KKM: Reaktorschnellabschaltung nach Frischdampfisolation vom 7. März 2018

Betroffenes Werk/Titel

KKW Mühleberg: Reaktorschnellabschaltung nach Frischdampfisolation

Datum/Zeit

7. März 2018 / 10:34 Uhr

Sachverhalt

Am 7. März 2018 fand im KKM der monatliche Test einer Speisewasserpumpe statt. Nach Abschaltung der Reservepumpe stieg die Aktivität im Frischdampf kurzzeitig an. Hierbei wurde der Auslösewert für die Frischdampfaktivität erreicht, was in der Folge zu einem auslegungsgemässen Schliessen der Frischdampfisolationsventile (Frischdampfisolation) führte. Eine Frischdampfisolation bewirkt eine automatische Reaktorschnellabschaltung.

Bei einem Siedewasserreaktor wird die Aktivität des Frischdampfes aus dem Reaktor kontinuierlich überwacht. Steigt die Aktivität im Frischdampf an, kann dies beispielsweise ein Indikator für einen Brennstoffschaden sein. Der Anstieg wird im Hauptkommandoraum alarmiert. Bei Überschreitung eines bestimmten Auslösewertes werden die Frischdampfleitungen automatisch abgesperrt (isoliert), um den Einschluss radioaktiver Stoffe sicherzustellen. Sofern zuvor noch keine automatische Reaktorschnellabschaltung aufgrund anderer Signale erfolgt ist, wird diese sicherheitsgerichtet durch das Signal der Frischdampfisolation ausgelöst. Damit werden auch die Wärmeerzeugung im Reaktor und die damit verbundene Dampferzeugung rasch reduziert.

Als Ursache für den kurzzeitigen Anstieg der Frischdampfaktivität konnten zwei Absperrventile in den Impulsleitungen der Wasserstoffeinspeisung identifiziert werden, welche zu stark angedrosselt waren und so zu einem instabilen Regelverhalten der Wasserstoffeinspeisung während des Tests der Speisewasserpumpe führten.

Wasserstoff wird in Siedewasserreaktoren in sehr geringen Konzentrationen (wenige ppm) dem Speisewasser zudosiert, um die Bildung von Korrosionsprodukten im Reaktorkühlsystem zu minimieren. Im vorliegenden Fall kam es durch die Zuschaltung der Reservepumpe zu veränderten Druckbedingungen in der Speisewasserleitung und damit zu einem kurzzeitigen Rückstau des einzuspeisenden Wasserstoffs, der infolge der zu stark angedrosselten Absperrventile in der Wasserstoffeinspeisung nicht ausgeregelt werden konnte. Nach Abschaltung der Reservepumpe normalisierten sich die Druckverhältnisse in der Speisewasserleitung wieder und der rückgestaute Wasserstoff wurde dann in erhöhter Konzentration in das Reaktorkühlsystem eingespeist. Der kurzzeitige Anstieg der Wasserstoffkonzentration im Speisewasser führte im Reaktorkern zu einer vermehrten Bildung flüchtigen radioaktiven Stickstoffs.

In der Folge erhöhte sich der Anteil des üblicherweise im Frischdampf vorhandenen radioaktiven Stickstoffs. Die Aktivitätsüberwachungen an den Frischdampfleitungen registrierten diesen Anstieg ordnungsgemäss und lösten beim Erreichen des Auslösewertes auslegungsgemäss eine Frischdampfisolation mit anschliessender automatischer Reaktorschnellabschaltung aus.

Nach Ermittlung der Ereignisursache wurden die Absperrventile der Wasserstoffeinspeisung neu eingestellt. Das korrekte Anlageverhalten konnte im Anschluss anhand von Versuchen nachgewiesen werden. Ergänzend wurde die entsprechende Betriebsvorschrift der Wasserstoffeinspeisung präzisiert und die richtige Einstellung der Absperrventile ergänzt.

Die Aktivität auf dem Areal und am Zaun der Kernkraftwerke wird ständig überwacht und muss die gesetzlichen Grenzwerte einhalten. Die Grenzwerte wurden jederzeit eingehalten. Das ENSI informiert in seinem jährlichen Aufsicht- und Strahlenschutzbericht über die Ergebnisse.

Einstufung (nach Richtlinie ENSI-B03)

INES: unterhalb der Skala

Massnahmen des Betreibers

Das KKM hat die massgebliche Betriebsvorschrift für die Wasserstoffeinspeisung präzisiert, um in Zukunft eine korrekte Stellung der Absperrventile sicherzustellen.

Massnahmen des ENSI

Das ENSI beurteilt die vom KKM beschlossene Präzisierung der massgeblichen Betriebsvorschrift als angemessen und erhebt keine weitergehenden Forderungen.

Beurteilung durch das ENSI

Die Anlage reagierte auslegungsgemäss auf den kurzzeitigen Anstieg der Aktivität an den Frischdampfleitungen. Mit Ausnahme der Frischdampfisolation und der automatischen Reaktorschnellabschaltung erfolgte keine weitere automatische Anforderung von Sicherheitssystemen.

Das Vorkommnis hatte eine geringe Bedeutung für die nukleare Sicherheit.

Kriterien für die Aufschaltung auf der ENSI-Website

Auslösung von Sicherheitssystemen

Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt

Das ENSI informiert die Öffentlichkeit in seinem jährlichen Aufsichtsbericht über sämtliche meldepflichtigen Vorkommnisse im Bereich der nuklearen Sicherheit. Über Vorkommnisse, die eines der folgenden Kriterien erfüllen, informiert das ENSI auf der Website laufend:

  • INES-Stufe 1 oder höher,
  • Auslösung von Sicherheitssystemen,
  • Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt,
  • Inkorporation radioaktiver Stoffe mit einer Folgedosis von mehr als 1 mSv.

 

Aktualisierung: 17. Juli 2018