Bevölkerungsschutzkonferenz 2021: ENSI thematisiert Notfallschutz nach Nuklearunfall

Am 3. und 4. November findet in Davos die Bevölkerungsschutzkonferenz 2021 statt. Das ENSI leitet in diesem Rahmen die Fachkonferenz «10 Jahre Fukushima». Im Zentrum steht dabei die Weiterentwicklung des Bevölkerungsschutzes nach einem Kernkraftwerksunfall.

Kongresszentrum Davos

Die Bevölkerungsschutzkonferenz 2021 befasst sich unter dem Titel «Klimawandel: Albtraum für den Alpenraum?» mit den Herausforderungen des Klimawandels für den Bevölkerungsschutz in der Schweiz. Daneben finden am 3. November Fachkonferenzen statt. Die Fachkonferenz «10 Jahre Fukushima» steht unter der Leitung des ENSI. «Wir schätzen diese Möglichkeit zum fachlichen Austausch und wollen mit unseren Notfallschutzpartnern die Diskussion über die Optimierungsmöglichkeiten im Bevölkerungsschutz nach einem Kernkraftwerksunfall führen», sagt Marc Kenzelmann, Direktor des ENSI.

Bevölkerungsschutzkonferenz 2021

Die Bevölkerungsschutzkonferenz (BSK) steht unter der Leitung des Bundesamts für Bevölkerungsschutz (BABS) und hat das Ziel, die aktuellen und relevanten Themen des Bevölkerungsschutzes zu bündeln und den Informationsaustausch unter den Fachspezialistinnen und Fachspezialisten des Bevölkerungsschutzes zu fördern.

Das ENSI ist Teil des Bevölkerungsschutzes: Bei einem Störfall in einer Kernanlage, bei dem die Gefahr besteht, dass Radioaktivität an die Umgebung abgegeben wird, berät die Notfallorganisation des ENSI gemäss der Notfallschutzverordnung das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und den Bundesstab Bevölkerungsschutz bei der Anordnung von Schutzmassnahmen für die Bevölkerung.

Dazu erstellt das ENSI Prognosen zur möglichen Kontamination der Umgebung und berechnet Dosiswerte für die Bevölkerung. Diese sind eine wichtige Entscheidungsgrundlage zur Anordnung von Notfallschutzmassnahmen.

Weiterentwicklung des Bevölkerungsschutzes

Nach dem Reaktorunfall in Fukushima 2011 hat das ENSI einen umfangreichen Aktionsplan lanciert, um die nukleare Sicherheit der Schweizer Kernkraftwerke weiter zu verbessern. Der Aktionsplan umfasste unter anderem Punkte zum Thema Erdbeben, zu den Sicherheitsmargen der Schweizer Kernkraftwerke und zu extremen Wetterbedingungen.

Der Nuklearunfall in Fukushima hat auch Fragen zum Notfallschutz ins Zentrum gerückt: Etwa, ob die Massnahmen, die zum Schutz der Bevölkerung geplant werden, auch verhältnismässig sind. «Insbesondere geht es um die vorsorgliche Evakuierung der Bevölkerung, die auch in der Schweiz als wichtige Strategie zum Schutz vor einer allfälligen Strahlenbelastung nach einem Kernkraftwerksunfall vorgesehen ist», präzisiert ENSI-Direktor Marc Kenzelmann. «Die grossräumigen Evakuierungen in Fukushima hatten teils schwerwiegende Auswirkungen auf die betroffene Bevölkerung.» Gemäss diversen Studien hatten psychische Probleme im Nachgang des Unfalls einen grösseren Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung als die damalige Strahlenexposition. Diese Erkenntnis zeigt, dass die Massnahme zur vorsorglichen Evakuierung mit Bedacht angeordnet werden sollten und zwar in Abwägung mit der sogenannten Sheltering-Strategie. Je nach Situation bietet ein geschützter Aufenthalt im Keller genügend Schutz vor ionisierender Strahlung.

Fachkonferenz «10 Jahre Fukushima»

Die Fachkonferenz «10 Jahre Fukushima», welche im Rahmen der Bevölkerungsschutzkonferenz 2021 vom 3. und 4. November in Davos stattfindet, umfasst die nachfolgend aufgelisteten Vorträge sowie eine Paneldiskussion zum Thema «Handlungsbedarf und Herausforderungen für Einsatzkräfte bei einem KKW-Unfall»:

  • «Psychological consequences among mothers after the Fukushima Daiichi accident in 2011 and efforts on health literacy promotion», Aya Goto, Professor of Health Information and Epidemiology Center for Integrated Science and Humanities, Fukushima Medical University
  • «La protection des populations en cas d’accident nucléaire : quelle prise en compte en France du retour d’expérience de l’accident de la centrale de Fukushima Daiichi ?», Jean-Christophe Gariel, Directeur général adjoint chargé du Pôle Santé et Environnement, IRSN (Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire, France)
  • «Entwicklung des Bevölkerungsschutzes im Lichte von Fukushima – Pflichten und Handlungsmöglichkeiten des ENSI», Marc Kenzelmann, Direktor ENSI
  • «Bevölkerungsschutz bei einem KKW-Unfall – Herausforderungen beim Anordnen von ausgewogenen Massnahmen», Gerald Scharding, Chef Nationale Alarmzentrale, BABS
  • «‹Zumutbare› Dosen bei und nach einem radiologischen Notfall», Sébastien Baechler, Leiter Abteilung Strahlenschutz, BAG
  • «Einsatz bei einem KKW-Unfall – Unsicherheiten auf Stufe des Einsatzpersonals und weiterer Unterstützungsbedarf für die Kantone», Diego Ochsner, Chef Kantonaler Führungsstab Solothurn

«Es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass in der Schweiz die Folgen eines allfälligen Kernkraftwerksunfalls so weit wie möglich gemildert werden», sagt Marc Kenzelmann. Von zentraler Bedeutung dabei ist, dass Bevölkerung, Rettungskräfte und Behörden die Gefahr durch ionisierende Strahlung richtig einschätzen. Bei Entscheidungen über Notfallschutzmassnahmen sind neben den radiologischen Auswirkungen auch die psychologischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Auswirkungen in die Überlegungen miteinzubeziehen, so der ENSI-Direktor: «Die Diskussion über die geeigneten Massnahmen mit allen involvierten Notfallschutzpartnern bildet die Grundlage dafür, dass bei einem Kernkraftwerksunfall gemeinsam die bestmöglichen Entscheidungen für den Schutz der Bevölkerung getroffen werden können.»