Technisches Forum Sicherheit

Frage 28: Lagersicherheit

Ein Geologisches Tiefenlager muss so tief angelegt sein, dass es über einen gewissen Zeitraum erosionsgeschützt ist.

Wie wird hinsichtlich der Lagerdichtheit (und damit der Lagersicherheit) mit der Tatsache umgegangen, dass längs dem, beziehungsweise rund um den gesamten Zugangsschacht, beziehungsweise der Zugangsrampe eine Auflockerungszone entsteht?

(Ein „pfropfenartiger“ Verschluss am Eingang reicht nicht aus, da mit einer erosionsbedingten Verkürzung dieser Zugangswege unbekannten Ausmasses zu rechnen ist.)

Thema , Bereich
Eingegangen am 9. Oktober 2009 Fragende Instanz Kanton Zürich
Status beantwortet
Beantwortet am 26. August 2010 Beantwortet von ,

Beantwortet von ENSI

Die Lagerkonzepte der Nagra sehen für die Zugänglichkeit des Lagers sowohl Rampen als auch Schächte vor. Abhängig von den bautechnischen Eigenschaften der bis zum Wirtgestein durchteuften Gesteinsschichten wird sich entlang der Schächte und Rampen eine für jedes durchfahrene Gestein individuell ausgebildete Auflockerungszone ergeben. Diese bildet insgesamt eine Zone erhöhter hydraulischer Durchlässigkeit. Es ist aus Sicht des ENSI davon auszugehen, dass in tonreichen Gesteinen eine solche Auflockerungszone um die Rampe oder den Schacht im Zuge der Aufsättigung wieder abgedichtet wird, das heisst die Auflockerungszone besteht nur so lange, bis die vollständige Aufsättigung abgeschlossen ist (im Bereich von hunderten bis wenigen tausend Jahren).

Die Zugangsstrecken sollen zusätzlich an verschiedenen Stellen mit quellbarem Material versiegelt werden. Dabei kann auf Höhe der Siegel gebirgsschonend ein Segment der Auflockerungszone entfernt werden und damit der Rampen- beziehungsweise Schachtparallele Materialfluss unterbrochen werden. Die Siegelstrecke soll mit quellbarem Siegelmaterial (Bentonit oder Bentonit/Sand-Gemische) verfüllt werden, so dass die Strecke im Fall von eindringendem Wasser selbst abdichtet. Entsprechende Experimente sind im Felslabor Mont Terri bereits durchgeführt worden, die später in einem geologischen Tiefenlager anzuwendenden Techniken sind gemäss Richtlinie ENSI-G03 vor Ort zu erproben. Die Anzahl der notwendigen Siegel muss in späteren Schritten standortspezifisch festgelegt werden.

Beantwortet von Nagra

Es ist richtig, dass längs der ganzen Zugangsrampe beziehungsweise dem ganzen Zugangsschacht eine Auflockerungszone entsteht, welche die Rampe beziehungsweise den Schacht in ihrem ganzen Umfang betreffen. Diese Auflockerungszone ist bei der Versiegelung zu beachten. Für die Langzeitsicherheit ist für die Radionuklidrückhaltung nur das Wirtgestein beziehungsweise der einschlusswirksame Gebirgsbereich (Wirtgestein und Rahmengesteine in Wirtgesteinsqualität) massgebend; das heisst, dass bei Annahme eines „instantanen“ Transfers der Radionuklide vom Rand des Wirtgesteins beziehungsweise des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs in die Biosphäre keine unzulässigen Dosen entstehen dürfen. Dies bedeutet, dass für die Versiegelung im Hinblick auf die Radionuklidrückhaltung die Auflockerungszonen von Rampe und Schacht nur im Wirtgestein beziehungsweise im einschlusswirksamen Gebirgsbereich zu beachten sind, die Auflockerungszone in den Gesteinen ausserhalb des Wirtgesteins beziehungsweise dem einschlusswirksamen Gebirgsbereich hat für die Radionuklidrückhaltung keine Bedeutung, und an die Verfüllung/Versiegelung von Rampe/Schacht ausserhalb des Wirtgesteins beziehungsweise des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs werden bezüglich Langzeitsicherheit (Radionuklidrückhaltung) keine speziellen Anforderungen gestellt. Für die Versiegelung von Rampe und Schacht im Wirtgestein, beziehungsweise im einschlusswirksamen Gebirgsbereich sind spezielle Bauwerke vorgesehen, und je nach Wirtgestein kann eine Bearbeitung der Auflockerungszone angebracht sein (teilweises Ausräumen, Verwendung von Schlitzen (vgl. z.B. „Cut-off“-Experiment im Felslabor Mont Terri)). Experimente z.B. im Felslabor Mont Terri zeigen, dass die Auflockerungszone auch ohne Bearbeitung wegen der günstigen Selbstabdichtungseigenschaften des Opalinustons nach Verschluss des Lagers eine sehr kleine Durchlässigkeit hat (vgl. z.B. die Resultate des EU-Projekts SELFRAC). In den Sicherheitsanalysen wurde die Bedeutung der Auflockerungszone im Detail untersucht, und es wurden auch Rechnungen mit hypothetisch hohen Durchlässigkeiten durchgeführt (sogenannte „What-if“-Rechenfälle), die zeigen, dass auch mit extrem ungünstigen Annahmen die Sicherheit nicht beeinträchtigt wird. Eine weitere Funktion des Verschlusses von Rampe und Schacht besteht darin, das unbeabsichtigte Eindringen des Menschen in das geologische Tiefenlager zu verhindern. Dazu ist ein mechanisch wirksamer „Pfropfen“ auch beim Eingang von Rampe und Schacht und die Verfüllung der restlichen Hohlräume vorgesehen. Weiter kann es aus Gründen des Grundwasserschutzes notwendig sein, in den Aquitarden oberhalb des Wirtgesteins, beziehungsweise des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs durch Abdichtungen (während des Betriebs), beziehungsweise durch Versiegelungsbauwerke (beim Verschluss des Tiefenlagers) eine ungewollte hydraulische Verbindung zwischen verschiedenen Aquiferen als Folge von Rampe, beziehungsweise Schacht zu verhindern.