KKW Gösgen: ENSI fordert Verbesserungen für den Langzeitbetrieb

Das Kernkraftwerk Gösgen wurde im Beurteilungszeitraum 2008 bis 2017 mit der notwendigen Sorgfalt betrieben und war sicherheitstechnisch auf einem guten Niveau. Das hält das ENSI in seiner Stellungnahme zur Periodischen Sicherheitsüberprüfung 2018 fest. Zudem beurteilt das ENSI das Nachrüstungskonzept des Kernkraftwerks Gösgen für den Langzeitbetrieb als adäquat und fordert dessen zeitgerechte Umsetzung.

Vom Notfallschutz über die Organisation und das Personal bis zur Alterungsüberwachung der gesamten Technik: Mit einer umfassenden Überprüfung der Sicherheit weisen Betreiber nach, dass ihre Kernkraftwerke (KKW) die gesetzlichen Vorgaben zur nuklearen Sicherheit und zum Strahlenschutz erfüllen. Alle zehn Jahre reichen sie dem ENSI eine umfassende Sicherheitsüberprüfung, die sogenannte Periodische Sicherheitsüberprüfung (PSÜ), ein.

Ende 2018 reichte das KKW Gösgen die Unterlagen zur PSÜ für den Beurteilungszeitraum von 2008 bis 2017 ein. Erstmalig hat das KKW Gösgen aufgrund seines Alters auch einen Sicherheitsnachweis für den Langzeitbetrieb (das heisst, für den Betrieb über 40 Jahre hinaus) den PSÜ-Unterlagen beigelegt. Nach ausführlicher Überprüfung veröffentlicht das ENSI nun seine sicherheitstechnische Stellungnahme dazu.

Darum geht es in der Periodischen Sicherheitsüberprüfung

Alle zehn Jahre muss der Inhaber einer Betriebsbewilligung für ein KKW eine umfassende Periodische Sicherheitsüberprüfung (PSÜ) durchführen. Damit beurteilt der Betreiber das KKW sicherheitstechnisch. Das Kernenergiegesetz (Art. 22 Abs, 2 Bst. e) und die Kernenergieverordnung (Art. 34 und 34a) verlangen dies.

Die PSÜ deckt folgende Themen ab:

  • Übersicht über die Anlage
  • Betriebsführung und Betriebsverhalten
  • Sicherheitsrelevante Anlagenteile
  • Instandhaltung und Alterungsüberwachung
  • Deterministische Sicherheitsanalysen (unter anderem Störfallanalysen)
  • Probabilistische Sicherheitsanalysen (unter anderem Risikoabschätzung von schweren Unfällen)
  • Organisation und Personal
  • Notfallschutz
  • Sicherheitsnachweis für den Langzeitbetrieb (Für den Betrieb über 40 Jahre hinaus ist eine zusätzliche Analyse notwendig. Dabei handelt es sich um den Nachweis, dass die Sicherheitsgrenzen im nachfolgenden Betriebsjahrzehnt mit genügend Marge eingehalten werden).

Zu jeder PSÜ verfasst das ENSI eine ausführliche Stellungnahme. Beurteilungsgrundlage ist das aktuell gültige Regelwerk wie die ENSI-Richtlinien, Verordnungen und Gesetze.

Das KKW Gösgen wurde im Beurteilungszeitraum umsichtig betrieben und befand sich auf einem guten sicherheitstechnischen Niveau. Dies hält das ENSI in seiner Stellungnahme fest, fordert aber gleichzeitig Verbesserungen. Die Forderungen zielen beispielsweise darauf ab, die systematische Überprüfung der Auslegung weiterzuführen oder die deterministischen Störfallnachweise zu verbessern. In den Kapiteln 1 bis 9 der sicherheitstechnischen Stellungnahme geht das ENSI auf die PSÜ detailliert ein.

«Hohes Sicherheitsniveau ist Basis für den Langzeitbetrieb»

2019 ist das KKW nach vier Jahrzehnten Betrieb in den Langzeitbetrieb übergegangen. Da die Anforderungen sich mit dem Stand von Wissenschaft und Technik entwickeln und die Alterung einer Anlage voranschreitet, werden die sogenannten Sicherheitsmargen auch beim KKW Gösgen kleiner. Um dem entgegenzuwirken, hat das KKW Gösgen neben seinem Alterungsüberwachungsprogramm ein umfassendes Nachrüstungskonzept erarbeitet und bereits im laufenden Aufsichtsverfahren mit dessen Umsetzung begonnen. Für die Grosskomponenten (Reaktordruckbehälter, Primärkreislauf, Stahldruckschale und Betonhülle), die schwer oder gar nicht zu ersetzen sind, führt der Betreiber die erforderlichen Nachweise.

Nachrüstungskonzept für den Langzeitbetrieb

Das Nachrüstungskonzept für den Langzeitbetrieb basiert einerseits auf dem Abgleich der Auslegung mit dem Stand von Wissenschaft und Technik. Andererseits sollen mit den Nachrüstungen die Anforderungen des nationalen und internationalen Regelwerks erfüllt werden.

Beim Nachrüstungskonzept für den Langzeitbetrieb ist entsprechend der Richtlinie ENSI-A03 ein besonderes Augenmerk auf folgende Themen zu legen:

  • auf den Redundanzgrad und die Diversität von Sicherheitsfunktionen,
  • auf die funktionale Unabhängigkeit und räumliche Trennung der Sicherheitssysteme,
  • auf den Automatisierungsgrad der Sicherheitssysteme,
  • auf den Schutz gegen äussere Einwirkungen und
  • auf die Vorsorge gegen schwere Unfälle.

Darüber hinaus ist der Sicherheitsgewinn des Nachrüstungskonzepts mittels deterministischer und probabilistischer Sicherheitsanalysen zu zeigen.

Das ENSI beurteilt den Zustand der Grosskomponenten als gut (siehe Kapitel 10 der sicherheitstechnischen Stellungnahme). Damit sind die Voraussetzungen für einen sicheren Langzeitbetrieb erfüllt, sofern das KKG den Forderungen des ENSI nachkommt.

«Das ENSI begrüsst die proaktive Haltung des Betreibers, in die Sicherheit des KKW Gösgen für den Betrieb über 40 Jahre hinaus zu investieren.»

Rosa Sardella, Leiterin des Bereichs Strahlenschutz beim ENSI

Die für den Langzeitbetrieb bereits durchgeführten und geplanten Nachrüstungen insbesondere im Rahmen der Projekte ERNOS (Erweiterung des Notstandsystems) und LETA (Austausch der Leittechnik) werden vom ENSI gesamthaft als adäquat bewertet:

  • Mit ihnen wird die Anlage instandgehalten.
  • Durch sie wird die Anlage dem Stand der Nachrüstungstechnik angepasst.
  • Sie tragen zu einer weiteren Verminderung der Gefährdung, die von der Anlage ausgeht, bei.

«Das ENSI kommt zum Schluss, dass solche Nachrüstungsmassnahmen notwendig sind», sagt Rosa Sardella, Leiterin des Bereichs Strahlenschutz und zuständig für die Stellungnahme zur PSÜ des KKW Gösgen. «Nur so wird sichergestellt, dass ein hohes Sicherheitsniveau als Basis für den Langzeitbetrieb erreicht wird. Das ENSI begrüsst die proaktive Haltung des Betreibers, in die Sicherheit des KKW Gösgen für den Betrieb über 40 Jahre hinaus zu investieren.»

Sämtliche Ergebnisse der Prüfung und die ENSI-Forderungen sind in Kapitel 11 «Gesamtbewertung» der Stellungnahme zusammengefasst.

PSÜ ist Teil des umfassenden ENSI-Aufsichtsprogramms

Die Fachkräfte des ENSI verschaffen sich fortlaufend einen Überblick über die Sicherheit der Kernanlagen und prüfen, ob der Betrieb die gesetzlichen Leitplanken einhält und der aktuelle Stand von Wissenschaft und Technik berücksichtigt wird. Die PSÜ ist Teil des umfassenden ENSI-Aufsichtsprogramms.