Strahlenschutz-Serie: Internationale Zusammenarbeit im Bereich Strahlenschutz

Radioaktivität macht vor Landesgrenzen keinen Halt. Umso wichtiger ist die internationale Zusammenarbeit. Die Schweiz hat bilaterale Kooperationen mit mehreren Ländern und ist Mitglied der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA, der Kernenergieagentur NEA innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD sowie der Heads of the European Radiological Protection Competent Authorities HERCA, welche dem Strahlenschutz hohe Priorität einräumen.

Die weltweite radioaktive Belastung durch die Atombombentests in den 1950er- und 1960er-Jahren führte zu einer internationalen Vernetzung der Strahlenschutzbehörden. Als Grundlage für die internationale Zusammenarbeit im Bereich der nuklearen Aufsicht gilt das fundamentale Sicherheitsziel der IAEA: der Schutz von Mensch und Umwelt vor schädlichen Wirkungen ionisierender Strahlung.

Multilaterale Gremien zum Strahlenschutz

Eines der wichtigsten internationalen Gremien im Bereich des Strahlenschutzes in Kernanlagen ist das Information System on Occupational Exposure (ISOE). Das ISOE wurde 1992 gegründet und dient Strahlenschutzexperten aus der ganzen Welt zum Informationsaustausch über den Strahlenschutz in Kernkraftwerken. Auch Schweizer Strahlenschutzsachverständige der Kernkraftwerke sowie des ENSI greifen häufig auf Informationen des ISOE zurück und profitieren von diesem weltweiten Netzwerk.

Das United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation UNSCEAR wurde 1955 von einigen UN-Mitgliedsstaaten gegründet. Ziel der UNSCEAR ist das Sammeln und statistische Aufarbeiten von Daten über natürliche und künstliche Strahlenquellen, über die Expositionspfade und Strahlendosen der Weltbevölkerung und spezieller Personengruppen sowie über die gesundheitlichen Folgen, insbesondere bei Personengruppen mit aussergewöhnlichen Strahlendosen. Auch die Schweiz liefert Erfahrungen und Daten an die UNSCEAR.

Die International Commission on Radiological Protection ICRP wurde 1928 gegründet. Ziel der ICRP ist die Analyse von Daten, beispielsweise der UNSCEAR, über das Strahlenrisiko. Die Kommission macht Empfehlungen grundsätzlicher Art zu Expositionssituationen, Schutzzielen, Strahlenschutz-Prinzipien und zur Begrenzung der Dosis. Die IAEA leitet aus ICRP-Empfehlungen administrative, technische und organisatorische Empfehlungen für die Sicherheit von Kernanlagen und von anderen Strahlenquellen ab.

Europäische Harmonisierung des Strahlenschutzes

Da die Gefährdung durch ionisierende Strahlung überall gleich ist, ist die internationale Koordination und Harmonisierung des Strahlenschutzes zentral. Bei der derzeitig laufenden Überarbeitung der Schweizer Strahlenschutzverordnungen wird daher unter anderem auch die europäische Strahlenschutzdirektive berücksichtigt. Damit wird auch die Harmonisierung mit der EU, der IAEA und der ICRP im Bereich des Strahlenschutzes sichergestellt.

Im Rahmen dieser Direktive haben die zwei wichtigsten europäischen Gremien der nuklearen Aufsicht und des Strahlenschutzes (die HERCA und die Western European Nuclear Regulators‘ Association WENRA) den sogenannten HERCA-WENRA-Ansatz erarbeitet. Dieser zielt darauf ab, länderübergreifende Schutzmassnahmen nach einem nuklearen Unfall zu harmonisieren.

Bilaterale Zusammenarbeit

Neben der Zusammenarbeit in internationalen Gremien ist für die Schweiz auch die bilaterale Kooperation im Bereich Strahlenschutz wichtig. Die Schweiz hat verschiedene bilaterale Partner, mit welchen der Strahlenschutz ein zentrales Thema ist. Es gibt bilaterale Kooperationsabkommen zur Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch mit allen Nachbarländern – Frankreich, Deutschland, Italien, Österreich – sowie beispielsweise den USA, Kanada und weiteren EU-Ländern.

Beispielsweise wurde die französisch-schweizerische Kommission für die nukleare Sicherheit und den Strahlenschutz CFS 1989 ins Leben gerufen. Die Mitglieder der CFS treffen sich jedes Jahr zu einer Jahressitzung. Unter dem Jahr erfolgt der Austausch in Arbeitsgruppen zu spezifischen Themen und gemeinsamen Tätigkeiten wie während der „inspections croisées“ (Inspektionen, bei denen die eine Aufsichtsbehörde die Arbeit der anderen beobachtet).

Mitglieder der CFS

Mitglieder der Kommission sind auf französischer Seite Vertreter der französischen Aufsichtsbehörde ASN und auf schweizerischer Seite Vertreter des ENSI, des Bundesamts für Energie BFE, des Bundesamts für Gesundheit BAG, der Nationalen Alarmzentrale NAZ, des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten EDA sowie ein Delegierter der Kantone.

Internationale Peer-Reviews

Das ENSI ist gesetzlich verpflichtet, regelmässig von Experten und Expertinnen überprüfen zu lassen, ob die Anforderungen der IAEA für Kernanlagen in der Schweiz erfüllt sind. Im Rahmen dieser Verpflichtung hat sich das ENSI 2011 einer IRRS-Mission (Integrated Regulatory Review Service) der IAEA unterzogen, bei der die Verankerung der Strahlenschutzprinzipien in der Schweizer Gesetzgebung und im ENSI-Regelwerk sowie deren praktische Umsetzung in den Kernanlagen von internationalen Fachpersonen als gut beurteilt wurden. Die IRRS-Follow-Up Mission im Jahr 2015 konnte dann bestätigen, dass das ENSI beim identifizierten Verbesserungspotenzial die notwendigen Massnahmen ergriffen hatte. Alle Ergebnisse dieser Überprüfungen hat das ENSI veröffentlicht.

Dies ist der letzte von 14 Teilen der Artikelserie zum Thema Strahlenschutz. Hier können die ersten 13 Artikel der Serie eingesehen werden.