KKW Beznau: Montageabweichung an den Notstanddieselgeneratoren

Betroffenes Werk/Titel

KKW Beznau: Montageabweichung an zwei Notstanddieselgeneratoren

Datum

7. Dezember 2020

Sachverhalt

Im Rahmen einer vom ENSI angeordneten Überprüfung zum Thema Erdbebensicherheit wurden im KKW Beznau die Notstanddieselanlagen überprüft. Dabei wurde eine Montageabweichung in den Motorlagern festgestellt. Bei den ursprünglichen Erdbebenberechnungen war angenommen worden, dass in den Motorlagern der Dieselgeneratoren sogenannte Anschlagbegrenzer eingebaut sind. Diese fehlten aber in Wirklichkeit.

Die Montageabweichung bestand seit der Inbetriebnahme der Notstanddieselgeneratoren in den Jahren 1992 resp. 1993. Sie wurde seither nicht entdeckt, weil die Anschlagbegrenzer in der Dokumentation und in den Instandhaltungsvorschriften der Notstanddieselgeneratoren ebenfalls fehlten.

Aufgrund der fehlenden Anschlagbegrenzern war die Erdbebenfestigkeit der beiden Notstanddieselgeneratoren reduziert. Das Vorkommnis führte zu einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit für einen Kernschaden in der Grössenordnung von 5 zu 1 Million. Das KKB erklärte daraufhin beide Notstanddieselgeneratoren am 7. Dezember 2020 als nicht verfügbar.

Einstufung (nach Richtlinie ENSI-B03)

INES-Stufe 1 (Anomalie)

Massnahmen des Betreibers

Das KKB wurde entsprechend den betrieblichen Vorgaben für den Fall nicht verfügbarer Notstanddieselgeneratoren am 9. Dezember abgefahren und vom Netz getrennt. Danach wurden neue Anschlagbegrenzer mit erhöhter Steifigkeit beschafft und eingebaut. In der Folge hat das KKW Beznau einen aktualisierten Nachweis der Erdbebensicherheit auf der Basis der aktuellen Erdbebengefährdung erarbeitet. Nach einem erfolgreichen Probelauf der angepassten Notstanddiesel konnte das KKW Beznau am 21. Dezember 2020 Block 1 und Block 2 wieder anfahren. Beide Blöcke erreichten am 21. Dezember 2020 100 % Volllast.

Massnahmen des ENSI

Das ENSI hat vom KKB eine vertiefende Untersuchung verlangt, weshalb im Rahmen seines Konfigurationsmanagements die Diskrepanz zwischen der Auslegungsvorgabe und dem Ist-Zustand über einen langen Zeitraum nicht erkannt wurde und welche Lehren das KKB daraus zieht.

Zudem muss das KKB die dynamische Steifigkeit der modifizierten Motorlager auf einem Prüfstand bestimmen sowie die statische und dynamische Steifigkeit der Motorlager der vergleichbaren Dieselgeneratoren überprüfen.

Beurteilung durch das ENSI

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Montageabweichung eine sicherheitstechnische Bedeutung hatte und sehr lange nicht entdeckt wurde. Trotz den fehlenden Anschlagbegrenzern erfüllten die Notstanddieselgeneratoren die bis zum per 31. März 2012 geltenden Erdbebenanforderungen. Diese wurden vom ENSI im Nachgang des Unfalles in Fukushima stark erhöht. Als Folge konnten Erdbebenanforderungen in den Jahren 2012 bis 2017 nicht allein mit den für die Störfallbeherrschung vorgesehenen Notstanddieselgeneratoren erfüllt werden.

Trotzdem ist festzuhalten, dass abgesehen von einem knapp zwei Monate dauernden Zeitfenster nach dem Inkrafttreten der verschärften Anforderungen per 31. März 2012 bis zur Betriebsbereitschaft der Accident-Management-Diesel am 25. Mai 2012 die für die Kernkühlung erforderlichen Mittel auch unter den stark erhöhten Erdbebenanforderungen zur Verfügung standen.

Kriterien für die Aufschaltung auf der ENSI-Website

INES-Stufe 1 oder höher

Das ENSI informiert die Öffentlichkeit in seinem jährlichen Aufsichtsbericht über sämtliche meldepflichtigen Vorkommnisse im Bereich der nuklearen Sicherheit. Über Vorkommnisse, die eines der folgenden Kriterien erfüllen, informiert das ENSI auf der Website laufend:

  • INES-Stufe 1 oder höher,
  • Auslösung von Sicherheitssystemen,
  • Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt,
  • Inkorporation radioaktiver Stoffe mit einer Folgedosis von mehr als 1 mSv.