46. Technisches Forum Sicherheit: Neue Erkenntnisse fliessen in Bau eines Tiefenlagers ein

Auch bei der Planung und Realisierung von geologischen Tiefenlagern für radioaktive Abfälle ist der aktuelle Stand von Wissenschaft und Technik zu berücksichtigen. Am 46. Technischen Forum Sicherheit wurden ausserdem die Folgen von Störfällen in Anlagen eines Tiefenlagers und allfällige Auswirkungen von niedrigen Strahlendosen diskutiert.

An der 46. Sitzung des Technischen Forums Sicherheit, das sich mit sicherheitstechnischen Themen zur geologischen Tiefenlagerung befasst, wurden Fragen zu Risiken ionisierender Strahlung im Niedrigdosisbereich, zu störfallbedingten Strahlenbelastungen bei geologischen Tiefenlagern sowie zur Berücksichtigung neuer Erkenntnisse bei der Realisierung von Tiefenlagern diskutiert.

Berücksichtigung neuer Erkenntnisse

In der Sitzung am 9. März 2021 wurde hervorgehoben, dass die Nagra als Betreiberin der Tiefenlager für radioaktive Abfälle wie alle anderen Betreiber von Schweizer Kernanlagen auch den gesetzlichen Verpflichtungen aus der Kernenergie– und der Strahlenschutzgesetzgebung folgen muss. Der Betreiber eines Tiefenlagers muss gemäss Kernenergiegesetz die Entwicklung von Wissenschaft und Technik sowie die Betriebserfahrungen vergleichbarer Anlagen verfolgen und entsprechend Massnahmen treffen, um die Anlage in einem guten Zustand zu erhalten.

Erkenntnisse aus dem In- und Ausland fliessen auch in die Aufsicht über Tiefenlager ein: Das ENSI ist Teil des internationalen Netzwerks der IAEA zur Erfassung und Verbreitung von Betriebserfahrungen (Incident Reporting System IRS). Über diesen Verbund erhält das ENSI Informationen aus Kernanlagen weltweit, darunter auch aus Lagern für radioaktive Abfälle, und stellt im Gegenzug die Betriebserfahrung aus Schweizer Kernanlagen zur Verfügung. Vorkommnisse sind ein wichtiger Bestandteil dieser Betriebserfahrung. Das ENSI beschreibt Vorkommnisse, die sich weltweit ereignet haben und für die Schweiz relevant sind, in seinem jährlichen Erfahrungs- und Forschungsbericht sowie nationale Vorkommnisse auf seiner Website.

Auslegung für Störfälle im Tiefenlager                                                                   

Der Betrieb eines geologischen Tieferlagers in der Schweiz muss, ähnlich wie ein Schweizer Kernkraftwerk, so ausgelegt sein, «dass bei Störfällen, die einmal alle 100 bis 10’000 Jahre zu erwarten sind, die daraus resultierende Dosis für Personen aus der Bevölkerung höchstens 1 mSv beträgt», erklärt Felix Altorfer, Leiter Aufsichtsbereich Entsorgung beim ENSI.

Gemäss der Nagra soll die Oberflächenanlage eines Tiefenlagers so ausgelegt werden, dass auch bei Störfällen mit sehr kleiner Eintretenswahrscheinlichkeit (einmal alle 10’000 bis 1’000’000 Jahre) eine erhebliche Freisetzung von Radioaktivität ausgeschlossen werden kann und dass die daraus resultierende Dosis für Personen der Bevölkerung unter 1 mSv liegt (NTB 13-01).

Risiken ionisierender Strahlung im Niedrigdosisbereich

Der Bundesrat hat am 2. März 2018 vom Bericht zum «Kenntnisstand betreffend Risiken ionisierender Strahlung im Niedrigdosisbereich» in Erfüllung des Postulats 08.3475 von Hans-Jürg Fehr Kenntnis genommen.

Der Bericht gelangt zum Schluss, dass die neusten Studien die Anwendung des linearen Modells ohne Schwellenwert als Basis für den Strahlenschutz in der Schweiz stützen: Nach diesem Modell erhöht jede Exposition mit ionisierender Strahlung, selbst bei niedrigen Dosen, das Risiko für Krebs oder Erbkrankheiten linear, und es gibt keinen Schwellenwert, unter dem davon ausgegangen werden kann, dass eine Exposition keine Wirkung zeigt. Die Einhaltung der in der Gesetzgebung festgelegten Dosisgrenzwerte bzw. maximal zulässigen Dosiswerte stellt sicher, dass dieses Risiko für die Bevölkerung tragbar ist.

Die Richtlinie ENSI-G03 schreibt vor, dass die durch ein verschlossenes Tiefenlager verursachten Dosen maximal 0,1 mSv pro Jahr sein dürfen. Diese Dosen sind als unbedenklich einzustufen.

Gemäss Bundesamt für Gesundheit BAG ist jede in der Schweiz wohnhafte Person einer jährlichen Strahlenbelastung von durchschnittlich 5,8 mSv ausgesetzt. Davon stammen 3,2 mSv aus dem natürlichen Edelgas Radon, 1,2 bis 1,4 mSv aus medizinischen Untersuchungen (Röntgen, Computertomographie), 0,75 mSv aus der Strahlung aus dem Boden und aus dem All, 0,35 mSv aus der Nahrung und 0,1 mSv aus künstlichen Quellen.

Frage zum Pilotlager verabschiedet

An der 46. Sitzung des Technischen Forums Sicherheit vom 9. März 2021 wurde die schriftliche Antwort auf die Frage 151 zur räumlichen und hydraulischen Trennung des Pilotlagers vom Hauptlager verabschiedet. Im Forum wurde ausserdem über die Inkraftsetzung der Neuausgabe der Richtlinie ENSI-G03  «Geologische Tiefenlager» per 1. Januar 2021 informiert. Die 47. Sitzung wird voraussichtlich am Dienstag, 25. Mai 2021, stattfinden.