KKW Leibstadt: Reaktorschnellabschaltung am 29. April 2024
Betroffenes Werk / Titel
KKW Leibstadt: Reaktorschnellabschaltung über Öffnen des Blockleistungsschalters
Datum / Zeit
29. April 2024 / 11.55 Uhr
Sachverhalt
Das KKW Leibstadt befand sich im Abfahrprogramm zur Jahreshauptrevision, als sich am 29. April 2024 um 11.55 Uhr ein Vorkommnis ereignete: Während die sogenannten Einlassregelventile der Turbinen geschlossen wurden, um danach den Generator vom Netz zu trennen, öffnete sich zusätzlich zum geplanten Öffnen des Generatorschalters unerwartet der Blockleistungsschalter. Er öffnete sich in diesem Fall, weil der Generatorschutz fehlerhaft ausgelöst wurde.
Die Anlage stand zu diesem Zeitpunkt bei einer Reaktorleistung von 15 Prozent. Mit dem unerwarteten Öffnen des Blockleistungsschalters wurde die Anlage vom externen 400-kV-Netz getrennt. Dies zog den Ausfall einer Reihe von Komponenten nach sich, unter anderem waren die Pumpen fürs Speise- und Hauptkühlwasser betroffen, sodass das Reaktorschutzsystem die automatische Reaktorschnellabschaltung auslöste. Die Stromversorgung der benötigten Komponenten zur Stabilisierung und zum Abfahren der Anlage erfolgte über das Reservenetz. Die Anlage reagierte damit auslegungsgemäss. Der Reaktor wurde stabilisiert und die Anlage anschliessend weiter für die Jahreshauptrevision abgefahren.
Einstufung (nach Richtlinie ENSI-B03)
INES: 0 (unterhalb der Skala)
Massnahmen des Betreibers
Der Betreiber klärt Optimierungen des Generatorschutzes (Schalterversagerschutzfunktion) bei einem geringen Generatorstrom ab.
Massnahmen des ENSI
Das ENSI fordert vom Betreiber, ihm die Ergebnisse der Abklärungen einzureichen.
Beurteilung durch das ENSI
Das Ereignis war von sicherheitstechnischer Bedeutung: Mehrere Funktionen betrieblicher Komponenten wurden unverfügbar; die Anlage reagierte auslegungsgemäss mit einer Reaktorschnellabschaltung. Gleichzeitig war der Notstromdieselgenerator einer Redundanz wartungsbedingt unverfügbar. Das Vorkommnis führte zu einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit für einen Kernschaden, die grösser als 1 zu 100 Millionen war. Die grundlegenden Sicherheitsfunktionen waren erfüllt. Das Vorkommnis hatte keine radiologische Auswirkung auf Personal, Anlage oder Umgebung.
Kriterien für die Aufschaltung auf der ENSI-Website
- Auslösen eines Sicherheitssystems
- Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt
Das ENSI informiert die Öffentlichkeit in seinem jährlichen Aufsichtsbericht über sämtliche meldepflichtige Vorkommnisse im Bereich der nuklearen Sicherheit. Über Vorkommnisse, die eines der folgenden Kriterien erfüllen, informiert das ENSI auf der Website laufend:
- INES-Stufe 1 oder höher,
- Auslösung von Sicherheitssystemen,
- Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt,
- Inkorporation radioaktiver Stoffe mit einer Folgedosis von mehr als 1 mSv.