wissenschaftlicher Leiter des Symposiums, vor den rund 200 Teilnehmenden der Veranstaltung.

 

Forschung zur Reduktion der Ungewissheit

ENSI_Geologische_Tiefenlager_Tunnelbau_Opalinuston (1)„Der Bau im Opalinuston und ähnlichen Tongesteinen ist anspruchsvoll. Mit zuverlässigen Laborversuchen sollen die Kennwerte des Gesteins erfasst und das Verhalten über lange Zeiträume bestimmt werden“, betonte Florian Amann vom Geologischen Institut der ETH Zürich. Ziel der Forschung sei es, Ergebnisse zu erhalten, die auf die Standortgebiete für geologische Tiefenlager übertragen werden können.

Labor-Experimente sollen durch weitere gross-skalige Experimente ergänzt beziehungsweise im Felslabor Mont Terri überprüft werden. Unterstützt wird dieser Ansatz von Derek Martin von der kanadischen Universität Alberta. In den meisten Fällen würden die Resultate aus Laborexperimenten nicht ausreichen, um das Verhalten des Gebirges vor Ort zu erklären, betonte er.

So könnten im Labor beispielsweise die Prozesse, die durch Druckentlastung und Austrocknung des Gesteins ausgelöst werden, nur begrenzt simuliert werden.

Das Schweizer Entsorgungskonzept sieht deshalb vor, dass an den ausgewählten Standorten zuerst Felslabore betrieben werden. Dort sollen Informationen gesammelt werden, die für den Bau des Lagers notwendig sind.

 

Wertvolle Erfahrungen aus der Schweiz

Auch in der Schweiz konnten bereits wertvolle Erfahrungen gesammelt werden, so beispielsweise beim Ausbruch und Betrieb des Felslabors Mont Terri im Jura sowie beim Ausbau des Bahn- und Nationalstrassennetzes, wo längere Tunnelabschnitte im Opalinuston liegen. Aus Sicht von Paul Bossart, Direktor des Mont Terri-Projekts, sollte ein Tiefenlager in einer Tonschicht errichtet werden, die tektonisch möglichst ungestört und somit bautechnisch günstig ist.

Walter Steiner von der Ingenieurfirma B+S AG in Bern legte dar, dass es zwar nur wenig Erfahrung beim Tunnelbau im Opalinuston in der Schweiz gibt. Doch die Erfahrung, die beim Bau im Opalinuston und ähnlichen Tongesteinen weltweit gewonnen werden konnte, zeige, dass keine Schwierigkeiten zu erwarten seien, die nicht zu überwinden sind.

 

Optimierte Auslegung von Tiefenlagern

Wulf Schubert von der Technischen Universität Graz und Mitglied der EGT erklärte, dass beim Bau der Stollen das Gestein möglichst wenig geschädigt werden sollte. „Im Fels herrschen Spannungen. Die Richtung des Hohlraums hat deshalb einen wesentlichen Einfluss darauf, welche Schäden der Ausbruch verursacht.“ Dies hätten praktische Erfahrung und theoretische Untersuchungen gezeigt. Auch die Methode, wie der Fels ausgebrochen wird, und die Richtung des Vortriebs hätten einen Einfluss darauf, auf welche Art das Gestein geschädigt wird und wie gross diese Schäden sind.