Technisches Forum Entsorgungsnachweis

Frage 35: Entsorgung

  1. Warum wurde die Entsorgungsfrage nicht vor dem Einsatz (Bau) der AKWs gelöst?
  2. Warum darf etwas produziert werden, wenn die Entsorgung über Jahrzehnte ungelöst ist?
  3. Warum wurde der Begriff „Entsorgung“ verwendet? Es handelt sich nicht um eine Entsorgung sondern um eine „Endlagerung“. Wie könnte man diese Abfälle denn „entsorgen“? Gibt es eine Möglichkeit diese Abfälle ins Magma des Erdinnern zu bringen?
  4. Abfälle vermeiden ist einfacher als entsorgen oder etwa nicht?
Thema , , Bereich | |
Eingegangen am 23. Dezember 2005 Fragende Instanz Informationsveranstaltung Trüllikon
Status beantwortet
Beantwortet am 23. Dezember 2005 Beantwortet von ,

Beantwortet von ENSI

c) Warum wurde der Begriff „Entsorgung“ verwendet? Es handelt sich nicht um eine Entsorgung sondern um eine „Endlagerung“. Wie könnte man diese Abfälle denn „entsorgen“? Gibt es eine Möglichkeit diese Abfälle ins Magma des Erdinnern zu bringen?

„Entsorgung“ ist der Oberbegriff, mit dem man die Schritte zur Beseitigung der radioaktiven Abfälle bezeichnet. Der Begriff ist im neuen Kernenergiegesetz vom 21. März 2003 definiert.

Die Entsorgung umfasst drei wesentliche Schritte:

  • Konditionierung: Gesamtheit der Operationen, mit welchen radioaktive Abfälle für die Zwischenlagerung oder für die Lagerung in einem geologischen Tiefenlager vorbereitet werden; insbesondere die mechanische Verkleinerung, die Dekontamination, die Verpressung, die Verbrennung, die Einbettung in Abfallmatrizen und die Verpackung.
  • Zwischenlagerung: Lagerung geeignet konditionierter und verpackter radioaktiver Abfälle unter kontrollierten Bedingungen bis zur Beseitigung.
  • Geologische Tiefenlagerung: Verbringung radioaktiver Abfälle in ein geologisches Tiefenlager.

Gemäss Kernenergiegesetz ist die Entsorgungspflicht erst erfüllt, wenn die radioaktiven Abfälle in ein geologisches Tiefenlager verbracht worden sind und die finanziellen Mittel für die Beobachtungsphase und den allfälligen Verschluss sichergestellt sind. Ein geologisches Tiefenlager ist eine Anlage im geologischen Untergrund, die verschlossen werden kann, sofern der dauernde Schutz von Mensch und Umwelt durch passive Barrieren sichergestellt wird.

Hinsichtlich der Möglichkeiten zur Beseitigung von radioaktiven Abfällen wird auf die Antwort zur Frage 31 c) verwiesen.

d) Abfälle vermeiden ist einfacher als entsorgen oder etwa nicht?

Es gilt folgender im Strahlenschutzgesetz vom 22. März 1991 festgehaltener Grundsatz, der im neuen Kernenergiegesetz vom 21. März 2003 als Art. 30 aufgenommen wurde: „Mit radioaktiven Stoffen ist so umzugehen, dass möglichst wenig radioaktive Abfälle entstehen“. Die HSK als Aufsichtsbehörde über die schweizerischen Kernanlagen wacht darüber, dass dieser Grundsatz tatsächlich angewendet wird.

Aus jeder industriellen Tätigkeit, so auch aus der Elektrizitätsproduktion, fallen Abfälle an. Anhand der Erfahrungen ist der Betrieb der schweizerischen Kernkraftwerke so optimiert worden, dass neben der hohen Sicherheit auch möglichst wenig radioaktive Abfälle entstehen.

Den hinsichtlich der Radioaktivität wesentlichsten Abfallpfad stellen die abgebrannten Brennelemente dar, die periodisch ersetzt werden müssen. Die abgebrannten Brennelemente wurden bisher der Wiederaufarbeitung im Ausland zugeführt. Dabei werden die nutzbaren Elemente Uran und Plutonium abgetrennt und zur Herstellung von neuen Brennelementen verwendet. Die verbleibenden Teile werden als Abfälle behandelt, die zurückgenommen werden müssen. Die Verarbeitung der Wiederaufarbeitungsabfälle wurde optimiert, so dass sich die zurückzunehmenden Abfallvolumina deutlich verkleinert haben. Heute wird die Zwischenlagerung der abgebrannten Brennelemente bevorzugt; so entstehen vorerst keine Wiederaufarbeitungsabfälle. Zu einem späteren Zeitpunkt wird dann entschieden, ob die abgebrannten Brennelemente doch wiederaufgearbeitet werden, oder als Abfall in ein geologisches Tiefenlager zur Beseitigung geführt werden. Aus dem Betrieb und der Instandhaltung eines Kernkraftwerks entstehen zudem so genannte radioaktive Betriebsabfälle. Auch die Mengen dieser Abfälle sind durch Prozessoptimierungen deutlich reduziert worden.

Dem Minimierungsgrundsatz wird somit entsprochen. Es bleibt aber die Pflicht, die anfallenden radioaktiven Abfälle dauernd und sicher zu entsorgen. Hinsichtlich der Entsorgungspflicht wird auf die Antwort auf die Frage 35 c) verwiesen.

 

Beantwortet von BFE

a) Warum wurde die Entsorgungsfrage nicht vor dem Einsatz (Bau) der AKWs gelöst?

Ab den 50er Jahren gab es radioaktive Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung (MIFAbfälle), welche auf herkömmliche Art (Deponien, Abwasser) beseitigt wurden. Mit dem Versuchsreaktor Lucens (Reaktorunfall 1969) und der Inbetriebnahme des ersten Kernkraftwerkes Beznau 1 1969 entstehen Abfälle auch in der Stromproduktion. Die schwach radioaktiven Abfälle (inklussiv MIF-Abfälle) wurden bis zum Verbot 1983 in internationalen Aktionen zusammen mit anderen Staaten im Meer versenkt. Der Bundesbeschluss zum Atomgesetz 1978 verankert das Verursacherprinzip. Der Erzeuger radioaktiver Abfälle muss für die dauernde sichere Entsorgung und Endlagerung auf eigene Kosten aufkommen.

b) Warum darf etwas produziert werden, wenn die Entsorgung über Jahrzehnte ungelöst ist?

Neu entwickelte Technologien bringen oft ungewünschte Nebenprodukte mit sich, für die Vermeidungs- oder Entsorgungslösungen erst entwickelt werden müssen, wie z.B. im motorisierten Verkehr oder in der chemischen Industrie. So auch in der Nutzung der Kernspaltung, sei es zur Stromproduktion oder in der Medizin, Industrie und Forschung. Als Auflage mussten die Kraftwerkbetreiber den Nachweis erbringen, dass für alle Abfallkategorien «Gewähr für sichere und dauernde Entsorgung und Endlagerung» geboten ist, sonst würde die Rahmenbewilligung für neue Kernkraftwerke nicht erteilt werden. Im Jahr 1988 befand der Bundesrat, dass dieser Nachweis für schwach- und mittelaktive Abfälle erbracht ist, für hochaktive aber nur teilweise.

Für hochaktive Abfälle wurden ergänzende Arbeiten zur vorgeschlagenen Lagerung im kristallinen Grundgebirge und neu die Erkundung von Sedimentgesteinen gefordert.