Die Kernkraftwerke im Hitzesommer
Hitzetage können einen Einfluss auf den Betrieb der Schweizer Kernanlagen haben. So darf etwa das KKW Beznau aus Gewässerschutzgründen nicht mit voller Leistung betrieben werden, wenn die Aare wärmer als 25 Grad Celsius ist. Sicherheitstechnisch sind Hitzetage für die Schweizer Kernanlagen jedoch kein Problem.
Gefährden Hitzesommer die Sicherheit der Schweizer Kernkraftwerke (KKW)? Diese Frage wird dem ENSI immer wieder gestellt. Die Antwort darauf ist ein klares Nein. Bereits 2016 erbrachten alle KKW die vom ENSI geforderten sicherheitstechnischen Nachweise, dass ihre Anlagen Hitzewellen mit maximalen Lufttemperaturen von 40 Grad Celsius oder mehr beherrschen. 2022 mussten die entsprechenden Nachweise erneuert werden. Nach eingehender Prüfung kam das ENSI erneut zum Schluss, dass Hitzeperioden kein Problem sind für die Schweizer KKW. Doch welche Werte mussten die Kernanlagen eigentlich nachweisen?
Erhöhung der Gefährdungsannahmen per 2022
Das ENSI hat 2022 die Gefährdungsannahmen für 10’000-jährliche Extremtemperaturen gegenüber dem Nachweis von 2016 erhöht. So mussten die KKW im Sommer 2022 nachweisen, dass sie erhöhten Lufttemperaturen zwischen 43.1 ˚C und 43.7 ˚C (bislang waren es 40 ˚C bis 42 ˚C) standhalten. (Es gelten standortspezifisch leicht unterschiedliche Werte für die verschiedenen Werke).
Generell hatte das ENSI 2022 die Gefährdungsannahmen für verschiedene Extremwetter-Ereignisse unter anderem wegen des Klimawandels neu festgelegt.
Rücksicht auf die Umwelt
Auch wenn Hitze die Kernanlagen sicherheitstechnisch nicht beeinträchtigt – einen Einfluss auf deren Betrieb können anhaltend heisse Tage dennoch haben. Während die KKW Gösgen und Leibstadt die nicht für die Stromerzeugung nutzbare Wärme über einen Kühlturm an die Luft abgeben, erfolgt die Rückkühlung des KKW Beznau direkt mittels Flusswasser. Hier gilt die Einleitungsbewilligung, die in der Gewässerschutzverordnung (GSchV) vorgeschrieben ist. Darin ist festgelegt, dass Kühlwasser nur in Fliessgewässer eingeleitet werden darf, solange die Flusstemperaturen 25 Grad Celsius nicht übersteigen.
Die Bestimmungen für Einleitungen in Fliessgewässer und Flussstaue im Wortlaut
- Die Temperatur des Kühlwassers darf höchstens 30 °C betragen; die Behörde kann kurzfristige, geringfügige Überschreitungen im Sommer zulassen. Die Aufwärmung des Gewässers darf gegenüber dem möglichst unbeeinflussten Zustand höchstens 3 °C, in Gewässerabschnitten der Forellenregion höchstens 1,5 °C, betragen; dabei darf die Wassertemperatur 25 °C nicht übersteigen.
- Das Einlaufbauwerk muss eine rasche Durchmischung gewährleisten.
- Das Gewässer darf nur so schnell aufgewärmt werden, dass keine nachteiligen Auswirkungen für Lebensgemeinschaften von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen entstehen.
Quelle: Anhang 3.3 Ziff. 21 Abs. 4 der GSchV
Ausnahmen von der Gewässerschutzverordnung konnten gewährt werden, wenn sie aus wichtigen Gründen wie der Netzstabilität unabdingbar waren. Für das KKW Beznau gilt seit dem 4. Juli 2019 eine Zwischenverfügung des Bundesamtes für Energie (BFE). Diese besagt, dass das KKW Beznau die in der Gewässerschutzverordnung festgelegte Temperaturlimite von 25°C für Fliessgewässer verbindlich einhalten muss. Wird der Wert überschritten oder droht überschritten zu werden, muss die Leistung des Kernkraftwerks Beznau gedrosselt oder dieses gar ganz heruntergefahren werden. Die Zwischenverfügung wurde zum Schutz der Umwelt, insbesondere der Fische erlassen, nachdem die Temperatur der Aare beim Kernkraftwerk Beznau im Hitzesommer 2018, während mehrerer Tage teilweise deutlich über 25°C betragen hatte.
Artikel aktualisiert am 15.08.2024