Wie kann die Radioaktivität eingeschlossen werden, wenn diese Castor-Behälter aufgemacht werden? Wie funktioniert eine solche heisse Zelle, sodass keine Radioaktivität austritt? Und wie kann vermieden werden, dass der Behälter, der später aus der Zelle kommt nicht kontaminiert wird?
Zur Diskussion der Verpackungsanlagen ist es nützlich, zwischen den verschiedenen übergeordneten Abfallarten zu unterscheiden: die schwach- und mittelaktiven Abfälle (SMA), die langlebigen mittelaktiven Abfälle (LMA), die verglasten hochaktiven Abfälle aus der Wiederaufarbeitung der verbrauchten Brennelemente (HAA) und die verbrauchten Brennelemente (BE). Diese verschiedenen Abfallarten werden in unterschiedlichen Verpackungsanlagen gehandhabt (SMA und LMA in ähnlichen Anlagen, BE und HAA in gleicher Anlage, aber bei der Verpackung im Ablauf räumlich bzw. zeitlich getrennt).
Bei den SMA, LMA und HAA handelt es sich um speziell hergestellte Abfallgebinde; d.h. die Abfälle sind für die Zwischenlagerung, den Transport und die geologische Tiefenlagerung in einer geeigneten Art behandelt, verfestigt und in dichten Gebinden (Behältern) verpackt, die nicht mehr geöffnet werden müssen. Dabei wird unter anderem auch verlangt, dass die Abfallgebinde entsprechend den gesetzlichen bzw. behördlichen Vorgaben kontaminationsfrei sind. Damit können diese Gebinde kontaminationsfrei in die Transportbehälter eingeladen und auch wieder kontaminationsfrei entladen werden. Dies gilt auch für die in Stahlkokillen (entspricht einem dünnwandigen Stahlbehälter) verpackten verglasten hochaktiven Abfälle.
Für die verbrauchten BE ist die Situation anders, indem diese ohne weitere Behandlung (Konditionierung) nach ihrem Einsatz im Reaktor und einer Abklingzeit im Brennelementbecken in die Transportbehälter eingeladen werden, die im ZWILAG/ZWIBEZ auch als Lagerbehälter dienen. Für diese mit verbrauchten Brennelementen beladenen Behälter sind durch Auslegung der Behälter die sichere Zwischenlagerung und der sichere Transport gewährleistet. Bei der Handhabung der Brennelemente wie auch bei der Entladung in der Verpackungsanlage ist wesentlich, dass auch bei den Brennelementen die Radioaktivität eingeschlossen bzw. fixiert ist: Der allergrösste Teil der Radioaktivität der verbrauchten Brennelemente ist in der UO2-Matrix (Brennstofftabletten) fest eingebettet und die UO2-Matrix wiederum ist in den Hüllrohren eingeschlossen. Ein vergleichsweise kleiner Teil der Aktivität ist auch in den Hüllrohren (Zirkaloy-Metall) und in den Strukturteilen (Stahl) enthalten, die durch Neutronenbestrahlung im Reaktor aktiviert wurden. Diese Radioaktivität ist ebenfalls nicht frei, weil die Radionuklide in der Metallmatrix fest eingebettet sind. Schliesslich gibt es aus dem Einsatz im Reaktor auf den Hüllrohren eine sehr dünne Schicht mit fest haftenden Ablagerungen von Verunreinigungen aus dem Kühlwasser, die auch radioaktive Substanzen enthalten. Von dieser Schicht kann es z.B. bei der Handhabung zu kleinen Abplatzungen kommen. Weiter wird für die Auslegung der Verpackungsanlage angenommen, dass es zu kleinsten Undichtheiten bei den Hüllrohren kommen kann1. Deshalb ist für die Auslegung der Umladung der Brennelemente von einer Kontamination der Brennelemente und des Behälterinnern auszugehen, und es wird mit technischen Massnahmen sichergestellt, dass beim Umladen der Brennelemente keine radioaktiven Stoffe in die Umwelt entweichen bzw. die Aussenseite des Behälters kontaminieren können.
Während Transport und Zwischenlagerung sorgt der dichte Transport- und Lagerbehälter für den zuverlässigen Einschluss der Radioaktivität auch bei Unfällen oder Flugzeugabsturz. Wird der Behälter in der Brennelementverpackungsanlage geöffnet, muss das Gebäude diese Einschlussfunktion übernehmen. Das Umladen der Brennelemente vom Transportbehälter in den Endlagerbehälter erfolgt daher in einer hermetisch geschlossenen, massiv ausgelegten Umladezelle („heisse Zelle“). Ein Austritt von Aktivität aus dieser Umladezelle wird durch Unterdruckhaltung und ein überwachtes Filtersystem verhindert.
Um eine Kontamination der Behälteraussenseite bei der Entladung zu vermeiden, wird der noch geschlossene Behälter an die Umladezelle angedockt. Der obere Teil des Behälters mit dem Deckel wird dabei – nach aussen abgedichtet – mit der Umladezelle verbunden. Damit sind der Bereich des Deckels und die Öffnung des Behälters vom Rest des Behälters und der „Aussenwelt“ isoliert und Radioaktivität kann nicht aus der Umladezelle bzw. dem Behälter entweichen und beispielsweise die Behälteraussenseite kontaminieren. Dazu wird in der Umladezelle auch ein kleiner Unterdruck erzeugt. Diese Aspekte sind in der untenstehenden Figurensequenz (Figur 63-1 – Figur 63-5) dargestellt.
Zusatzbemerkung zur Bedeutung der heissen Zelle: Die Umladezelle hat in erster Linie die Funktion der Abschirmung der Strahlung. Bei den HAA und BE ist die Abschirmung notwendig, denn diese haben eine sehr hohe Oberflächendosisleitung (Strahlung der HAA bzw. BE; nicht zu verwechseln mit Radioaktivität, die freigesetzt wird). Bei den SMA bzw. LMA ist die Abschirmung im Sinne der strahlenschutztechnischen Optimierung nur zum Teil notwendig, in jedem Fall aber sinnvoll.
Schliesslich sei darauf hingewiesen, dass das Umladen von BE von einem Behälter in einen anderen Behälter heute routinemässig erfolgt (vgl. „heisse Zelle“ im ZWILAG) und dass in Schweden und Finnland die Projektierung von Verpackungsanlagen sehr weit fortgeschritten ist.
Schematische Darstellung verschiedener Schritte des Umladens der verbrauchten Brennelemente aus den Transportbehältern in die Endlagerbehälter (Figur 63-1 – Figur 63-5):
1 Allfällige während des Reaktorbetrieb beschädigte Brennelemente werden speziell behandelt (z.B. Spezialverpackung schon vor der Lagerung im Brennelementbecken)