Geologisches Tiefenlager
Anlage im geologischen Untergrund, die verschlossen werden kann, sofern der dauernde Schutz von Mensch und Umwelt durch passive Barrieren sichergestellt wird (KEG). Ein geologisches Tiefenlager besteht aus dem Hauptlager zur Aufnahme der radioaktiven Abfälle, aus einem Pilotlager und aus Testbereichen(Art. 64 KEV) sowie den erforderlichen unterirdischen Zugangsbauwerken (ENSI-G03).
Gemäss Art. 49 KEG gehören zu einer Kernanlage auch die mit dem Bau und Betrieb zusammenhängenden Erschliessungsanlagen und Installationsplätze (gemäss SGT Konzeptteil Oberflächeninfrastruktur). Zum geologischen Tiefenlager gehören zusätzlich die Standorte für die Verwertung und Ablagerung von Ausbruch-, Aushub- oder Abbruchmaterial, die in einem engen räumlichen und funktionalen Zusammenhang mit dem Projekt stehen.
Geologisches Standortgebiet
Die geologischen Standortgebiete werden definiert durch die für die Lagerung der radioaktiven Abfälle geeigneten geologischen Gesteinskörper im Untergrund (SGT, S. 23). Die geologischen Standortgebiete wurden in Etappe 1 SGT festgelegt, deren Anzahl und genauen Umrisse werden spätestens im Rahmen von Etappe 3 SGT präzisiert werden.
Lagerbereich
Dieser Begriff wird im Kernenergiegesetz bzw. in Etappe 3 SGT in Zusammenhang mit der Rahmenbewilligung verwendet. Mit der Rahmenbewilligung werden Kriterien festgelegt, bei deren Nichterfüllung ein vorgesehener Lagerbereich wegen fehlender Eignung ausgeschlossen wird (Art. 14 Abs. 1 Bst. f Ziff. 1 KEG). Die Kriterien beziehen sich gemäss Artikel 63 KEV auf
- die Ausdehnung geeigneter Wirtgesteinsbereiche;
- die hydrogeologischen Verhältnisse am Standort;
- die Verweilzeit des Tiefengrundwassers.
Lagerstandort
Siehe Standort
Oberflächenanlage
Der Begriff «Oberflächenanlagen» wird (im Plural) im Konzeptteil SGT an verschiedenen Stellen verwendet. Im Zusammenhang mit der Arbeitsaufnahme der Fachgruppen der regionalen Partizipation und der Bekanntgabe der Standortareale für die Oberflächenanlage ergab sich das Bedürfnis nach einer Präzisierung. Unter «Oberflächenanlage» (Singular) werden die Gebäude beim Zugang zu den unterirdischen Lagerbereichen zusammengefasst (Administrations- und Betriebsgebäude, Verpackungsanlage, Besucherzentrum, Anlieferungsterminal usw.). Schachtköpfe, abseits vom Standortareal, gehören zur Oberflächeninfrastruktur, aber gemäss dieser Definition nicht zur Oberflächenanlage.
Oberflächeninfrastruktur
Die Oberflächeninfrastruktur bezeichnet alle Anlagen an der Oberfläche (Oberflächenanlage, Schachtköpfe, Deponien, Erschliessung).
Planungsperimeter
Der Planungsperimeter bezeichnet den geographischen Raum, welcher durch die Ausdehnung des geologischen Standortgebiets unter Berücksichtigung von möglichen Anordnungen der benötigten Anlagen an der Oberfläche festgelegt wird (SGT, S. 23). Die Planungsperimeter wurden im Ergebnisbericht zu Etappe 1 SGT festgelegt und vom Bundesrat 2011 verabschiedet.
Pilotlager
Eigenständiger, vom Hauptlager abgetrennter Teil des geologischen Tiefenlagers, in dem das Verhalten der Abfälle, der Verfüllung und des Wirtgesteins bis zum Ablauf der Beobachtungsphase überwacht wird (ENSI G-03).
Schachtanlagen (Bauschacht, Betriebsschacht, Lüftungsschacht)
Vertikale Verbindungsstrecken zwischen Oberfläche und geologischem Tiefenlager und deren zugehörige Gebäude. Anzahl und genaue Lage der Schachtanlagen werden mit der Baubewilligung festgelegt. Der Platzbedarf für Infrastrukturbauten bei allfälligen Schachtanlagen mit 2 Schachtköpfen beträgt etwa 2 ha (NTB 11-01).
Schutzbereich
Der Schutzbereich ist gemäss Art. 40 KEG der Raum im Untergrund, in dem Eingriffe die Sicherheit des Lagers beeinträchtigen könnten. Der Schutzbereich eines geologischen Tiefenlagers ist auf der Grundlage des zur Bewilligung des Projekts vorgelegten Berichts zur Langzeitsicherheit festzulegen. Er muss umfassen, alle Teile des Tiefenlagers, inklusive der Zugänge, die Gesteinsbereiche, die den hydraulischen Einschluss des Tiefenlagers bewirken, die Gesteinsbereiche, die einen wesentlichen Beitrag zur Rückhaltung der Radionuklide liefern, die im Laufe der Zeit aus dem Lager freigesetzt werden könnten. Nach Erteilung der Rahmenbewilligung meldet das Bundesamt beim Grundbuchamt auf den vom Perimeter erfassten Grundstücken die Anmerkung «vorläufiger Schutzbereich geologisches Tiefenlager» an. Nach Erteilung der Betriebsbewilligung meldet es die Anmerkung «definitiver Schutzbereich geologisches Tiefenlager » an (Art. 70 KEV).
Standort
Im Konzeptteil SGT wird der Begriff «Standort» mehrdeutig verwendet und im Glossar nicht definiert. Je nach Verwendung umfasst er:
- die Lage des Standortareals oder weiterer Teile der Oberflächeninfrastruktur
- das geologische Standortgebiet (bzw. desjenigen Teils, der für das geologische Tiefenlager verwendet wird) mit oder ohne die untertägigen Zugangsbauwerke
- beides gleichzeitig
Der Begriff wird im Konzeptteil SGT erst ab Etappe 2 verwendet. Ziel von Etappe 2 ist die «Auswahl von mindestens zwei Standorten je für SMA und HAA». Damit ist nicht nur die Wahl von Standortarealen (an der Oberfläche), sondern auch der dazugehörenden geologischen Standortgebiete (im Untergrund) gemeint.
Bedeutung des Begriffs «Standort» im Zusammenhang mit:
- den provisorischen Sicherheitsanalysen: Diese werden für die geologischen Standortgebiete unter Berücksichtigung der zugehörigen Standortareale und der jeweils bezeichneten untertägigen Lagerperimeter durchgeführt.
- der raumplanerischen Beurteilungsmethodik für den Standortvergleich in Etappe 2 SGT: Die möglichen Auswirkungen eines Tiefenlagers auf die Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft einer Standortregion werden in der sozioökonomisch-ökologischen Wirkungsstudie SÖW ermittelt.
- Aufgrund der Resultate des sicherheitstechnischen Vergleichs (inkl. provisorische Sicherheitsanalysen und Prüfung der bautechnischen Machbarkeit) und nachgeordnet der SÖW wird die Nagra eine Einengung vornehmen und mindestens je zwei geologische Standortgebiete (inkl. Standortareale) pro Lagertyp vorschlagen. Die am Ende von Etappe 2 SGT festgelegten Standortareale werden als Zwischenergebnis in den SGT aufgenommen. Die dazugehörenden geologischen Standortgebiete ändern ihren Koordinationsstand und werden ebenfalls zum Zwischenergebnis. Die restlichen geologischen Standortgebiete aus Etappe 1 SGT hingegen bleiben als Vororientierung im SGT gesichert.
- Festsetzung von Standorten in Etappe 3 SGT nach Raumplanungsgesetz bzw. Festlegung von Standorten nach Kernenergiegesetz: Ende Etappe 3 SGT werden nicht nur die Standortareale bzw. die Oberflächeninfrastruktur festgelegt, sondern auch das jeweilig dazu gehörende geologische Standortgebiet im Untergrund. In welchem Teil des geologischen Standortgebiets das Tiefenlager angeordnet wird, hängt von den Resultaten der zusätzlichen Untersuchungen in Etappe 3 SGT ab. Zudem wird mit der Rahmenbewilligung ein provisorischer Schutzbereich eingerichtet. Dieser umfasst alle Teile des Tiefenlagers, inklusive der Zugänge; die Gesteinsbereiche, die den hydraulischen Einschluss des Tiefenlagers bewirken; die Gesteinsbereiche, die einen wesentlichen Beitrag zur Rückhaltung der Radionuklide liefern (einschlusswirksamer Gebirgsbereich, vgl. Art. 70 Abs. 1 Bst. a–c KEV).
Standortareal
Das Standortareal umfasst den Platz für die Oberflächenanlage eines geologischen Tiefenlagers.
Standortregion
Die Standortregion setzt sich zusammen aus den Standortgemeinden (unterhalb deren Gemeindegrenzen ein geologisches Standortgebiet ganz oder teilweise liegt, SGT, S. 91) sowie den Gemeinden, welche ganz oder teilweise im Planungsperimeter liegen. Zusätzlich und in begründeten Fällen können weitere Gemeinden zur Standortregion gezählt werden (SGT, S. 23).
Testbereiche
Eigenständige Teile des geologischen Tiefenlagers, um die sicherheitsrelevanten Eigenschaften des Wirtgesteins oder der technischen Barrieren zur Erhärtung des Sicherheitsnachweises vertieft abzuklären, oder um sicherheitsrelevante Techniken zu erproben und deren Funktionstüchtigkeit nachzuweisen (ENSI G-03).
Untertägiger Lagerperimeter
In Etappe 2 SGT muss die Nagra die Relevanz der Variabilität wichtiger Eigenschaften innerhalb des geologischen Standortgebiets prüfen. Für diese Evaluation kann sie bei Bedarf die geologischen Standortgebiete in untertägige Lagerperimeter aufteilen. Allfällige Unterschiede der untertägigen Erschliessung (Rampe, Schacht) der Lagerperimeter werden für die bezeichneten Standortareale evaluiert und je nach Bedeutung bei der Bewertung und Einengung der geologischen Standortgebiete berücksichtigt. Die provisorischen Sicherheitsanalysen werden für die geologischen Standortgebiete unter Berücksichtigung der zugehörigen Standortareale und der jeweils bezeichneten untertägigen Lagerperimeter durchgeführt.
Zugangsbauwerke zur Erschliessung des geologischen Tiefenlagers
Ein geologisches Tiefenlager (Hauptlager, Pilotlager und Testbereiche) kann durch Schächte, Zugangstunnel (Rampe) oder Kombinationen von beiden erschlossen werden.
Referenzen
ENSI-G03: Spezifische Auslegungsgrundsätze für geologische Tiefenlager und Anforderungen an den Sicherheitsnachweis, Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat, Richtlinie, Würenlingen, 2009.
KEG Kernenergiegesetz vom 21. März 2003, Schweiz, SR 732.1
KEV : Kernenergieverordnung vom 10. Dezember 2004, Schweiz, SR 732.11
NTB 11-01: Vorschläge zur Platzierung der Standortareale für die Oberflächenanlage der geologischen Tiefenlager sowie zu deren Erschliessung – Genereller Bericht und Beilagenband, Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle, Nagra Technischer Bericht, Wettingen, 2011.
SGT: BFE (2008): Sachplan geologische Tiefenlager – Konzeptteil, Bundesamt für Energie