Die Kernkraftwerke Beznau und Gösgen müssen die Dampferzeuger überprüfen

Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI fordert von den Kernkraftwerken Beznau und Gösgen, dass sie die Qualität und die Ausführung der Schmiedeteile für die Dampferzeuger hinsichtlich der Einhaltung der Materialspezifikationen überprüfen. Das ENSI reagiert damit auf Informationen aus Frankreich.

„Bis zum jetzigen Zeitpunkt haben wir keine Hinweise darauf, dass die Dampferzeuger in Beznau und Gösgen von unzulässigen Abweichungen der Materialeigenschaften betroffen sind“, betont Georg Schwarz, stellvertretender ENSI-Direktor und Leiter des Aufsichtsbereichs Kernkraftwerke. Um rasch erste Erkenntnisse zu haben, fordert das ENSI eine vertiefte Überprüfung der Herstellungsunterlagen.

Dabei geht es um Angaben der betroffenen Bauteile, Hersteller, Herstellungszeitraum, Material, angewendete Bauvorschrift und Regelwerke, Abweichungen während der Herstellung, Herstellung mit Angaben zum Schmiedeverfahren, Grösse der Rohblocks (sogenannte Ingots), durchgeführte Abnahmeprüfungen inklusive Prüfzeugnisse, Prüfanforderungen, Prüffirma sowie Abnahmeinstanzen. Weiter ist die Durchführung von zerstörungsfreien Materialprüfungen zur weiteren Abklärung des Sachverhaltes zu prüfen.

Die Ergebnisse der Überprüfung der Herstellungsunterlagen müssen dem ENSI bis Ende April 2017 eingereicht werden.

 

“Dampferzeuger“

Druckwasserreaktoren, wie jene in Gösgen und Beznau, werden mit zwei voneinander getrennten Kreisläufen betrieben: dem Primär- und dem Sekundärkreislauf. Während im Primärkreislauf das Wasser unter Druck durch die Wärme der Brennstäbe erhitzt wird, dient erst der Sekundärkreislauf der Erzeugung von Dampf. Die Dampfproduktion erfolgt im Dampferzeuger (Nr. 4 in der Grafik), wo das heisse Wasser aus dem Primärkreislauf durch dünne Rohre fliesst und so die Wärmeenergie an das Wasser des Sekundärkreislaufes auf der anderen Seite des Rohres übergibt.

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Die Kernkraftwerke Mühleberg und Leibstadt sind Siedewasserreaktoren und verfügen entsprechend nicht über Dampferzeuger.

 

Zu hoher Kohlenstoffgehalt im Stahl

Die ASN hatte Ende September 2016 darüber informiert, dass nach den bisherigen Ergebnissen von Qualitätskontrollen an mehreren Schmiedeteilen von Dampferzeugern Bereiche mit erhöhtem Kohlenstoffgehalt festgestellt worden waren. Ein erhöhter Kohlenstoffgehalt kann zu einer Verschlechterung der Materialeigenschaften des Stahls führen.

Der erhöhte Kohlenstoffgehalt kann durch Entmischungsprozess (positive Seigerungen) während der Materialherstellung hervorgerufen werden. Betroffen sind gemäss den Informationen der ASN insbesondere Bauteile für Dampferzeuger, die in den Schmiedewerken Le Creusot Forge und Japan Casting & Forging Corporation JCFC hergestellt wurden.

Bei den Überprüfungen in Frankreich wurde darauf hingewiesen, dass potentiell gefährdete Schmiedeteile von Le Creusot Forge und JCFC auch in ausländischen Kernkraftwerken eingebaut worden sind. „Dies hat uns veranlasst, die Dampferzeuger in Beznau und Gösgen prüfen zu lassen“, erklärt Georg Schwarz.

Die Dampferzeuger in Beznau wurden in den 1990er-Jahren ausgetauscht. Jene, die heute im Einsatz sind, wurden teilweise in Le Creusot Forge hergestellt. Die Komponenten der Dampferzeuger in Gösgen stammen aus deutschen Schmieden.

Unterlagen im Sommer 2016 auf Vollständigkeit geprüft

Im Juni 2016 hatte das ENSI gefordert, dass die Werke Informationen einholen und prüfen, ob Bauteile der Schmiede Creusot Forge mit allfällig fehlerhafter Herstellungsdokumentation im Einsatz waren oder sind. Alle Werke konnten bestätigen, dass die Herstellungs- und Materialzeugnisse für alle verwendeten Schmiedeteile für die sicherheitsrelevanten Hauptkomponenten vollständig dokumentiert sind.