Technisches Forum Sicherheit

Frage 100: Konzepte für Versiegelung

Gibt es schon konkrete Szenarien und Konzepte für die Versiegelung des Endlagers? Inwiefern haben diese bereits heute Einfluss auf eine mögliche Standortwahl?

Thema Bereich
Eingegangen am 19. Juni 2013 Fragende Instanz Fragen aus der Bevölkerung
Status beantwortet
Beantwortet am 2. Juni 2015 Beantwortet von

Beantwortet von Nagra

Konzepte für die Versiegelung von geologischen Tiefenlagern sind vorhanden, sowohl in der Schweiz als auch international. Diese wurden und werden untersucht mit Laborversuchen, Grossexperimenten und Felslabor-Experimenten für Einzelkomponenten und Gesamtsysteme.

Analysen zeigen, dass die Anforderungen an die Versiegelungen aus Sicht Langzeitsicherheit nicht sehr hoch sind. Die Anforderungen bzgl. Langzeitsicherheit liegen damit weit unterhalb der mit den Untersuchungen aufgezeigten erreichbaren Qualität der Versiegelungen. Die vorhandenen Versiegelungskonzepte sind genügend flexibel, um Anpassungen an standortspezifische Gegebenheiten zu ermöglichen; d.h. die Anforderungen an die Standorte werden nicht durch die Versiegelungskonzepte bestimmt. 

Die Antwort ist wie folgt gegliedert

  1. Bedeutung der Versiegelungen
  2. Sequenz Einbau Versiegelungen und Bedeutung der frühzeitigen Versiegelung von Lagerkammern
  3. Bedeutung der Versiegelung für die Standortwahl

1. Bedeutung der Versiegelungen

Im schweizerischen Konzept für geologische Tiefenlager wird unterschieden zwischen (i) Versiegelungssystemen zur Gewährleistung der radiologischen Langzeitsicherheit und (ii) Versiegelungssystemen zur hydraulischen Trennung von Aquiferen nach Verschluss der Anlage im Rahmen des (nicht-radiologischen) Grundwasserschutzes. Die Versiegelungssysteme (ii) für den Grundwasserschutz sind für die Langzeitsicherheit nicht relevant und werden hier nicht weiter diskutiert.

Die Anforderungen an die Versiegelungssysteme für die Langzeitsicherheit leiten sich ab aus der übergeordneten Zielsetzung, dass die Radionuklid-Freisetzung aus den geologischen Tiefenlagern im Betrachtungszeitraum (HAA-Lager: 1 Million Jahre; SMA-Lager: 100’000 Jahre) genügend tief sein soll, so dass das behördliche Dosis-Schutzkriterium von 0.1 mSv/Jahr nicht überschritten wird.

Dies wird erreicht, wenn (i) der Wasserfluss entlang der untertägigen Bauten innerhalb des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs (Wirtgestein mit seinen Rahmengesteinen) beschränkt bleibt und (ii) die Versiegelungssysteme günstige Radionuklid-Rückhalteeigenschaften aufweisen. Zusätzlich sollen Versiegelungssysteme für das SMA- bzw. LMA-Lager bei Bedarf so ausgelegt werden können, dass sie günstige Gastransporteigenschaften aufweisen.

Analysen zeigen, dass für ein breites Spektrum von Annahmen bzgl. hydraulischer Durchlässigkeit der Versiegelungen bzw. der Auflockerungszone im Bereich der Versiegelungen der Freisetzungspfad vertikal durch das Wirtgestein bzw. durch die Rahmengesteine dominiert (NTB 14-10, in Vorbereitung). Aufgrund der hohen Barrierenwirksamkeit des Wirt- bzw. der Rahmengesteine ist auch der Dosisbeitrag dieses dominierenden Freisetzungspfads sehr klein (deutlich unterhalb des behördlichen Dosis-Schutzkriteriums von 0.1 mSv/Jahr). Die Mindest-Anforderung an die hydraulische Durchlässigkeit der Versiegelungen aus Sicht der Langzeitsicherheit ist nicht sehr hoch und kann mit heutiger Technologie einfach erfüllt werden . Im Sinne der Optimierung wird aber angestrebt, die Mindestanforderungen deutlich zu übertreffen. Auch die Auflockerungszone im Bereich der Versiegelungen wird nach der Wiederaufsättigung des Lagers (und damit auch zum Zeitpunkt des Versagens der BE/HAA-Behälter nach mehr als 1000 Jahren) eine geringe hydraulische Durchlässigkeit aufweisen (welche nur geringfügig über derjenigen des intakten Wirtgesteins liegt) aufgrund des in verschiedenen grossskaligen Versuchen nachgewiesenen Selbstabdichtungsvermögens des Wirtgesteins Opalinuston (z.B. SELFRAC-Experiment im Felslabor Mont Terri, Bernier et al. 2007, EUR 22585).

Die Analysen in NTB 14-10 (in Vorbereitung) zeigen auch, dass selbst für hypothetische, unrealistisch hohe Werte der hydraulischen Durchlässigkeit der Versiegelungssysteme bzw. der zugehörigen Auflockerungszonen die Wasserflüsse entlang der untertägigen Bauwerke begrenzt bleiben aufgrund der geringen hydraulischen Durchlässigkeit des Wirtgesteins. In solchen Fällen liegt der Dosisbeitrag des Freisetzungspfads entlang der untertägigen Bauwerke zwar höher als derjenige des Freisetzungspfads via Wirtgestein; die Gesamtdosis liegt aber selbst in solchen Fällen immer noch deutlich unter dem behördlichen Schutzkriterium von 0.1 mSv/Jahr.

2. Sequenz Einbau Versiegelungen und Bedeutung der frühzeitigen Versiegelung der Lagerkammern

Das Konzept für die Sequenz des Einbaus der Versiegelungen sieht vor, dass jede Lagerkammer, sobald sie vollständig mit Endlagerbehältern beschickt ist, umgehend versiegelt wird. Am Ende des Einlagerungsbetriebs, wenn alle Lagerkammern verfüllt und versiegelt sind, werden zusätzlich alle weiteren untertägigen Bauwerke verfüllt und versiegelt, welche nicht für den Betrieb des Testlagers und den Zugang zum Kontrollstollen für das Pilotlager während der Beobachtungsphase benötigt werden. Am Ende der Beobachtungsphase werden die dannzumal noch offenen Zugangsbauwerke verfüllt und versiegelt („Verschluss“ des geologischen Tiefenlagers).

Die Bedeutung der frühzeitigen Versiegelung der Lagerkammern wurde im Rahmen des Projekts Entsorgungsnachweis aufgezeigt. Dort wurde ein Fall untersucht, in welchem angenommen wurde, dass das geologische Tiefenlager während der Beobachtungsphase aufgegeben wird; d.h. dass die Zugangsbauwerke nicht ordnungsgemäss verfüllt und versiegelt werden und offen bleiben. Das Resultat war, dass das Dosismaximum gegenüber dem Referenzfall praktisch unverändert bleibt. Der Grund dafür ist, dass die ordnungsgemäss verfüllten und versiegelten Lagerkammern, Bau- und Betriebstunnel schon für sich alleine eine sehr wirksame Barriere bzgl. Hydraulik und Radionuklid-Transport darstellen (NTB 02-05).

3. Bedeutung der Versiegelung für die Standortwahl

Konzepte für die Versiegelung von geologischen Tiefenlagern sind vorhanden, sowohl in der Schweiz als auch international. Diese wurden und werden untersucht mit Laborversuchen, Grossexperimenten und Felslabor-Experimenten für Einzelkomponenten und Gesamtsysteme.

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Analysen zeigen, dass die Anforderungen an die Versiegelungen aus Sicht Langzeitsicherheit nicht sehr hoch sind. Die Anforderungen bzgl. Langzeitsicherheit liegen damit weit unterhalb der mit den Untersuchungen aufgezeigten erreichbaren Qualität der Versiegelungen. Die vorhandenen Versiegelungskonzepte sind genügend flexibel, um Anpassungen an standortspezifische Gegebenheiten zu ermöglichen; d.h. die Anforderungen an die Standorte werden nicht durch die Versiegelungskonzepte bestimmt.