Technisches Forum Entsorgungsnachweis

Frage 5: Unsicherheiten bei der Beurteilung von Hebungsprozess

Kurzfristig, d.h. während der letzten 100 Jahre betrug die mittlere jährliche Hebungsrate um 0.1 mm. Ganz langfristig betrachtet kann auch von einer Hebung seit dem mittleren Miozän, d.h. seit etwa 10 bis 15 Mio. Jahren, etwa 1’000 bis 1’500 m ausgegangen werden. Inwieweit darf angenommen werden, dass dieser Hebungsprozess mehr oder weniger gleichmässig ( ± linear) verlief?

Thema , , , Bereich
Eingegangen am 23. Dezember 2005 Fragende Instanz Vertreter des Kantons Thurgau
Status beantwortet
Beantwortet am 23. Dezember 2005 Beantwortet von

Beantwortet von Nagra

Kurzfassung

Regionale Hebungen sind vorwiegend endogen bestimmte Abläufe, die in einem Zeitfenster von einigen bis vielen Millionen Jahren ablaufen. Die Bestimmung von mittleren Bewegungsraten für langfristige geologische Prozesse hat sich als taugliches Instrument der tektonischen und geodynamischen Analyse erwiesen und in vielfacher Anwendung bestätigt. Da es keine Hinweise auf kurze, abrupte Wechsel im Bewegungsablauf gibt und zudem das Spannungsfeld seit dem jüngeren Miozän, d.h. seit rund 15 Mio. Jahren etwa gleich geblieben ist, wird auch für den Zeitraum der Langzeitszenarien (ca. 1 Jahrmillion) von der plausiblen Annahme eines kontinuierlichen Hebungsprozesses ausgegangen.

Ausführliche Fassung

Die aufgrund geologischer und geomorphologischer Studien ermittelten Hebungs- resp. Erosionsraten sind das Ergebnis von linearen Interpolationen über verschieden lange Zeiträume, nämlich von 10 Mio. Jahren (Beckenmodellierung), 5 Mio. Jahren (Aare- Donau-System), 2.5 Mio. Jahren (Gipfelfluren) bis 2 Mio. Jahren (Höhere Deckenschotter). Die so ermittelten Werte zeigen eine gute Übereinstimmung mit den geodätisch, d.h. über einen vergleichsweise kurzen Zeitraum (<100 Jahre) ermittelten Hebungsraten (s. Frage 14: Geodynamisches Konzept der Nordschweiz). Aus diesem Grunde darf angenommen werden, dass sich die Nordschweizer Kruste seit dem späten Miozän (vor ca. zehn Mio. Jahre) in einer anhaltenden Hebungsphase befindet, wo generell Erosion vorherrscht. Im Sinne der linearen Extrapolation ergibt sich, dass dieser Hebungs- und Erosionsprozess auch während der nächsten Million Jahre einigermassen gleichmässig verlaufen wird, insbesondere weil es auch Evidenzen gibt (z.B. Horizontalstylolithe), dass sich das Spannungsfeld seit 15 Mio. Jahren bis heute nicht wesentlich verändert hat (N-S bis NW-SE Richtung der max. Hauptspannung); siehe NTB 99-08, Kap. 3.6.3.

Literatur:

NTB 99-08, Kap. 1.4; Kap.2, Beil. 2.2 & 2.3; Kap.3.3, Beil. 3.1; Kap. 3.4, Beil. 3.2 & 3.3; Kap. 4, Fig. 4.6; NTB 02-03, Kap. 3, Kap. 8.

Referenzen:

Müller, W.H., Naef, H. & Graf, H.R. (2002): Geologische Entwicklung der Nordschweiz, Neotektonik und Langzeitszenarien Zürcher Weinland. Nagra Tech. Ber. NTB 99-08.

Nagra (2002): Projekt Opalinuston – Synthese der erdwissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse. Nagra Tech. Ber. NTB 02-03. Nagra, Wettingen.