„Die Lehren aus Fukushima dürfen nicht in Vergessenheit geraten“

IAEA

Als Folge des Unglücks in Fukushima hat die internationale Gemeinschaft vor gut drei Jahren mit der sogenannten Wiener Erklärung ein Zeichen für die konstante Verbesserung der Sicherheit von Kernkraftwerken gesetzt. Nun geht es darum, diese Verpflichtung gemeinsam umzusetzen. 

„Die Wiener Erklärung steht für eine Kultur, die geprägt ist vom Begriff der kontinuierlichen Verbesserung der Sicherheit“, fasst Hans Wanner, Direktor des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI und Vorsitzender der Western European Nuclear Regulators Association WENRA zusammen. Insbesondere verlangt die Erklärung periodische Nachrüstungen an bestehenden Kernkraftwerken.

Internationale Umsetzung noch ungenügend

Das erste Fazit nach zweieinhalb Jahren Wiener Erklärung ist ernüchternd. Während in der Schweiz und in Europa solche Nachrüstungen bereits standardmässig umgesetzt werden, haben konkrete Nachrüstpflichten oder Änderungen von Gesetzgebungen ausserhalb von Europa ausser in Japan noch in keinem anderen Land stattgefunden.

Die Wiener Erklärung

Im Februar 2015 hat die internationale Gemeinschaft anlässlich einer Diplomatischen Konferenz in Wien die Wiener Erklärung zur nuklearen Sicherheit (engl. Vienna Declaration on Nuclear Safety) verabschiedet.

Ziel der Erklärung ist, dass neue Kernkraftwerke so gebaut werden, dass im Falle eines Unfalls keine Langzeitmassnahmen des externen Notfallschutzes notwendig werden, und dass bestehende Kernkraftwerke soweit wie möglich an die Sicherheitsniveaus von neuen Kernkraftwerken herangeführt werden. Es ist das einzige internationale Dokument, welches dieses Sicherheitsziel festhält.

Die Wiener Erklärung verpflichtet die Vertragsstaaten, bei den jeweiligen internationalen Überprüfungstagungen über deren Umsetzung zu berichten.

Die Einberufung der Diplomatischen Konferenz war im April 2014 auf der sechsten Überprüfungstagung zum Übereinkommen über nukleare Sicherheit beschlossen worden, nachdem die Schweiz einen Vorschlag zur Ergänzung der Konvention unter Berücksichtigung der Lehren aus dem Unfall von Fukushima Daiichi vorgelegt hatte.

In den letzten Jahren haben im Rahmen von internationalen Verhandlungen verschiedene politische Bekenntnisse stattgefunden, doch das Sicherheitsziel der Wiener Erklärung ist ausserhalb von Europa noch nicht umfassend umgesetzt. Fast acht Jahre nach dem Unfall von Fukushima Daiichi scheinen dessen Lehren auf internationaler Ebene zu verschwinden.

ENSI-Direktor Hans Wanner bedauert diese Entwicklung. „Die Lehren aus Fukushima dürfen nicht in Vergessenheit geraten“, betont er. „Wir müssen aufpassen, dass wir auch international gemeinsam eine einheitlich hohe Sicherheitskultur leben. Diese soll geprägt sein von der kontinuierlichen Verbesserung der nuklearen Sicherheit.“

IAEA soll Sicherheitskultur fördern

Die Internationale Atomenergie-Organisation IAEA hat sich schwer getan, konkrete Massnahmen zur weltweiten Umsetzung der Wiener Erklärung in Gang zu setzen. Dabei kommt der IAEA diesbezüglich eine besonders wichtige Aufgabe zu: „Die IAEA kann und soll ihre Mitgliedstaaten dabei unterstützen, die Wiener Erklärung umzusetzen“, meint Wanner. „So kann sie eine Kultur fördern, die sich für eine hohe nukleare Sicherheit einsetzt.“

ENSI engagiert sich weiterhin für eine hohe nukleare Sicherheit

In Europa laufen durch die Umsetzung der EU-Richtlinie über nukleare Sicherheit sowie innerhalb der WENRA verschiedene Projekte, um international einheitlich hohe Sicherheitsanforderungen für neue und bestehende Kernkraftwerke zu erreichen.

Auch in der Schweiz haben Bestrebungen für die Sicherheit der Kernanlagen einen hohen Stellenwert. „Sowohl diplomatisch wie technisch wird sich die Schweiz auf jeden Fall auch weiterhin für die in der Wiener Erklärung genannten Ziele international einsetzen“, so Wanner. Das diplomatische Engagement der Schweiz, diese Verpflichtung international zu verankern, ist auch offizieller Teil der schweizerischen Aussenpolitik.