Entsorgungsprogramm 2021: ENSI stellt sieben Anträge für Auflagen

Das ENSI hat das Ende 2021 von den Entsorgungspflichtigen eingereichte Entsorgungsprogramm geprüft. In seinem Gutachten kommt das ENSI zum Schluss, dass die Entsorgungspflichtigen den gesetzlichen Auftrag erfüllt haben. Das ENSI stellt sieben neue Auflagenanträge zuhanden des Bundesrats für zukünftige Entsorgungsprogramme.

Die Kernenergiegesetzgebung verlangt von den Entsorgungspflichtigen alle fünf Jahre die Einreichung eines Entsorgungsprogramms. Damit können neue Erkenntnisse und die aus den behördlichen Gutachten stammenden Hinweise und Kommentare berücksichtigt werden. Der Verfügung des Bundesrats zum Entsorgungsprogramm 2016 folgend, reichte die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle Nagra im Auftrag der Entsorgungspflichtigen zusammen mit dem Entsorgungsprogramm (EP) einen Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstrations-Plan (RD&D-Plan) ein.

Prüfung des Entsorgungsprogramms

Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI kommt aufgrund seiner Prüfung zum Schluss, dass die Nagra mit dem eingereichten Entsorgungsprogramm und RD&D-Plan den gesetzlichen Auftrag gemäss Art. 32 KEG und Art. 52 KEV – bezogen auf die vom ENSI zu prüfenden Aspekte – erfüllt hat.

Im Rahmen der Prüfung bewertete das ENSI alle Bundesratsauflagen zum Entsorgungsprogramm 2016 hinsichtlich ihrer Erfüllung. Das ENSI empfiehlt in seinem Gutachten auf Basis der geprüften Unterlagen für die zukünftigen Entsorgungsprogramme weitere Auflagenanträge. Spezifische Hinweise zu einzelnen Aspekten im Entsorgungsprogramm und RD&D-Plan, deren sicherheitstechnische Relevanz von untergeordneter Bedeutung ist und die im Rahmen der laufenden Aufsicht behandelt werden, sind in einem separaten Dokument (Hinweise aus der Beurteilung des Entsorgungsprogramms und des RD&D-Plans 2021) aufgeführt.

Realisierung von Tiefenlagern

Die von der Nagra in den Lagerkonzepten pro Lagertyp vorgesehenen Systeme gestaffelter, passiv wirkender technischer und natürlicher Barrieren beurteilt das ENSI als geeignet, um den gesetzlich geforderten dauernden Schutz von Mensch und Umwelt vor der ionisierenden Strahlung radioaktiver Abfälle zu gewährleisten. Der Grundsatz, dass sowohl die technischen als auch die geologischen Barrieren in signifikantem Masse zur Barrierenwirkung des Gesamtsystems beitragen, entspricht den behördlichen Vorgaben (ENSI-G03). Die Nagra zeigt im Entsorgungsprogramm zudem auf, wie die Lagerauslegung in den zukünftigen Bewilligungsschritten (Bau- und Betriebsbewilligung) optimiert werden soll.

Das ENSI kommt aufgrund seiner Prüfung und Beurteilung zum Schluss, dass die Entsorgungspflichtigen die gesetzlichen und behördlichen Vorgaben im vorgeschlagenen Plan zur Realisierung von Tiefenlagern korrekt berücksichtigt haben. Der Realisierungsplan bildet die aufeinanderfolgenden nuklearen Bewilligungsverfahren korrekt und transparent ab; dies gilt auch für das Verfahren zur Standortwahl. Zu einigen Aspekten bestehen Auflagen, die auch zukünftig gültig sind. Zu weiteren Aspekten wurden neue Auflagenanträge formuliert.

Prüfung des Forschungs- und Entwicklungsbedarfs

Im aktuellen RD&D-Plan erläutert die Nagra die geplanten Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten für die nächsten fünf bis zehn Jahre im Detail. Aktivitäten für den weiter in der Zukunft liegenden Zeitraum werden allgemeiner beschrieben.

Das ENSI prüfte, ob der von der Nagra für die geplanten RD&D-Aktivitäten veranschlagte Zeitrahmen realistisch ist und die Forschungsziele sinnvoll gewählt sind, um eine rechtzeitige Realisierung des geologischen Tiefenlagers zu ermöglichen. Für den Fall, dass die für die Meilensteine angestrebten Ziele nicht oder nicht vollumfänglich erreicht werden können, führt die Nagra im RD&D-Plan als einzige Konsequenz an, dass es zu zeitlichen Verzögerungen im Bewilligungsprozess kommen kann. Gemäss Art. 31 KEG ist ein Tiefenlager von den Entsorgungspflichtigen rechtzeitig bereitzustellen. Das ENSI empfiehlt der Nagra deshalb, im nächsten Entsorgungsprogramm vertiefter zu erläutern, mit welchen Massnahmen sie plant, Verzögerungen zu vermeiden bzw. möglichst klein zu halten.

Das ENSI hat des Weiteren geprüft, wie der Prozess der Identifikation und Priorisierung von Forschungsbedarf bei der Nagra abgewickelt wird. Die Nagra hat mit den im RD&D-Plan enthaltenen Roadmaps die wichtigen offenen Fragen aufgelistet und einen Zeitplan für deren Beantwortung erstellt. Mit den neu erstellten Roadmaps hat die Nagra das Thema der offenen Fragen angemessen behandelt. Aus Sicht des ENSI sind die Roadmaps in den nächsten Entsorgungsprogrammen zu aktualisieren.

Auflagenanträge zuhanden des Bundesrates

Auflagenantrag 1

Für das Rahmenbewilligungsgesuch sowie für künftige Aktualisierungen des Entsorgungsprogramms ist das Verpackungskonzept für die in Endlagerbehältern verpackten Abfälle sowie das verpackte Abfallvolumen an die aus dem Standortvorschlag der Nagra resultierenden Lagerkonzepte anzupassen. Zudem ist das Transportkonzept für die radioaktiven Abfälle von der Verpackungsanlage in das Tiefenlager zu erläutern. Bei der Wahl der Endlagerbehälter sind weitere sicherheitsrelevante Aspekte, wie die Handhabbarkeit, zu berücksichtigen.

Auflagenantrag 2

Im nächsten Entsorgungsprogramm ist mit Hilfe von Simulationswerkzeugen vertiefter auf die Übertragbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse im Pilotlager auf das Hauptlager einzugehen. Zudem sind der Umfang und der Inhalt der Messungen im Pilotlager stufengerecht weiter zu konkretisieren und dabei das Messprogramm auch im Hinblick auf die Lieferung von Information zum Kurz- und Langzeitverhalten des Mehrfachbarrierensystems und zur Entdeckung von unerwarteten Entwicklungen während der Beobachtungsphase bei Bedarf zu erweitern.

Auflagenantrag 3

Ein aktualisierter Datenmanagement-Plan ist im Rahmen der zukünftigen Entsorgungsprogramme jeweils einzureichen und in diesem ist festzulegen, wie mit den im Rahmen des Sachplans erarbeiteten und in den folgenden Schritten der Realisierung eines geologischen Tiefenlagers gesammelten und verarbeiteten Daten und Informationen umgegangen wird. Im Datenmanagement-Plan ist zu regeln, ab wann, für wie lange und in welcher Qualität welche Daten und Informationen aktiv verfügbar sind, welche Informationen langfristig archiviert werden, welche Technologien dafür eingesetzt werden und welche Ressourcen dazu notwendig sind.

Auflagenantrag 4

Im nächsten Entsorgungsprogramm ist die Parallelisierung von Prozessen in Zusammenhang mit der Abwicklung der EUU und der Erarbeitung der nuklearen Bau- und Betriebsbewilligungsgesuche zu konkretisieren. Ebenfalls sind darzustellen, welche zusätzlichen Daten bis zum Baugesuch SMA-Lagerteil, Hierarchiestufe H1, benötigt werden, um die Lagerteile für ein Kombilager sicherheitstechnisch optimal zu platzieren.

Auflagenantrag 5

Das Konzept zur Erhöhung der Anzahl Stellplätze für die Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente und verglaster hochaktiver Abfälle ist unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der aktuell laufenden Aktualisierung des Stellplatzkonzeptes für das nächste Entsorgungsprogramm weiterzuentwickeln.

Auflagenantrag 6

In künftigen Entsorgungsprogrammen sind in den RD&D-Plänen zu jedem Forschungsgebiet die Fortschritte der Forschungsprojekte gegenüber dem Stand im vorherigen RD&D-Plan aufzuzeigen. Dies betrifft insbesondere auch die Fälle, in denen ein Experiment nicht erfolgreich war oder abgebrochen wurde.

Auflagenantrag 7

Im Rahmen des nächsten Entsorgungsprogramms ist darzulegen, welche Strategien für die Verknüpfung von Daten, geometrischen Informationen und mathematischen Modellen für den Sicherheitsnachweis verfolgt werden. Dabei ist auch die mögliche Rolle moderner digitaler Konzepte, wie z. B. «Building Information Modelling» und «digitale Zwillinge», zu erläutern.