Technisches Forum Sicherheit

Frage 155: Berücksichtigung neuer Erkenntnisse

Wie stellt das ENSI systematisch sicher, dass allfällig gemachte Fehler und Erkenntnisse aus dem In- und Ausland öffentlich dokumentiert und genutzt werden, um die rechtsverbindlichen Vorgaben für ein geologisches Tiefenlager in der Schweiz zu optimieren und nachzubessern? Wie wird dieser Verbesserungsprozess auch nach Erteilung der Rahmenbewilligung, der Baubewilligung und der Betriebsbewilligung weiter umgesetzt?

Thema Bereich
Eingegangen am 19. November 2020 Fragende Instanz FG Si NL
Status beantwortet
Beantwortet am 25. März 2021 Beantwortet von

Beantwortet von ENSI

Gemäss Kernenergiegesetzgebung hat der Bewilligungsinhaber die gesetzliche Pflicht, die Entwicklung von Wissenschaft und Technik sowie die Betriebserfahrungen vergleichbarer Anlagen verfolgen und entsprechend Massnahmen treffen, um die Anlage in einem guten Zustand zu erhalten. Erkenntnisse aus dem In- und Ausland fliessen auch in die Aufsicht des ENSI über Tiefenlager ein. Vorkommnisse sind ein wichtiger Bestandteil dieser Betriebserfahrung. Das ENSI beschreibt Vorkommnisse, die sich weltweit ereigneten und für die Schweiz relevant sind, in seinem jährlichen Erfahrungs- und Forschungsbericht sowie nationale Vorkommnisse auf seiner Webseite.

Das Kernenergiegesetz (KEG) schreibt in Artikel 22 vor, dass der Bewilligungsinhaber für die Sicherheit der Anlage und des Betriebs einer Kernanlage verantwortlich ist. Dazu muss er insbesondere Massnahmen treffen, um die Anlage in einem guten Zustand zu erhalten.

Gemäss Art. 22 KEG und Art. 36 Kernenergieverordnung (KEV) hat der Betreiber die gesetzliche Pflicht, die Entwicklung von Wissenschaft und Technik sowie die Betriebserfahrungen vergleichbarer Anlagen verfolgen. Er hat Nachprüfungen sowie systematische Sicherheits- und Sicherungsbewertungen während der ganzen Lebensdauer der Anlage durchzuführen und die Anlage soweit nachzurüsten, als dies nach der Erfahrung und dem Stand der Nachrüstungstechnik notwendig ist, und darüber hinaus, soweit dies zu einer weiteren Verminderung der Gefährdung beiträgt und angemessen ist.

Das ENSI ist in ein internationales Netzwerk der IAEA zur Erfassung und Verbreitung von Betriebserfahrung eingebunden. Über diesen Verbund erhält das ENSI Informationen aus Kernanlagen rund um den Globus und stellt im Gegenzug Betriebserfahrung aus Schweizer Kernanlagen zur Verfügung. Vorkommnisse sind ein wichtiger Bestandteil dieser Betriebserfahrung.

Das ENSI verfolgt kontinuierlich eingehende Meldungen über Vorkommnisse in ausländischen Kernanlagen und, wenn genügende Information vorhanden ist, wertet diese durch Fachgruppen und -spezialisten aus. Es klärt, ob ein Vorkommnis Auswirkungen auf die Schweiz oder Relevanz für Schweizer Anlagen hat, und falls ja, welche Massnahmen eingeleitet werden müssen. Die aus Vorkommnissen gewonnenen Erkenntnisse können somit direkt in die Aufsichtstätigkeit des ENSI einfliessen. Dies gilt für geplante Anlagen wie auch für Anlagen die im Betrieb sind.

Das ENSI beschreibt in seinen jährlichen Erfahrungs- und Forschungsberichten ausgewählte wichtige Vorkommnisse oder im Zusammenhang mit Betriebserfahrung publizierte Erkenntnisse, die im jeweiligen Jahr vom ENSI in Bezug auf ihre Relevanz für die Schweiz bewertet wurden. Beispielsweise hat das ENSI in seinen Erfahrungs- und Forschungsberichten 2014, 2015 und 2016 die Vorkommnisse in der «Waste Isolation Pilot Plant», New Mexico, USA – Fahrzeugbrand und Radionuklidfreisetzung beschrieben (vgl. Antwort zu Frage 129).