Technisches Forum Sicherheit

Frage 71: Unabhängigkeit der Nagra-Forschung

Die Nagra wird von den AKW-Betreibern finanziert und kann damit gar nicht unabhängig forschen. Zu oft sind Sicherheit und Kosten gegenläufige Trends: je sicherer, desto teurer. Zum Beispiel schlägt die Nagra im Entsorgungsnachweis Stahl als Behältermaterial vor. Stahl ist billiger als Kupfer. Es ist aber bekannt, dass Stahl schneller korrodiert und deshalb weniger bis gar nicht geeignet ist. Ein weiteres Beispiel: Die Nagra beharrt darauf, eine Rampe als Zugang für das Tiefenlager zu bauen. Ein Schacht wäre allerdings sicherer, denn das Gestein wird weniger verletzt und bleibt somit dichter. Für die Einlagerung mit einem Schacht müsste die Nagra den Müll allerdings neu verpacken, was höhere Kosten verursachen würde.

Zudem existiert keine Zweitmeinung. Die Nagra hat sozusagen ein Forschungs-, Wissens- und Entscheidungsmonopol, was für ein derart sicherheitsrelevantes, komplexes und neuartiges Vorhaben nicht zielführend ist.

Wie soll die Nagra unabhängige Forschung betreiben, wenn sie am Tropf der AKW-Betreiber hängt?

Thema Bereich
Eingegangen am 9. Februar 2012 Fragende Instanz SES
Status beantwortet
Beantwortet am 14. September 2012 Beantwortet von

Beantwortet von BFE

Gute Forschung zeichnet sich durch ihre wissenschaftliche Qualität aus. Werden Forschungsresultate der Überprüfung durch die «Wissenschafts-Community» unterzogen und halten dieser stand, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um fundierte Ergebnisse handelt. Zu diesem internationalen Reviewprozess (Peer Review) gehört die Publikation von Artikeln in Fachzeitschriften sowie die Präsentation an Tagungen und Kongressen. Entscheidend für unabhängige Forschung ist, dass die Resultate weder beeinflusst noch manipuliert werden, sei es durch die forschende Person selber oder die Geldgebenden. Das ENSI unterzieht nicht sämtliche wissenschaftliche Artikel der Nagra einer Prüfung und ist auch nicht an allen Kongressen und Tagungen anwesend, wenn Vertretende der Nagra ihre Ergebnisse zur Diskussion stellen. Im Detail geprüft durch die Fachbehörden des Bundes wurden und werden jedoch von der Nagra eingereichte Projekte – so der Entsorgungsnachweis, die Gesuche für erdwissenschaftliche Bewilligungen, die Vorschläge der Nagra im Rahmen des Standortauswahlverfahrens sowie das Entsorgungsprogramm.  Ergibt die Überprüfung, dass die Sicherheit nicht gewährleistet ist, werden entsprechende Bewilligungen nicht erteilt sowie Vorschläge und Berichte zurückgewiesen. Bei der Überprüfung werden auch Zweitmeinungen aus dem In- und – falls vorhanden – aus dem Ausland mitberücksichtigt. Gemäss Kernenergiegesetz sind die Abfallverursacher verantwortlich für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle, die Aufsichtsbehörden prüfen eingereichte Projekte und Bewilligungen werden je nachdem vom UVEK, Bundesrat oder Parlament erteilt (die Nagra hat entgegen der Formulierung in der Fragestellung kein Entscheidungsmonopol). Damit wird verhindert, dass eine dieser Stellen im Alleingang über die Tiefenlagerung befinden kann.

Weitere Hinweise: