Technisches Forum Kernkraftwerke

Frage 45: Hebekräne im KKL bezüglich Erdbebensicherheit/Erdbebenertüchtigung

Hebekräne im KKL bezüglich Erdbebensicherheit/Erdbebenertüchtigung

Sachverhalt

Im 2019 hat das ENSI seine Stellungnahme zur Periodischen Sicherheitsüberprüfung (PSÜ) des KKL, welches den Beurteilungszeitraum 2006 bis 2015 umfasst, veröffentlicht. In diesem stellte das ENSI Forderungen zur Erdbebenertüchtigung zum 115-t-/5t-Polarkran sowie dem 130-t-Brennelementlagerkran.

Zum 115-t-/5t-Polarkran:

  • Das KKL schreibt: Weiterhin bestehen nur kleine Margen für den Festigkeitsnachweis bei Sicherheitserdbeben für die Tragwerke (Katz- und Krantragwerk).
  • Das Ensi schreibt: Weiterhin sind auch kleine Sicherheitsmargen an lokalen Schwachstellen des Tragwerks, vor allem beim Polarkran an der Katze und an der Brücke, vorhanden.
  • Das Ensi fordert: 4.6-2 a) Zur Ertüchtigung des Tragwerks des 115-t-/5-t-Polarkrans sind dem ENSI Konzepte für Normalbetrieb und Erdbebenbelastung (Sicherheitserdbeben) bis zum 15. Dezember 2020 einzureichen.

Zum 130-t-Brennelmentlagerkran:

  • Das KKL schreibt: Abweichend davon bestehen für das Katztragwerk des 130-t-Brennelementlagerkrans ausreichend hohe Margen bei den Festigkeitsnachweisen für das Sicherheitserdbeben.
  • Das Ensi schreibt: Für den 130-t-Brennelementlagerkran besteht nach Ansicht des ENSI grundsätzlich der gleiche Verbesserungsbedarf wie für den Polarkran, da auch hier nur kleine Margen für den Festigkeitsnachweis bei Sicherheitserdbeben für das Krantragwerk bestehen. Ausgenommen ist das Katztragwerk dieses Krans mit ausreichend hohen Margen.
  • Das Ensi fordert: 4.6-2 b) Zur Ertüchtigung des Tragwerks des 130-t-Brennelementlagerkrans sind dem ENSI Konzepte für Normalbetrieb und Erdbebenbelastung (Sicherheitserdbeben) bis zum 15. Dezember 2020 einzureichen.

Bezüglich der deterministischen Störfallanalyse urteilt das ENSI zudem, das KKL bewerte nur den Transport-Lagerbehälterabsturz.

  • Das ENSI schreibt dazu: Aufgrund der maximal möglichen Absturzhöhe können Schäden an diesem sicher ausgeschlossen werden. Weitere mögliche Abstürze aufgrund eines Versagens verschiedener Hebezeuge oder Sekundärschäden an SSK durch den Absturz schwerer Lasten in den sicherheitsrelevanten Gebäuden werden durch das KKL nicht bewertet.
  • Das Ensi fordert: 6.1-2 Das KKL hat bis zum 15. Dezember 2022 den Störfall „Absturz schwerer Lasten“ um weitere Szenarien, welche das Versagen verschiedener Hebezeuge in den sicherheitsrelevanten Gebäuden berücksichtigen, zu ergänzen, entsprechend der zu erwartenden Absturzhäufigkeit zu kategorisieren und die Auswirkungen zu analysieren.

Fragen

  1. Welcher Art sind die Schwachstellen des Tragwerk 115-t-/5-t-Polarkran bezüglich Katze und Brücke?
  2. Welcher Art sind die Schwachstellen des Tragwerk 130-t-BRennelementlagerkran bezüglich Katze und Brücke?
  3. Bei zwei Kränen (115-t-/5t-Polarkran, 130-t-Brennelmentlagerkran) wird eine Schwachstelle des Tragwerkes festgestellt. Welche Gefahren gehen hiervon aus,
    1. im Normalbetrieb,
    2. während der Jahresrevision,
    3. im Falle eines Erdbebens im Betrieb und bei der Jahresrevision? i.a.W. mit welchem potenziellen Schaden ist beim Versagen ebendieser zu rechnen?
  4. Wie kann diese Gefährdung behoben werden? / Was ist der Inhalt der gestellten Forderung?
  5. Wurden die in der Stellungnahme zur PSÜ (2019) vom ENSI bis am 15. Dezember 2020 geforderten Konzepte eingereicht? Welche Massnahmen schlägt das KKL vor? Wie sieht der Umsetzungsplan aus? (An ENSI/KKL)

Die nachfolgenden Fragen sind so zeitnahe, wie es inhaltlich sinnvoll möglich ist, zu beantworten.

 

 

Thema Bereich
Eingegangen am 29. April 2021 Fragende Instanz Energiestiftung
Status beantwortet
Beantwortet am 10. September 2021 Beantwortet von

Beantwortet von Kernkraftwerk Leibstadt

Einleitung

Die Frage bezieht sich auf zwei Kräne, die im KKL im Einsatz sind.

  • Mit dem Polarkran werden der Drywelldeckel, der Druckgefässdeckel und die Druckgefässeinbauten demontiert. Die Kranbahn ist am Stahlcontainment abgestützt. Die Tragkraft beträgt 115 t. Das schwerste zu hebende Einzelteil ist der Druckgefässdeckel mit Anschlagmittel von 108 t. Auf der Laufkatze des Polarkrans sitzt noch ein Hilfsaufzug mit einer Tragkraft von 5 t.
  • Der Brennelementlagerkran (Kran für Transportbehälter) hat die Aufgabe, den Brennelementtransportbehälter vom Transportwagen in der Materialeinfahrt zur Transportbehältergrube zu bringen. Die Tragkraft beträgt 130 t. Die Kranbahn ist so angeordnet, dass der Transportbehälter den Bereich der gelagerten Brennelemente nicht erreichen kann.

Der 130t BE-Lagerkran und der Polarkran wurden beim Bau des KKL auf der Grundlage amerikanischer und schweizerischer Regelwerke, europäischer Hebezeugnormen (FEM Sektion I) sowie schweizerischer Normen (SIA etc.) und Unfallverhütungsvorschriften (SUVA Form 1845) gebaut.

Aktuell enthalten die deutschen KTA-Fachregeln (Kerntechnischer Ausschuss) KTA 3902 /11/, KTA 3903 /12/ und KTA 3905 die Anforderungen bezüglich der Auslegung von Hebezeugen in Kernkraftwerken, die den Stand von Wissenschaft und Technik darstellen.

Sie werden auch seitens ENSI als Auslegungsgrundlage für die Kräne in Schweizer KKWs angewendet. Dementsprechend wurden diese jetzt gültigen KTA-Regeln auch zur Beurteilung der Trag- und Standsicherheit sowie der Betriebsfestigkeit der beiden bewerteten Kräne im KKL herangezogen.

Antwort zu den Fragen 1 und 2

Für die PSÜ 2016 wurden die Kräne detailliert gem. KTA (Stand der Technik) überprüft. Hierzu wurde ein vereinfachtes (sehr konservatives) Berechnungsmodell eingesetzt. Entsprechend wurden nur geringe Reserven ausgewiesen.

Daraus ergaben sich die beiden in der Frage genannten Forderungen 4.6-2 a) und 4.6-2 b) des ENSI.

Das KKL hat dem ENSI dazu termingerecht die entsprechenden Unterlagen eingereicht.

Aufgrund der genannten ENSI-Forderungen wurden vertiefte rechnerische Analysen auf der Basis der aktuellen Normen, KTA-Regelwerke und EVA-Einwirkungen durchgeführt.

Diese neuen Analysen zeigen deutliche Sicherheitsmargen, d.h. es bestehen keine Schwachstellen an den Tragwerken (Brücke und Katze), welche die Stand- und Tragsicherheit des Krans gefährden. Dementsprechend besteht auch keine Absturzgefahr von Kranausrüstungen und Lasten. Insgesamt zeigt die Analyse, dass keine sicherheitstechnisch relevanten Schwachstellen bei den beiden Kränen vorliegen.

Erkannt wurden dagegen Verbesserungspotentiale an den Kopfträgern, die aus Gründen der Verfügbarkeit vom KKL behoben werden sollen.

Antwort zu Frage 3

Wie in der Antwort zu den Fragen 1 und 2 gezeigt, sind aufgrund der vertieften Analysen bei beiden Kränen keine sicherheitsrelevanten Schwachstellen der Tragwerke vorhanden, von denen im Normalbetrieb, während der Jahresrevision oder im Falle eines Erdbebens im Betrieb und bei der Jahresrevision eine Gefahr ausgehen könnte. Möglich wäre nur ein verfügbarkeitsrelevanter Ausfall des Kranbetriebs. Dieser hätte jedoch weder bei laufendem Betrieb noch in der Revision sicherheitsrelevante Folgen.

Antwort zu Frage 4

Da keine sicherheitsrelevanten Schwachstellen und Gefahren bestehen, hat das KKL vom ENSI auch keine Forderung erhalten.

Antwort zu Frage 5 und 6

Die neuen vertieften Analysen wurde dem ENSI 2020 termingerecht eingereicht. Mit der Analyse wurde – wie in Antwort 1 und 2 dargestellt – gezeigt, dass keine sicherheitstechnischen Mängel bestehen und diesbezüglich keine Massnahmen notwendig sind.

Dagegen hat das KKL ein Projekt für die Behebung der verfügbarkeitsrelevanten Schwachstellen an den Kopfträgern initiiert. Die Umsetzung soll mit dem ENSI im Zuge der PSÜ 2022 abgestimmt werden.