ENSI publiziert Auslegungsgrundsätze für in Betrieb stehende Kernkraftwerke

Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI hat den Entwurf einer Richtlinie über die Auslegungsgrundsätze für in Betrieb stehende Kernkraftwerke in die öffentliche Anhörung geschickt. Die neue Richtlinie ENSI-G02 ist ein Auftrag aus der Kernenergieverordnung und steht im Einklang mit internationalen Vorgaben.

Im Zusammenhang mit den Projekten zum Bau neuer Kernkraftwerke in der Schweiz hatte das ENSI die Arbeiten für eine neue Richtlinie zur Auslegung neuer Kernkraftwerke mit Leichtwasserreaktoren bereits weit vorangetrieben. Die neue Richtlinie sollte den Stand der Technik neuer Kernkraftwerke in der Schweiz definieren.

Nach dem Reaktorunfall in Fukushima sistierte das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK die Bearbeitung der Rahmenbewilligungsgesuche. „Dadurch war diese Arbeit weitgehend Makulatur“, erklärt Georg Schwarz, stellvertretender ENSI-Direktor und Leiter des Aufsichtsbereichs Kernkraftwerke. „Gefragt waren nun Anforderungen für in Betrieb stehende Kernkraftwerke. Diese können nicht mit jenen für Kernkraftwerke, die neu gebaut werden, komplett identisch sein.“

Internationale Vorgaben berücksichtigt

Der Entwurf der neuen Richtlinie ENSI-G02 deckt die Anforderungen der Western European Nuclear Regulators Association WENRA und der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA für bestehende Kernkraftwerke ab. „Im internationalen Vergleich sind unsere Anforderungen hoch“, betont Georg Schwarz.

Wie im Erläuterungsbericht zur Richtlinie ENSI-A03 zu den Anforderungen an die Periodische Sicherheitsüberprüfung dargelegt, verzichtet das ENSI darauf, den Begriff des Stands der Nachrüstungstechnik zu definieren. Mit der neuen Richtlinie ENSI-G02 werden die Grundsätze des Stands der Nachrüstungstechnik konkretisiert.

Inhalte der Richtlinie ENSI-G02 (Teil 1)

Mit der Richtlinie ENSI-G02 erfüllt das ENSI einen Auftrag aus der Kernenergieverordnung. Die Aufsichtsbehörde hat beschlossen, die Anforderungen in zwei Teile zu gliedern. In einem ersten Teil der Richtlinie ENSI-G02 werden die Grundsätze festgelegt, in einem zweiten Teil spezifische Anforderungen an einzelne Systeme und Bereiche. Der zweite Teil folgt mindestens ein Jahr später als der erste.

Die Grundsätze der nuklearen Sicherheit wie das Schutzzielkonzept, das Barrierenkonzept und das Konzept der gestaffelten Sicherheitsvorsorge bilden den zentralen Inhalt des ersten Teils der ENSI-G02. Er enthält Anforderungen an Systeme und Komponenten, welche für die verschiedenen Sicherheitsebenen der gestaffelten Sicherheitsvorsorge benötigt werden. Zudem werden Auslegungsanforderungen zum Schutz gegen Störfälle formuliert und zwar nicht nur für Auslegungsstörfälle, sondern auch für schwere Unfälle. Speziell dazu werden Anforderungen an Notfallausrüstungen festgelegt.

Überprüfung der KKW nach Inkraftsetzung

Sobald die Richtlinie vollständig in Kraft gesetzt ist, werden die Kernkraftwerke prüfen müssen, ob daraus Nachrüstungsbedarf hervorgeht. „Dank den Prinzipien der periodischen Sicherheitsüberprüfungen und der laufenden Nachrüstung in der Schweiz rechnen wir jedoch nicht damit, dass umfangreiche Massnahmen notwendig werden“, sagt Georg Schwarz.

Der Entwurf des Teils 1 der Richtlinie ENSI-G02 ist nun in öffentlicher Anhörung. Stellungnahmen zu diesem Entwurf nimmt das ENSI bis Ende Januar 2016 entgegen.

Dieser Text wurde am 19. Oktober 2015 aktualisiert.