Technisches Forum Entsorgungsnachweis

Frage 40: Radioaktivität

  1. Wie viel weniger strahlt der Abfall, wenn er vergraben ist, als wenn man ihn an der Oberfläche lagert?
  2. Radioaktive Strahlung führt auch bei dickwandigen Stahlbehältern zu beschleunigter Korrosion. Wie wollen Sie die Stahlbehälter reparieren, wenn diese doch vollständig in Ton eingepackt werden sollen? Wie sonst soll die Undichtigkeit verhindert werden?
  3. Hochradioaktive Abfälle erzeugen beträchtliche Mengen von Wärme. Wo soll diese Wärme in Fall eines Endlagers abgeführt werden? Was passiert mit dem Opalinuston, wenn er über längere Zeit der entsprechenden Wärmeeinwirkung ausgesetzt ist?
Thema , , , , Bereich |
Eingegangen am 23. Dezember 2005 Fragende Instanz Informationsveranstaltung Trüllikon
Status beantwortet
Beantwortet am 23. Dezember 2005 Beantwortet von ,

Beantwortet von ENSI

a) Wie viel weniger strahlt der Abfall, wenn er vergraben ist, als wenn man ihn an der Oberfläche lagert?

Die ionisierende Strahlung des hochaktiven Abfalls setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen:

  • aus hochenergetischen Teilchen (α-Strahlen und β-Strahlen), die durch die dickwandigen Endlagerbehälter vollständig gestoppt werden.
  • aus elektromagnetischer Strahlung (Gammastrahlen), die beim Durchdringen von Materie stetig abgeschwächt wird. Die Stärke der Gammastrahlung beträgt nach dem Durchqueren einer Schicht Opalinuston von 120 cm Dicke ein Tausendstel und nach dem Durchqueren von 240 cm Opalinuston ein Millionstel des Anfangwertes. Wenige Meter Opalinuston reichen also aus, die von den Abfällen ausgehende Gammastrahlung vollständig abzuschirmen.
  • die bei Kernzerfällen in den eingelagerten Abfällen entstehenden Neutronen werden beim Durchqueren von Materie abgebremst und absorbiert. Die freigesetzten Neutronen sind instabile, elektrisch neutrale Teilchen, die mit einer Halbwertszeit von rund 15 Minuten zerfallen.

Das Projekt Entsorgungsnachweis sieht vor, den radioaktiven Abfall in rund 650 Meter Tiefe einzulagern. Die Gesteine zwischen den Einlagerungsstollen und der Oberfläche stoppen die vom Abfall ausgehende Strahlung vollständig.

Beantwortet von Nagra

b) Radioaktive Strahlung führt auch bei dickwandigen Stahlbehältern zu beschleunigter Korrosion. Wie wollen Sie die Stahlbehälter reparieren, wenn diese doch vollständig in Ton eingepackt werden sollen? Wie sonst soll die Undichtigkeit verhindert werden?

Die Behälter für abgebrannte Brennelemente und für verglaste hochaktive Abfälle sind so ausgelegt, dass sie unter den Bedingungen, wie sie in einem geologischen Tiefenlager im Opalinuston im Zürcher Weinland herrschen werden, während mindestens 1000 Jahren dicht sind, wobei eine realistische Betrachtung auf eine Lebensdauer von 10000 Jahren schliessen lässt (Sicherheitsbericht NTB 02- 05, Kap. 4.5.3.1, S. 102 und 5.3.4.4, S. 139/140).

Das geologische Tiefenlager mit einem Mehrfachbarrierensystem ist so konzipiert, dass auch nach einem Behälterversagen keine aktiven Massnahmen („Reparaturen“) notwendig sind, um sicherzustellen, dass keine unzulässigen Mengen an radioaktiven Stoffen in die Umwelt gelangen.

c) Hochradioaktive Abfälle erzeugen beträchtliche Mengen von Wärme. Wo soll diese Wärme in Fall eines Endlagers abgeführt werden? Was passiert mit dem Opalinuston, wenn er über längere Zeit der entsprechenden Wärmeeinwirkung ausgesetzt ist?

Nach seiner Entstehung als marines Sediment der Jurazeit hat der Opalinuston im Laufe der nachfolgenden Kreidezeit, infolge Überlagerung durch jüngere Schichten, eine Absenkung in grössere Erdtiefen durchgemacht und dabei während geologischen Zeiträumen (Millionen von Jahren) eine Umgebungstemperatur von bis zu 85°C „erfahren“ (Synthese der geowissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse NTB 02-03, S. 77). Der Opalinuston hat also alle temperaturbedingten Veränderungen, die ein Temperaturanstieg dieser Grössenordnung bewirken kann, bereits hinter sich.

Die zu erwartende thermische Entwicklung eines geologischen Tiefenlagers im Opalinuston des Zürcher Weinlands wird im NTB 01-04 detailliert behandelt. Die als Folge der Einlagerung von hochaktiven Abfällen erzeugte Wärme, wird über den Metallbehälter, die Stollenverfüllung (Bentonit) und das Wirtgestein abgeführt. Innerhalb der Auflockerungszone des verfüllten Stollens wird der Wärmepuls im Extremfall eine max. Temperatur von rund 95°C bewirken, die sukzessive wieder abnimmt (z.B. NTB 01-04, S. 22, Fig. 17). Nach etwa zehntausend Jahren wird die Temperatur bereits auf ca. 50 °C abgesunken sein, und nach etwa dreissigtausend Jahren wird sich wieder die normale Umgebungstemperatur( ca. 38 °C) eingestellt haben. Durch diesen im erdgeschichtlichen Zeitmassstab sehr kurzen und vergleichsweise moderaten Wärmepuls werden die wesentlichsten Eigenschaften des Opalinustons, namentlich die mineralogische Zusammensetzung und die Porosität, nicht signifikant verändert. Vorübergehend ist mit einer Erhöhung des Porenwasserdrucks zu rechnen, was jedoch infolge ihres transienten Charakters keine negativen Auswirkungen auf den dauerhaften Einschluss der Abfälle haben kann.