Schwerpunktinspektion zeigt: Gefilterte Druckentlastung ist in Schweizer KKW gewährleistet

Schwerpunktinspektion zeigt: Gefilterte Druckentlastung ist in Schweizer KKW gewährleistet
Ventil zur gefilterten Druckentlastung (Venting).

Vor fast einem Jahr haben in Fukushima auch Probleme mit der Druckentlastung (Venting) zu Komplikationen geführt. Aus dieser Erkenntnis heraus hat das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI die Schweizer Venting-Systeme überprüft. Die Schwerpunktinspektionen in Schweizer Kernkraftwerken haben gezeigt, dass der sichere Betrieb der Venting-Systeme hierzulande gewährleistet ist und damit Schäden durch Überdruck am Containment verhindert werden können.

In sämtlichen Schweizer Kernkraftwerken sind seit vielen Jahren Systeme zur gefilterten Druckentlastung (Venting) installiert. Sie haben die Funktion eines Sicherheitsventils, das den gasdichten Sicherheitsbehälter (Containment) vor Beschädigungen durch Überdruck schützt. Im Unterschied zu Fukushima erfolgt die Druckentlastung über leistungsfähige Filter, welche einen grossen Teil der radioaktiven Stoffe zurückhalten.

Das Containment ist die Barriere zwischen Reaktordruckbehälter und Umwelt. Deshalb „ist es sicherheitstechnisch ein wichtiges Schutzziel, dass dieser Behälter unbeschädigt und damit dicht bleibt“, hält Georg Schwarz, stellvertretender ENSI-Direktor und Leiter des Aufsichtsbereichs Kernkraftwerke, fest.

Übersteigt der Druck im Containment einen bestimmten Grenzwert, kann es dank des Ventingsystems entlastet und damit eine Beschädigung beziehungsweise ein Leck vermieden werden. Das Venting kann manuell oder automatisch ausgelöst werden. Wie wichtig eine funktionierende gefilterte Druckentlastung ist, haben die Ereignisse in Fukushima vor fast einem Jahr deutlich gezeigt.

 

Probleme mit dem Venting-System führten in Fukushima zu Explosionen

In Fukushima kam es im März 2011 in drei beschädigten Reaktoren zu Komplikationen wegen der nicht funktionierenden Druckentlastung. Die Analyse der Ereignisse in Fukushima durch das ENSI hat folgende Schwierigkeiten aufgezeigt:

  • Die Elektronik der Armaturen stand infolge des Stromausfalls nicht mehr zur Verfügung, wodurch eine Bedienung des Ventingsystems vom Kontrollraum aus nicht möglich war.
  • Die Handbedienung der Armaturen vor Ort war wegen den hohen Ortsdosisleistungen innerhalb der Anlage nicht möglich.
  • Lecks und ungünstig geführte Leitungen führten dazu, dass es zu einer Ansammlung von Wasserstoff im Reaktorgebäude kam. Dieser entzündete sich und durch die Knallgas-Explosionen wurde ein Teil der Hülle und die Installationen der Reaktorgebäude zerstört.

Aufgrund dieser Erkenntnisse, die im Fukushima-Bericht III „Lessons Learned“ ausführlich beschrieben sind, hat das ENSI im November und Dezember 2011 Schwerpunktinspektionen in sämtlichen Schweizer Kernkraftwerken durchgeführt.

 

Schwerpunktinspektion in der Schweiz weist sicheren Betrieb aus

Ziel der Schwerpunktinspektion war es, eine Bestandsaufnahme der in den Schweizer Kernkraftwerken installierten Venting-Systeme vorzunehmen. Weiter sollte durch die Inspektion geprüft werden, ob die Anforderungen, die sich aus den Erkenntnissen der Ereignisse aus Fukushima ergeben haben, erfüllt sind. Konkret:

  • Wie verhält sich das System der Druckentlastung bei Stromausfall?
  • Sind die Leitungen für befugte Mitarbeiter frei zugänglich?
  • Sind die Vorschriften zum Venting und dessen Arbeitsschritte angemessen und klar?

Die Antwort auf diese Fragen fällt für Georg Schwarz mehrheitlich positiv aus: „Die Ergebnisse unserer Schwerpunktinspektionen zeigen, dass die Schweizer Kraftwerke die grundlegenden ENSI-Vorgaben zur gefilterten Druckentlastung einhalten.“

Der Betrieb des Venting-Systems ist in allen Schweizer Kernkraftwerken auch während eines Stromausfalls gewährleistet. Die Leitungen sind in allen Kernkraftwerken auch unter erschwerten Bedingungen zugänglich. „Unsere Inspektionen haben aber auch einige Punkte zum Vorschein gebracht, welche die Kraftwerksbetreiber jetzt verbessern müssen.“

Die Resultate aus der Schwerpunktinspektion der Systeme zur gefilterten Druckentlastung im Einzelnen (PDF, 0.5 MB)

 

Prüfung im Rahmen des EU-Stresstest: Klärungsbedarf in Gösgen und Leibstadt

Unabhängig von der Bestandsaufnahme der Ventingsysteme in den Schwerpunktinspektionen des ENSI widmete sich die Analyse der EU-Stresstests der Auslegung auf äussere Einwirkungen – im Falle der Ventingsysteme insbesondere auf Erdbeben.

Die Stresstest-Untersuchungen haben gezeigt, dass die Venting-Systeme in den Kernkraftwerken Gösgen und Leibstadt eine geringere Erdbebenfestigkeit aufweisen als die zugehörigen Containments. Das ENSI hat deshalb die beiden Werke am 10. Januar 2012 mit Verfügungen verpflichtet, die Erdbebenfestigkeit des Venting-Systems zu überprüfen und die Ergebnisse der Überprüfung dem ENSI bis zum 30. September 2012 einzureichen. Bis 31. Dezember 2012 sind Massnahmen zur Verbesserungen der Erdbebenfestigkeit des Druckentlastungsystems vorzuschlagen.

Es bleiben noch einige wenige Detailpunkte offen. Das ENSI arbeitet weiter daran, diese „offenen Punkte“ als Teil Ihrer Beaufsichtigung der nuklearen Sicherheit in der Schweiz abzuhandeln.