KKW Leibstadt: Ungeplante Reaktorschnellabschaltung beim Anfahren

Betroffenes Werk / Titel

KKW Leibstadt: Ungeplante Reaktorschnellabschaltung beim Anfahren

Datum / Zeit

29. Mai 2023 / 17:29 Uhr

Sachverhalt

Am 29. Mai 2023 kam es beim Anfahren des Kernkraftwerks (KKW) Leibstadt nach der Jahreshauptrevision zu einer automatischen Reaktorschnellabschaltung. Grund dafür war ein tiefer Wasserstand im Reaktor. Dieser wurde herbeigeführt durch einen eingeschränkten Speisewasserfluss zum Reaktor, da die Betriebsmannschaft nicht bemerkt hatte, dass ein Reaktoreinspeiseschieber noch nicht geöffnet worden war.

Im Anschluss an die Reaktorschnellabschaltung wurde das Reaktorniveau stabilisiert. Danach konnte der Anfahrprozess neu aufgenommen werden.

Einstufung (nach Richtlinie ENSI-B03)

INES: 0

Massnahmen des Betreibers

Das KKW Leibstadt leitet aus dem Vorkommnis drei Folgemassnahmen ab: Das KKW Leibstadt …

  1. schult das Vorkommnis am Simulator-Wiederholungskurs für alle Schichtmannschaften,
  2. prüft die mögliche Optimierung der Mindestmengenregelung des Speisewassersystems und
  3. prüft die Modifizierung von semi-transparenten Pultabdecksteinen im Hauptkommandoraum zur besseren Erkennbarkeit der Zustände von Komponenten für die Betriebsmannschaft.

Massnahmen des ENSI

Im Zusammenhang mit diesem Vorkommnis erhebt das ENSI drei Forderungen: Das KKW Leibstadt soll …

  1. die Erkenntnisse und die aus den Massnahmen 1 und 3 des KKW Leibstadt abgeleiteten nächsten Schritte darlegen,
  2. die Mindestmengenventile inspizieren und
  3. dem ENSI die Analyseergebnisse der Massnahme 2 des KKW Leibstadt einreichen.

Beurteilung durch das ENSI

Die Reaktorschnellabschaltung erfolgte auslegungsgemäss beim Erreichen des Einstellwertes und verlief normal. Die Schutzziele wurden eingehalten. Das Vorkommnis hatte keine Auswirkungen auf die in Bereitschaft stehenden Sicherheitssysteme. Insgesamt hatte das Vorkommnis eine geringe sicherheitstechnische Bedeutung.

Das frühere meldepflichtige Vorkommnis des KKW Leibstadt vom 21. Dezember 2017 «KKL: Reaktorschnellabschaltung am 21. Dezember 2017 nach fehlerhafter Speisewasserpumpenumschaltung weist aus Sicht des ENSI Ähnlichkeiten zum vorliegenden Vorkommnis auf. Das KKW Leibstadt hat daher bei der Erfüllung der ersten der oben genannten Forderungen die Lehren aus diesem meldepflichtigen Vorkommnis mit zu berücksichtigen.

Kriterium für die Aufschaltung auf der ENSI-Website

  • Auslösen eines Sicherheitssystems und
  • Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt.

Das ENSI informiert die Öffentlichkeit in seinem jährlichen Aufsichtsbericht über sämtliche meldepflichtige Vorkommnisse im Bereich der nuklearen Sicherheit. Über Vorkommnisse, die eines der folgenden Kriterien erfüllen, informiert das ENSI auf der Website laufend:

  • INES-Stufe 1 oder höher,
  • Auslösen von Sicherheitssystemen,
  • Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt,
  • Inkorporation radioaktiver Stoffe mit einer Folgedosis von mehr als 1 mSv.