ENSI stellt Überblick zum Pilotlager vor

Das ENSI hat untersucht, welche Prozesse und Eigenschaften innerhalb der Beobachtungsphase im Pilotlager auftreten, die zu belastbaren Aussagen über das Hauptlager führen können. Die aktuellen Regelungen der Richtlinie ENSI-G03 erweisen sich als stufengerecht.

Ein geologisches Tiefenlager für radioaktive Abfälle besteht gemäss Art. 64 Kernenergieverordnung (KEV) aus einem Hauptlager, aus einem Pilotlager und aus Testbereichen. Im Pilotlager ist das Verhalten der Abfälle, der Verfüllung und des Wirtgesteins bis zum Ablauf der Beobachtungsphase zu überwachen. Bei der Überwachung sind im Hinblick auf den Verschluss Daten zur Erhärtung des Sicherheitsnachweises zu ermitteln. Das Pilotlager enthält einen kleinen, aber repräsentativen Anteil der im Tiefenlager eingelagerten radioaktiven Abfälle. Vor Beginn der Einlagerung im Hauptlager erfolgt die Einlagerung radioaktiven Abfalls im Pilotlager und dessen Verschluss.

Das Pilotlager wird gemäss den gesetzlichen Vorgaben vom Bewilligungsinhaber des Tiefenlagers betrieben. Dieser muss Vorsorge dafür treffen, dass Sicherheit, Unterhalt, Tests, Inspektionen und die Überwachung gewährleistet sind. Gemäss der Richtlinie ENSI-G03 «Geologische Tiefenlagerung» muss die Nagra ein integrales Überwachungskonzept für das Tiefenlager und damit auch für das Pilotlager entwickeln und vorschlagen. Darin wird die Nagra erläutern, welche Prozesse aus ihrer Sicht relevant sind. Welche Parameter beobachtet werden, wird im Überwachungsprogramm von der Nagra vorgeschlagen. Das integrale Überwachungskonzept sowie das Überwachungsprogramm werden vom ENSI geprüft und beurteilt. Das erste integrale Überwachungskonzept ist mit dem Rahmenbewilligungs­gesuch einzureichen (ENSI 33/649). Zusätzlich muss der Betreiber dem ENSI regelmässig Bericht über die Messergebnisse erstatten.

Der Bericht zum Projekt «Auslegung und Inventar des Pilotlagers» stellt eine Übersicht des ENSI zum Thema Pilotlager dar. Es wurden Punkte zusammengetragen, die relevant für die Planung des Pilotlagers und dessen spätere Ausgestaltung sein können. Ausserdem sollte Regulierungsbedarf identifiziert werden, um diesen in einer Neuausgabe der Richtlinie ENSI-G03 zu berücksichtigen.

Im Projekt wurden ausserdem folgende Fragen diskutiert:

  1. Welche Funktionen hat das Pilotlager?
  2. Welche Prozesse und Eigenschaften können innerhalb welcher Zeiträume im Pilotlager beobachtet werden, die zu belastbaren Aussagen auch über das Hauptlager führen (Übertragbarkeit)?
  3. Welche Prozesse und Eigenschaften müssen beobachtet werden, um unerwartete Entwicklungen frühzeitig erkennen zu können?
  4. Wie ist bei gegebenem Inventar des Hauptlagers das repräsentative Inventar des Pilotlagers zu wählen?
  5. Welche Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Abfallsorten müssen im Pilotlager vermieden werden, damit für das Hauptlager belastbare Aussagen gemacht werden können?
  6. Sind aufgrund der geforderten räumlichen und hydraulischen Trennung vom Hauptlager zusätzliche Anforderungen an ein Pilotlager zu stellen?
  7. Sind an den Zugang zum Pilotlager und die Auslegung des Pilotlagers zusätzliche räumliche Anforderungen zu stellen?
  8. Sind an die Auslegung des Pilotlagers im Hinblick der zeitlichen Abfolge der Realisierung eines Tiefenlagers zusätzliche Anforderungen zu stellen?
  9. In wie weit können Artefakte eine Rolle spielen? (zum Beispiel Beeinflussung der Prozesse durch Sensoren und deren Zuleitungen)?

Aktuell keine zusätzlichen Regelungen erforderlich

In der Richtlinie ENSI-G03 (Ausgabe 2009) wurden bereits Vorgaben zur Überwachung (Monitoring) und zum Pilotlager formuliert, welche auf Überlegungen zu den zu überwachenden Prozessen bzw. Parametern basierten. Im Rahmen des Projekts wurde diskutiert, ob die Vorgaben der Richtlinie zu ergänzen oder zu konkretisieren sind.

Im Projektbericht kommt das ENSI zum Schluss, dass unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben vom Pilotlager zum Hauptlager eine Distanz gewählt werden sollte, mit der eine signifikante Beeinflussung der Messwerte im Pilotlager durch Prozesse im Hauptlager vermieden wird aber gleichzeitig die Übertragbarkeit auf das Hauptlager gewährleistet bleibt.

Zum jetzigen Zeitpunkt sind keine zusätzlichen Anforderungen an ein Pilotlager bezüglich dessen Anordnung in Bezug zum Hauptlager, des Zugangs und des zeitlichen Ablaufs der Realisierung des Tiefenlagers erforderlich. Die Regelungen der Richtlinie ENSI-G03 haben sich mit dem integralen Überwachungskonzept bzw. -programm als stufengerecht erwiesen.

Handlungsbedarf wird regelmässig überprüft

Derzeit wird von einer Beobachtungsphase von etwa 50 Jahren ausgegangen, bevor der Verschluss des Tiefenlagers erfolgt. Bei einer Beobachtungsphase dieser Länge können im Pilotlager über 70 Jahre Daten gewonnen werden. Erst bei einer Verlängerung um mehrere hundert Jahre wäre theoretisch ein signifikanter zusätzlicher Erkenntnisgewinn möglich. Dies geht aber auch mit einer potenziellen Gefährdung der Langzeitsicherheit einher, wie es in dem Expertenbericht ENSI 33/698 erläutert wird.

Allfälliger Handlungsbedarf für das ENSI wird regelmässig im Zuge der Planung und Realisierung eines Tiefenlager geprüft. Anlass dazu kann zum Beispiel die Überprüfung des integralen Überwachungskonzepts oder das von den Entsorgungspflichtigen alle fünf Jahre einzureichende Entsorgungsprogramm bieten, in dem Zwischenschritte der Weiterentwicklung des Tiefenlagerkonzepts dokumentiert werden.