Technisches Forum Entsorgungsnachweis

Frage 50: Hauptspannungsrichtung im Standortgebiet Zürich-Nordost

Kleinstrukturen und Wasserfliesswege (II): Die Analyse von Bewegungsspuren auf Bruchflächen (Rutschharnische, Horizontalstylolithe) ergab Hinweise auf eine Entkoppelung des Paläostress-Regimes im Bereich des Opalinustons. In den darüber liegenden Gesteinen kann für die horizontale Hauptspannung eine Richtung NNE-SSW abgeleitet werden, unter dem Opalinuston verläuft die horizontale Hauptspannungsachse in einer Richtung zwischen NW-SE und N-S (NTB 00-01, S.111).

Wie kann man sich die Beobachtung erklären, dass die horizontale Hauptspannungsachse im „Stockwerk“ über dem Opalinuston von der mit der Jurafaltung allgemein in Zusammenhang gebrachten Hauptspannungsachse NW-SE abweicht? Ist eine mögliche Entkoppelung des Paläostress-Regimes im Wirtgesteinshorizont als projektrelevant zu betrachten?

Thema , , Bereich
Eingegangen am 23. Dezember 2005 Fragende Instanz Vertreter des Kantons Schaffhausen
Status beantwortet
Beantwortet am 23. Dezember 2005 Beantwortet von

Beantwortet von Nagra

Kurzfassung

In der Bohrung Benken konnten mit verschiedenen Methoden (Analyse von Stylolithen, Striemungen, Bohrlochrand-Ausbrüche, Hydrofrac-Messungen etc.) die Hauptspannungsrichtungen ermittelt werden. Die Orientierung der maximalen horizontalen Komponente ist praktisch Nord-Süd (178°). Sie verläuft also etwa senkrecht zum Streichen der östlichsten Faltenjuraketten und ist daher sehr plausibel. Für eine Entkopplung des Stressregimes im Bereich des Wirtgesteins bestehen mithin keine Evidenzen.

Ausführliche Antwort

Die Richtungen der Stylolithen und Striemungen (s. Kap. 3.6.3, NTB 99-08) zeigen wegen der über weite Strecken oft schwierigen Orientierung der Kerne eine deutliche Abhängigkeit von der Zusammenhangslinie (ZL). Innerhalb einer ZL sind Abweichungen der Richtungen sehr klein mit Ausnahme bei ZL 80 und 83, innerhalb derer zwei Richtungen festgestellt werden konnten. Aus diesen Gründen können für die Festlegung des Paläostressfelds nur die Daten aus den Vertrauensbereichen mit den kleinsten Fehlern verwendet werden.

Die Bereiche, in denen die Zusammenhangslinien ausreichend sicher (± 17°) bestimmt werden konnten, decken mit Ausnahme von drei Ausreissern (ZL 4: 53°, ZL 26: 74°, ZL 49: 140°) den Sektor zwischen 350° (170°) und 40° ab. Aufgrund dieser Daten müsste die Richtung der grössten Spannungskomponente zwischen N-S und NNE-SSW liegen. Nach mündlicher Mitteilung des Strukturgeologen auf der Bohrstelle (M. Liniger) konnten innerhalb dieses Bereichs die Zusammenhangslinien 5 und 6 noch exakter orientiert werden. Der Fehler dürfte hier bei ca. ± 2° liegen. In diesem Abschnitt mit der sichersten Orientierung der ZL weisen die Daten auf eine N-S-Richtung (1°) für die maximale horizontale Spannungskomponente hin. Aber auch wenn der vollständige Datensatz verwendet und gemittelt wird, liegt die bestimmte Richtung für die maximale horizontale Komponente praktisch N-S (178°). Diese N-S Richtung verläuft ca. senkrecht zum Streichen der östlichsten Faltenjuraketten und ist daher sehr plausibel.

Neben der Analyse der Horizontalstylolithen wurde in der Bohrung Benken die Orientierung des rezenten Spannungsfeld noch mittels anderen Methoden analysiert (z.B. Analyse der Bohrlochrandausbrüche und der induzierten Risse, Bestimmung der S-Wellengeschwindigkeitanisotropie, Hydrofrac-Messungen). Diese Daten muss man bei einer geodynamischen Interpretation auch betrachten. So zeigen z.B. die Bohrlochrandausbrüche zwischen dem Teufenbereich 564 m und 696 m (U. Dogger – Lias) eine sehr konstante Orientierung und die Analyse dieser Randausbrüche ergeben ein SH = 172° ± 9°. Für eine Entkopplung des Stressregimes im Bereich des Wirtgesteins gibt es also keine Hinweise. Auch die Analysen der Herdflächenlösungen ergeben für σ1 einen Wert von 169°.

Referenzen:

Müller, W.H., Naef, H. & Graf, H.R. (2002): Geologische Entwicklung der Nordschweiz, Neotektonik und Langzeitszenarien Zürcher Weinland. Nagra Tech. Ber. NTB 99-08.

Nagra (2001): Sondierbohrung Benken – Untersuchungsbericht (Textband und Beilagenband). Nagra Tech. Ber. NTB 00-01. Nagra, Wettingen.