Der Schutz von Kernanlagen in Krisengebieten stand im Zentrum der 67. IAEA-Generalkonferenz

Vom 25. bis 29. September 2023 fand in Wien die 67. Generalkonferenz der Internationalen Atomenergieagentur IAEA statt. Im Fokus standen die weltweite nukleare Sicherheit und Sicherung sowie die Krise in der Ukraine. Für die Schweiz war die Generalkonferenz erfolgreich; sämtliche für die Schweiz relevanten Resolutionen wurden nach intensiven Verhandlungen angenommen.

Die Krise in der Ukraine war wie bereits im vergangenen Jahr ein Schwerpunkt der diesjährigen IAEA-Generalkonferenz. Die Mitgliedstaaten diskutierten die Kriegshandlungen in der Ukraine sowie die damit verbundenen Themen der nuklearen Sicherheit, Sicherung und Safeguards für Kernanlagen.

«Wir befürworten die von der IAEA identifizierten sieben Säulen der nuklearen Sicherheit und Sicherung sowie die fünf Prinzipien zum Schutz des Kernkraftwerks Saporischschja», sagt Marc Kenzelmann, Direktor des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI. Zudem setzt sich die Schweiz im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in der Kommission für Sicherheitsstandards der IAEA (Commission on Safety Standards, CSS) aktiv dafür ein, dass die «lessons learned» des Ukrainekonflikts Eingang und Anwendung in den Safety Standards der IAEA finden.

Prioritäre Resolutionen der Schweiz im Konsens angenommen

Die IAEA-Mitgliedstaaten verabschiedeten eine Resolution, in der sie den sofortigen Abzug der russischen Truppen aus dem besetzten KKW Saporischschja fordern. Die Soldaten müssten sich zurückziehen und die Anlage müsse wieder unter ukrainische Kontrolle gebracht werden. Weiter enthält die Resolution die Forderung, dass die IAEA-Beobachterinnen und -Beobachter, die dauerhaft im KKW stationiert sind, freien Zugang zu sämtlichen Bereichen der Anlage erhalten. «Die Schweiz unterstützt diese Resolution und die darin enthaltenen Forderungen vollumfänglich», betont Marc Kenzelmann.

Nach intensiven Verhandlungen nahmen die Delegationen der 177 Mitgliedstaaten die für die Schweiz prioritären Resolutionen zu Nuclear Safety, Nuclear Security und Safeguards im Konsens an. Auch wurde die Schweiz als aktiver und profilierter Akteur wahrgenommen.

Des Weiteren berieten die Mitgliedstaaten im Rahmen der Generalkonferenz die Jahresberichte der IAEA und bewilligten das Budget für das Jahr 2024.

Stärkung der nuklearen Sicherheit und Sicherung

Das ENSI plädierte während der Konferenz dafür, die Ergebnisse aus der Überprüfungskonferenz des internationalen Übereinkommens zur nuklearen Sicherheit (Convention on Nuclear Safety) in der IAEA-Dokumentation zur nuklearen Sicherheit zu berücksichtigen. Zudem soll unter den Mitgliedstaaten ein enger Austausch auf technischer Ebene gefördert werden.

Des Weiteren begrüsste die Schweiz, dass der Governeursrat vor 20 Jahren seine Genehmigung zum «Code of Conduct on the Safety and Security of Radioactive Sources» erteilt hat. Die Schweiz hat diesen Verhaltenskodex und seine ergänzenden Anleitungen vollständig umgesetzt und wendet diesen an.

Bilaterale und multilaterale Treffen fördern wertvollen Erfahrungsaustausch

Neben den offiziellen Plenardiskussionen und Side-Events der Konferenz tauschte sich die Schweizer Delegation auch in bilateralen Gesprächen aus; dieses Jahr mit den Aufsichtsbehörden der Niederlande, von Frankreich, Belgien, Schweden, Deutschland, Finnland und der Ukraine, des United Kingdom und Spaniens sowie mit dem IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi und der stellvertretenden IAEA-Generaldirektorin Lydie Evrard. Dabei ging es unter anderem um den Erfahrungsaustausch in den Bereichen Tiefenlager und Langzeitbetrieb von Kernanlagen.

Das ENSI ist Mitglied des Deep Geological Repository Regulators Forum (DGRRF), welches sich regelmässig über den Stand der Arbeiten bei der Tiefenlagerung austauscht. Auch diese multilaterale Kooperationsgruppe nutzte die Gelegenheit für einen Wissens- und Informationsaustausch. In dieser Sitzung mit den Vertreterinnen und Vertretern aus Schweden, Kanada, Finnland, Frankreich und den USA hatte Marc Kenzelmann die Gelegenheit, über die Fortschritte bei der Tiefenlagerung zu sprechen: «Die sichere Entsorgung von radioaktiven Abfällen in Tiefenlagern ist für uns alle ein wichtiges Thema. Vielen Dank an meine Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner für die Updates, die verschiedenen Blickwinkel und die konstruktive Diskussion.» Die Aufsichtsbehörden von Schweden, Kanada, Finnland, Frankreich, den USA und der Schweiz haben das DGRRF gegründet. Ziel des Forums ist es, die Erfahrungen in den Bereichen Genehmigung, Standortwahl, Sicherheitsbewertung und Bau von geologischen Tiefenlagern auszutauschen.

Marc Kenzelmann wird neuer Präsident der Commission on Safety Standards

Im Rahmen eines Treffens mit dem Generaldirektor der IAEA, Rafael Mariano Grossi, wurde Marc Kenzelmann zum neuen Präsidenten (2024–2027) der Commission on Safety Standards (CSS) der IAEA ernannt.

Die CSS ist ein ständiges Gremium der IAEA, welches aus hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Aufsichtsbehörden aus der ganzen Welt besteht. Das Gremium verabschiedet die IAEA Safety Standards und diskutiert wichtige Themen in den Bereichen der Nuklear-, Strahlen-, Transport- und Abfallsicherheit sowie den Notfallschutz. Alle vier Jahre wird die CSS neu zusammengesetzt und erhält einen neuen Vorsitz. Vor acht Jahren wurde die CSS durch Tschechien und die letzten vier Jahre durch Kanada präsidiert.

Marc Kenzelmann: «Ich danke Director General Rafael Mariano Grossi ganz herzlich für das entgegengebrachte Vertrauen. Ich bin mir der Verantwortung dieses Amtes bewusst und freue mich schon heute darauf, diese Herausforderung gemeinsam mit dem Team des ENSI anzunehmen.»

Vorinformation vom 28. September 2023

Das ENSI nimmt an der 67. IAEA-Generalkonferenz in Wien teil

Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI nimmt an der fünftägigen Generalkonferenz der Internationalen Atomenergieorganisation IAEA teil: Vom 25. bis 29. September treffen sich die Mitgliedstaaten der IAEA in Wien. Im Fokus stehen die weltweite nukleare Sicherheit und Sicherung sowie die Krise in der Ukraine.

Die Schweizer Delegation setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern des Bundesamtes für Energie, des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten, des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport sowie des ENSI zusammen.

Das ENSI wird die Konferenz unter anderem für den bilateralen Wissens- und Informationsaustausch mit anderen Aufsichtsbehörden unterschiedlicher Länder nutzen.