KKL: Unverfügbarkeit der SEHR-Grundwasserpumpen in den Notstandsdivisionen im Jahr 2014

Betroffenes Werk / Titel

KKW Leibstadt, Unverfügbarkeit der SEHR-Grundwasserpumpen in den Notstandsdivisionen
im Jahr 2014

Datum

26. März 2015

Sachverhalt

Bei der periodischen Durchführung von Tests der beiden Notstandssysteme (Special Emergency Heat Removal SEHR) traten im Bereich der Grundwasserpumpen im Verlauf des Jahres 2014 wiederholt Störungen auf. Die Grundwasserpumpen sind notwendig, um eine ausreichende Kühlung der Komponenten des jeweiligen Notstandssystems zu gewährleisten und um die Nachwärmeabfuhr aus dem Reaktor aufrecht zu erhalten, wenn die übrigen Kühlsysteme ausfallen.

Der Ausfall der Grundwasserpumpe bei Tests am 29. September 2014 im einen und der Ausfall am 1. Oktober 2014 im anderen Notstandssystem führten zu einer latenten Nichtverfügbarkeit des gesamten SEHR-Systems von rund 263 Stunden. Gemäss der jährlichen risikotechnischen Bewertung nach Richtlinie ENSI-A06 ergab diese zeitgleich vorliegende latente Unverfügbarkeit beider Grundwasserpumpen eine inkrementelle bedingte Kernschadenswahrscheinlichkeit von 2,28·10-6. Das KKL bewertete das Vorkommnis auf Basis der Richtlinien ENSI-A06, Kap. 6.6.2 und ENSI-B03, Anhang 6 folgerichtig als Vorkommnis der Stufe INES 1 auf der internationalen Ereignisskala. Diese Einstufung wird bei Anwendung der Kriterien des INES User’s Manual (IAEA, Wien 2008) bestätigt.

Ursache für die Ausfälle waren elektrische Leistungsschalter der Grundwasserpumpen. Es hat sich gezeigt, dass die Ausfälle durch eine unzureichende Wartungsplanung in Kombination mit einer Überschreitung der Wartungsintervalle begünstigt wurden. Dies hatte dazu geführt, dass die Zuverlässigkeit der betroffenen Schalter über einen längeren Zeitraum vermindert war.

Einstufung (nach Richtlinie ENSI-B03)

INES: Stufe 1

Massnahmen des Betreibers

Nach dem Ausfall der jeweiligen Grundwasserpumpe wurden nach einer Instandsetzung die Funktionstüchtigkeit der Grundwasserpumpen und die Verfügbarkeit des betroffenen Notstandssystems nachgewiesen. Weiterhin hat das KKL verschiedene Massnahmen zur Erhöhung der Verfügbarkeit der Pumpen eingeleitet. In Bezug auf die unzureichende Wartung hat das KKL Korrekturen in den organisatorischen Abläufen vorgenommen, um eine Überschreitung der Wartungsintervalle in Zukunft zu verhindern.

Massnahmen des ENSI

Das ENSI hat im Zusammenhang mit dem Vorkommnis weitere Untersuchungen zur direkten Fehlerursache bei einem Schalter und zusätzliche Überlegungen mit Bezug auf probabilistische Analysen gefordert. Diese werden vom ENSI geprüft und gegebenenfalls werden weitere Massnahmen verlangt.

Beurteilung durch das ENSI

Der Betrieb der Anlage wurde nicht beeinträchtigt. Das Vorkommnis führte zu einer geringfügigen Reduktion der nuklearen Sicherheit.

Die Vorgaben der Technischen Spezifikation waren zu jedem Zeitpunkt erfüllt. Während der latenten Nichtverfügbarkeit beider Notstandssysteme in der Zeit zwischen Oktober und November 2014 waren alle Kernnotkühlsysteme uneingeschränkt verfügbar. Die Grundeinstufung des Vorkommnisses entspricht somit INES 0 (unterhalb der Skala).

Die Ausfälle der Schalter der SEHR-Grundwasserpumpen hatten dennoch eine gemeinsame Ursache, womit ein so genannter Common-Cause-Failure (CCF) vorlag. Gemäss den Vorgaben des INES User’s Manual Kapitel 5.2.1. „Common cause failures“ sind im vorliegenden Fall die Kriterien erfüllt, welche eine Höherstufung der Grundeinstufung um eine Stufe rechtfertigen. Dies gilt insbesondere, weil durch die unzulängliche Umsetzung von Instandhaltungsmassnahmen die Funktion von zwei Sicherheitseinrichtungen gleichzeitig nur eingeschränkt verfügbar war. Nach Beurteilung des ENSI führen die probabilistische Betrachtungsweise nach ENSI-A06 sowie die deterministische Einstufung nach INES User’s Manual zum gleichen Ergebnis, wonach das Vorkommnis auf INES 1 einzustufen ist.

Kriterien für die Aufschaltung auf der ENSI-Website

– INES-Stufe 1 oder höher
– Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt

Das ENSI informiert die Öffentlichkeit in seinem jährlichen Aufsichtsbericht über sämtliche meldepflichtigen Vorkommnisse im Bereich der nuklearen Sicherheit. Über Vorkommnisse, die eines der folgenden Kriterien erfüllen, informiert das ENSI auf der Website laufend:

  • INES-Stufe 1 oder höher
  • Auslösung von Sicherheitssystemen
  • Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt
  • Inkorporation radioaktiver Stoffe mit einer Folgedosis von mehr als 1 mSv

Aktualisierung: 6. Januar 2016