Abfallbewirtschaftung im Vergleich: ENSI präsentiert Projektresultate
Die Herausforderungen bei der Entsorgung von konventionellen und radioaktiven Abfällen sind unterschiedlich. Aus diesem Grund ist eine direkte Übertragung des Regelwerks nicht zielführend. Dies ist eine der Haupterkenntnisse aus dem Projekt „Abfallbewirtschaftung im Vergleich“ des Forschungsprogramms „Radioaktive Abfälle“ der Arbeitsgruppe des Bundes für die nukleare Entsorgung AGNEB. Das Projekt bestätigt zudem das Prinzip, dass wiederkehrend und in einer gesamtheitlichen Betrachtung geprüft werden muss, wie die Entsorgung radioaktiver Abfälle gemäss Stand von Wissenschaft und Technik weiter optimiert werden kann. Die Projektresultate wurden im Rahmen eines Fachseminars in Brugg präsentiert.
Die Umweltschutzgesetzgebung regelt den Umgang mit konventionellen Abfällen. Jährlich fallen mehrere Millionen Tonnen Material an, die nicht verwertet oder verbrannt werden können. Sie werden in oberflächennahen Deponien entsorgt. Anders sieht der Umgang mit radioaktiven Abfällen aus, der im Kernenergie- und im Strahlenschutzgesetz geregelt ist. Die Menge radioaktiver Abfälle, die pro Jahr anfällt, ist mit wenigen hundert Tonnen deutlich kleiner. Grössere Mengen entstehen, wenn Kernanlagen stillgelegt werden.
Heute werden radioaktive Abfälle nach den Prinzipien der Minimierung, Konzentration und Isolierung behandelt. In erster Linie wird durch verschiedene Massnahmen, wie beispielsweise Dekontamination und Abfalltrennung, dazu beigetragen, dass die Menge an radioaktiven Abfällen so klein wie möglich ist. In einem weiteren Schritt wird das Volumen möglichst stark reduziert. Dies erfolgt beispielsweise durch die Verbrennung in einem Plasmaofen. Die Isolierung findet durch die geplante Einlagerung in einem geologischen Tiefenlager statt. In diesem werden die radioaktiven Abfälle mit einem Mehrfach-Barrierensystem in einem geeigneten, auch langfristig stabilen Wirtgestein eingeschlossen.
Schutz von Mensch und Umwelt ist gewährleistet
Die gesetzlichen Vorgaben fordern eine unverzügliche Behandlung der radioaktiven Abfälle. Danach werden sie zwischengelagert bis die geplanten geologischen Tiefenlager in Betrieb gehen. Die Fachleute, die im Projekt „Abfallbewirtschaftung im Vergleich“ involviert waren, haben bestätigt, dass dieses Vorgehen den Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet.
Optimierungsmöglichkeiten müssen wiederkehrend geprüft werden
Das Gesetz verlangt aber auch, dass bei der Nutzung der Kernenergie angewandte Verfahren wiederkehrend auf angemessene Optimierungen hin überprüft werden; das heisst, dass untersucht wird, ob auf Grund der Entwicklung von Wissenschaft und Technik angemessene Verbesserungen möglich sind. Entsprechend haben die Experten im Schlussbericht des Projekts „Abfallbewirtschaftung im Vergleich“ Empfehlungen formuliert. Sie beziehen sich unter anderem auf das Verhalten von organischen und metallischen Abfällen sowie der Behälter für hochaktive Abfälle in einem Tiefenlager. In der Verantwortung stehen dabei die Abfallverursacher.
„Die Projektempfehlungen stehen im Einklang mit der Verfügung des Bundesrates zum Entsorgungsprogramm 2008 der Entsorgungspflichtigen“, erklärt Michael Wieser, Leiter Aufsichtsbereich Entsorgung beim ENSI. Demnach muss die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle Nagra in den zukünftigen Entsorgungsprogrammen unter anderem folgende Aspekte aufzeigen: Erstens muss sie nach aktueller Erfahrung und Stand von Wissenschaft und Technik alle notwendigen Vorkehrungen getroffen haben, damit die gesetzlich festgelegten Schutzziele beim Bau, beim Betrieb und nach dem Verschluss eines geologischen Tiefenlagers erreicht werden. Und zweitens muss die Nagra belegen, dass sie im Hinblick auf einen zusätzlichen Gewinn für die Sicherheit angemessene Optimierungsmassnahmen untersucht hat. Entsprechend soll die Nagra ihre Arbeiten in diesem Bereich weiterführen. Sie muss die Ergebnisse der zugehörigen Untersuchungen im Entsorgungsprogramm 2016 dokumentieren.
Ganzheitliche Betrachtung notwendig
Mit dem Fachseminar wurden die Resultate des Projektes „Abfallbewirtschaftung im Vergleich“ in einem erweiterten Kontext behandelt. Im Vordergrund standen neben der Geschichte der Behandlung radioaktiver Abfälle auch die aktuellen nationalen und internationalen Trends und die Rollen der verschiedenen Akteure.
Deutlich wurde dabei, dass die geologische Tiefenlagerung der radioaktiven Abfälle nicht isoliert betrachtet werden kann. Vielmehr müssen für eine angemessene Optimierung alle Aspekte, das heisst die Abfallbehandlung, die Zwischenlagerung, der Transport und die letztliche Tiefenlagerung ganzheitlich berücksichtigt werden.
Neue Erkenntnisse werden in die Richtlinie B05 einfliessen
Das ENSI hat die Anforderungen an die Konditionierung radioaktiver Abfälle in der Richtlinie HSK-B05 geregelt. Dabei wird die in der Kernenergieverordnung enthaltene ganzheitliche Betrachtungsweise in konkrete Anforderungen umgesetzt. Voraussichtlich Mitte 2017 werden neue internationale Sicherheitsanforderungen an die Abfallbehandlung vorliegen. Zu diesem Zeitpunkt sollen ebenfalls neueste Erkenntnisse aus dem Sachplanverfahren und dem Entsorgungsprogramm zur Verfügung stehen. Basierend darauf wird das ENSI seine Richtlinie B05 auf Aktualität überprüfen und allfällige Anpassungen vornehmen.
Arbeitsgruppe des Bundes für die nukleare Entsorgung AGNEB
- das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI (Aufsichtsbehörde)
- das Bundesamt für Energie BFE (Bewilligungsbehörde)
- das Bundesamt für Gesundheit BAG (Gesundheitsbehörde)
- das Bundesamt für Raumentwicklung ARE (Raumplanungsbehörde)
- das Bundesamt für Landestopographie swisstopo
- das Paul Scherrer Institut PSI (Entsorgungsforschung)
Vertreter der Nagra werden fallweise als Fachexperten beigezogen.
Die Arbeitsgruppe erstattet dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK jährlich Bericht über die wichtigsten Tätigkeiten in der Entsorgung in der Schweiz.