Technisches Forum Sicherheit

Frage 60: Zeitplan Oberflächenanlagen

  1. Wann wird die Planung der Oberflächenanlagen (Standorte etc.) konkretisiert?
  2. Erst, wenn die Standortauswahl definitiv ist oder bereits während Etappe 2 oder 3?
Thema Bereich
Eingegangen am 23. Mai 2011 Fragende Instanz KAIB
Status beantwortet
Beantwortet am 1. Dezember 2011 Beantwortet von ,

Beantwortet von Nagra

Ausführungen zum Begriff Oberflächeninfrastruktur

Für den Bau, den Betrieb sowie die Überwachung des geologischen Tiefenlagers werden verschiedene Bauten und baubedingte Flächen an der Oberfläche erstellt bzw. genutzt. Diese werden insgesamt als „Oberflächeninfrastruktur“ bezeichnet und können wie folgt umschrieben werden:

Auf dem Standortareal der Oberflächenanlage sind die nachfolgend beschriebenen Anlageelemente angeordnet:

  • Bei beiden Lagertypen (HAA und SMA) wird ein Annahmebereich benötigt, in dem die Transportbehälter mit den Abfällen angeliefert werden. Zudem ist eine Verpackungsanlage geplant, in der die verbrauchten Brennelemente und die Stahlkokillen mit hochaktiven Abfällen von den Transportbehältern in die Lagerbehälter verpackt und diese dicht verschlossen werden (HAA). Die konditionierten und lagerbereiten Abfallgebinde mit schwach- und mittelaktiven Abfällen werden in einer Verpackungsanlage in Lagerbehälter verpackt und die Hohlräume mit Zementmörtel verfüllt (SMA). Diese Anlageteile werden während der Einlagerungsphase benötigt.
  • Über die gesamte Dauer vom Erstellen des Felslabors, über den Betrieb, die Beobachtungsphase bis zum Verschluss des Lagers, werden ein Administrationsgebäude, ein Besucherzentrum, die Gebäude für den Betrieb und Unterhalt des Tiefenlagers sowie die Zugänge zu den unterirdischen Lagerteilen bestehen.

Zusätzlich zu den Bauten auf dem Standortareal der Oberflächenanlage sind weitere Bauten bzw. Flächen an der Erdoberfläche nötig:

  • Erschliessung des Standortareals ab dem bestehenden Verkehrsnetz (Schiene oder Strasse).
  • Für den Bau des Lagers (Bauten über und unter Tage) werden temporär verschiedene Flächen als Installations- und Bauplatz sowie zur Zwischenlagerung von Ausbruchmaterial benötigt.
  • Die Erschliessung des untertägigen Lagerbereichs erfolgt über Rampe oder Schacht. Nach heutigem Planungsstand werden zusätzlich zwei Schächte für Bau und Bewetterung (Lüftung) benötigt. Zumindest ein Schachtkopf wird bis zum definitiven Verschluss des Lagers am Ende der Beobachtungsphase bestehen bleiben.

Die Nagra erarbeitet die Konzepte und Projekte zu den verschiedenen Anlagenelementen und zu deren möglichen Anordnung. Die Anordnung sowie die architektonische Ausgestaltung der oberirdischen Bauten sollen den Gegebenheiten vor Ort angepasst werden. Sie sind Teil der Diskussion in den Regionalkonferenzen im Rahmen des Sachplans und auch Gegenstand der Zusammenarbeit bei späteren Planungsschritten.

Beantwortet von BFE

Ausführungen zum Sachplan und zur Rahmenbewilligung

Die Standortwahl erfolgt gemäss Konzeptteil SGT in drei Etappen und wird mit einem Bundesrats- und Parlamentsentscheid (mit fakultativem Referendum) zum Rahmenbewilligungsgesuch abgeschlossen. Zum heutigen Zeitpunkt wird davon ausgegangen, dass die laufende Etappe 1 vermutlich 2011 abgeschlossen wird und die Etappe 2 bis ca. 2015/16 dauert. Der Bundesrats- und Parlamentsentscheid zur Rahmenbewilligung am Ende der Etappe 3 wird ab dem Jahr 2020 erwartet.

Mit der Rahmenbewilligung werden gemäss Kernenergiegesetz (KEG Art. 14) neben den Abfallkategorien insbesondere der Standort und die Grundzüge des Projektes festgelegt. Zu diesen Grundzügen gehören die ungefähre Grösse und Lage der wichtigsten Bauten sowie die Kapazität des Lagers. Es werden also auch mit Abschluss des Sachplan- resp. Rahmenbewilligungsverfahrens noch keine detaillierten Baupläne vorliegen. Diese werden später im Hinblick auf die nukleare Baubewilligung konkretisiert. Vorteil dieser schrittweisen Realisierung ist, dass technische Entwicklungen bis zur Bauerstellung ins Lagerkonzept einbezogen werden können.

Zu Beginn der Etappe 2 des Sachplanverfahrens werden die von der Nagra ausgearbeiteten Vorschläge für mögliche Standortareale für die Oberflächenanlage und deren Erschliessung durch das BFE bekannt gegeben. Diese sind keine Vorentscheidungen sondern eine Diskussionsgrundlage für die regionale Partizipation. Jede Regionalkonferenz kann zusätzliche Standortvorschläge einbringen und der Nagra zur Prüfung der  Machbarkeit einreichen.

Die Platzierung des Lagerbereichs im Untergrund wird gestützt auf zusätzliche geologische Untersuchungen für die im Sachplan verbliebenen Standortgebiete in Etappe 3 sowie abschliessend aufgrund der Untersuchungsresultate der Forschungsarbeiten im vor Ort zu erstellenden Felslabor festgelegt (etwa 10 bis 20 Jahre nach Erteilung Rahmenbewilligung). Dementsprechend kann auch die definitive Anordnung aller benötigten Schachtköpfe erst zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt werden.

Die detaillierte Anordnung und baureife Ausgestaltung der Oberflächeninfrastruktur erfolgt gemäss den Angaben der Nagra im Entsorgungsprogramm1 mit der Vorbereitung der Unterlagen für das nukleare Baubewilligungsverfahren frühestens 2026 (SMA) resp. 2040 (HAA). Die Erteilung der nuklearen Baubewilligung durch das UVEK erfolgt frühestens 2030 resp. 2044.

Zusammenfassende Beantwortung

Im Rahmen des Sachplanverfahrens werden gemäss Kernenergiegesetz die Grundzüge der Oberflächeninfrastruktur (Lage des Standortareals, Grösse und Lage der wichtigsten Bauten) für die Rahmenbewilligung erarbeitet. Dies geschieht in den Etappen 2 (Lage des Standortareals) und 3 (Grösse und Lage der wichtigsten Bauten) in enger Zusammenarbeit mit den Regionen. Die detaillierte Anordnung und baureife Ausgestaltung der Bauten erfolgen mit der Ausarbeitung der Unterlagen für die nukleare Baubewilligung, mehrere Jahre nach erfolgter Standortwahl.


1 Die Genehmigung des von der Nagra im Oktober 2008 eingereichten Entsorgungsprogramms (NTB 08-01) durch den Bundesrat steht noch aus.