Technisches Forum Kernkraftwerke

Frage 26: Flugzeugabsturz auf ein Kernkraftwerk

Der Tagesanzeiger berichtet, dass der Schweizer Datenschutzbeauftragte im Zusammenhang mit einem Flugzeugabsturz auf ein Kernkraftwerk von der „Gefahr einer grossräumigen radioaktiven Verstrahlung“ spricht, ohne dass dargestellt wird, in welchem Kontext diese Aussage steht.

Ergänzend zu der noch offenen Frage 22 bitten wir um eine Aussage des ENSI, ob eine derartige Gefährdung sicher ausgeschlossen werden kann.

Thema Bereich
Eingegangen am 2. Dezember 2015 Fragende Instanz Landkreis Waldshut
Status beantwortet
Beantwortet am 2. Juni 2016 Beantwortet von

Beantwortet von ENSI

Die in der Frage zitierte Passage stammt aus der Empfehlung des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) vom 16. September 2015 zu einem Einsichtsgesuch in amtliche Dokumente zum vorsätzlichen Flugzeugabsturz. Die Passage kommt in zwei Textstellen in dieser EDÖB-Empfehlung vor. Beide Textstellen stützen sich auf vom ENSI gegenüber dem EDÖB angeführte Argumente.

Die erste Textstelle enthält eine vom ENSI angeführte generelle Begründung, wieso kernkraftwerksbezogene Information zu schützen ist. Das ENSI hat darin Bezug genommen auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.

Das Bundesverwaltungsgericht vertritt zum Informationsschutz die Position, in einem Verwaltungsverfahren sei die Akteneinsicht zu verweigern, wenn Akten Informationen enthalten, deren Kenntnisnahme durch Unberechtigte die innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft gefährde. Zum Informationsschutz bei Kernkraftwerken vertritt das Bundesverwaltungsgericht die Haltung, eine Informationsweitergabe könnte kriminelle Einwirkungen auf Kernkraftwerke begünstigen. Und letztere könnten aufgrund der Gefahr einer grossräumigen radioaktiven Verstrahlung weitreichende Beeinträchtigungen für grosse Teile der Bevölkerung in den Gebieten rund um die Anlage und generell ein hohes Schadenspotenzial zur Folge haben.
In der zweiten Textstelle wird diese Begründung auf die vom Gesuchsteller beantragten Dokumente angewandt.

Die ganze Argumentation gründet auf dem Zusammenhang zwischen dem Inventar an radioaktiven Stoffen und dem Gefährdungspotenzial einer Kernanlage. Kernkraftwerke verfügen technologiebedingt über ein grosses Inventar an radioaktiven Stoffen und sind deshalb mit einem grossen Gefährdungspotenzial verbunden. Zur wirksamen Vermeidung grosser Freisetzungen radioaktiver Stoffe ist eine umfassende Sicherheitsvorsorge notwendig. Diese umfasst bei Kernkraftwerken gestaffelte Sicherheitsebenen, mehrfache Barrieren, die Redundanz und Diversität von Sicherheitssystemen, eine hohe Qualität der Ausrüstungen und Bauten, eine robuste Auslegung mit Sicherheitszuschlägen sowie Sicherungsmassnahmen einschliesslich Informationsschutz.

Wie bereits im März 2003 kommuniziert, kann eine grosse Freisetzung radioaktiver Stoffe nicht mit absoluter Sicherheit (d.h. „Nullrisiko“) ausgeschlossen werden, doch wird im von der Gesellschaft in den Gesetzen festgelegten Rahmen Vorsorge getroffen, um eine grosse Freisetzung radioaktiver Stoffe wirksam zu vermeiden. Die mit dem Betrieb der Kernkraftwerke verbundenen, sehr geringen Freisetzungsrisiken aufgrund schwerer Unfälle werden vom ENSI regelmässig im Rahmen der Stellungnahmen zu den Periodischen Sicherheitsüberprüfungen publiziert.