Technisches Forum Sicherheit

Frage 156: Zusätzliche Fragen zum Pilotlager

Bezugnehmend auf die Antworten der TFS-Frage 151 hat der Fragesteller die folgenden, detaillierteren Fragen zum Pilotlager eingereicht.

  1. In Art. 6.2 c) der seit Januar 2021 geltenden Richtlinie ENSI-G03 steht, dass ein Pilotlager vor Beginn der Einlagerung der entsprechenden Abfälle in das Hauptlager zu beschicken, zu verfüllen und zu versiegeln sei. Das ist eine wesentliche Änderung gegenüber der Ausgabe von 2009 und widerspricht nach Ansicht des Fragestellers dem EKRA-Konzept fundamental. Im Bericht der EKRA steht: Im Gegensatz zum Hauptlager könnten im Pilotlager nach Ablauf gewisser Fristen auch zerstörende Untersuchungen vorgenommen werden, um genauere Erkenntnisse über Einrichtungen des Endlagersystems zu gewinnen (EKRA 2000, S. 23). Das widerspricht laut Fragesteller auch dem Nagra-Bericht NTB 02-02, in welchem unter anderem steht: Das bedeutet, dass die eingebaute Instrumentierung [im Pilotlager] falls möglich gewartet, sonst aber periodisch ersetzt oder neu installiert werden muss (Nagra 2002, S. 126). Wie lautet die Begründung dieser Abweichung vom EKRA-Konzept? Führt sie zu einer Erhöhung der Sicherheit? Falls ja inwiefern?
  2. Ebenfalls im Nagra-Bericht NTB 02-02 steht: nicht zur Betriebsmannschaft [des Lagers] gehören Personen, welche … mit der Überwachung des Pilotlagers beschäftigt sind (Nagra 2002, S. 104). Daraus kann geschlossen werden, dass das Pilotlager, im Gegensatz zum Hauptlager, nicht von der Nagra betrieben werden soll. Das führt zu den folgenden Fragen: Wer betreibt das Pilotlager? Wer ist zuständig, wenn in diesem (vor oder nach der Versiegelung) irgendwelche unvorhergesehene Vorgänge geschehen? Wäre dies im Sinne der Priorität der Sicherheit nicht am sinnvollsten eine von Bund und Nagra unabhängige Organisation?

Referenzen

ENSI-G03: Geologische Tiefenlager, Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat, Brugg, Dezember 2020.

EKRA (2000): Entsorgungskonzepte für radioaktive Abfälle, EKRA, 31. Januar 2000

Nagra (2002): Projekt Opalinuston: Konzept für die Anlage und den Betrieb eines geologischen Tiefenlagers – Entsorgungsnachweis für abgebrannte Brennelemente, verglaste hochaktive sowie langlebige mittelaktive Abfälle. Nagra Technischer Bericht NTB 02-02.

Thema Bereich
Eingegangen am 19. Februar 2021 Fragende Instanz Fragen aus der Bevölkerung | P. Weiller
Status beantwortet
Beantwortet am 15. Juni 2021 Beantwortet von ,

Beantwortet von ENSI

a)

Grundlage der Aufsicht des ENSI ist nicht das EKRA-Konzept, sondern die gesetzlichen Vorgaben der Kernenergiegesetzgebung. Ein geologisches Tiefenlager besteht gemäss Art 64 KEV aus dem Hauptlager zur Aufnahme der radioaktiven Abfälle, aus einem Pilotlager und aus Testbereichen. Vor der Einlagerung radioaktiver Abfälle im Hauptlager werden radioaktive Abfälle im Pilotlager eingelagert, die Pilotlagerstollen verfüllt und verschlossen.

Die Überwachung der Entwicklungen im Pilotlager muss bis zur Entlassung des Tiefenlagers aus der Kernenergiegesetzgebung möglich sein, ein Austausch von Messgeräten muss daher möglich sein. Zerstörende Untersuchungen können in den gemäss KEV dafür vorgesehenen Testbereichen durchgeführt werden. Die Richtlinie ENSI-G03 schreibt vor, dass die Auslegung des Pilotlagers ein Überwachungsprogramm zur zeitlichen Entwicklung des Pilotlagers und seines geologischen Umfeldes berücksichtigen muss.

Hinsichtlich der Erhärtung des Sicherheitsnachweises (Art. 66 Abs. 1 KEV) dient die Beschickung, Verfüllung und Versiegelung des Pilotlagers vor dem Beginn der Einlagerung im Hauptlager dazu, eine möglichst lange Beobachtungsdauer zu erreichen und gegebenenfalls frühzeitig auf unerwartete Erkenntnisse aus der Beobachtung des Pilotlagers reagieren zu können. Die in der Richtlinie ENSI-G03 geforderte Verfüllung und Versiegelung des Pilotlagers ergibt sich aus Art. 66 Abs. 2 KEV, wonach die Ergebnisse der Überwachung auf die Vorgänge im Hauptlager übertragbar sein müssen. Das ist aus Sicht des ENSI nur möglich, wenn das Pilotlager genauso verfüllt und versiegelt wird, wie die Lagerstollen des Hauptlagers. Da im Pilotlager keine zerstörenden Untersuchungen vorgesehen sind, ist eine Umlagerung der dort eingelagerten Abfälle vor dem Verschluss des Tiefenlagers nicht notwendig, sofern die Überwachungseinrichtungen die langfristige Wirkung der Barrieren des Pilotlagers nicht beeinträchtigen.

Bereits die Ausgabe aus dem Jahr 2009 der ENSI-G03 forderte in Kap. 5.2.2 «Betrieb eines Pilotlagers», dass ein Pilotlager vor Beginn der Einlagerung der entsprechenden Abfälle ins Hauptlager zu beschicken und zu verfüllen ist. Die damalige Richtlinie forderte zudem, dass ein Pilotlager so zu betreiben ist, dass das Barrierensystem des Hauptlagers adäquat wiedergegeben wird und die Auswahl der Abfallgebinde für das Inventar des Hauptlagers repräsentativ ist. Diese Forderung ist auch in der aktuellen Version der Richtlinie ENSI-G03 enthalten.

In den Testbereichen sind gemäss Art. 65 KEV die sicherheitsrelevanten Eigenschaften des Wirtgesteins zur Erhärtung des Sicherheitsnachweises standortspezifisch vertieft abzuklären. Vor Inbetriebnahme des Tiefenlagers sind die sicherheitsrelevanten Techniken zu erproben und deren Funktionstüchtigkeit nachzuweisen. Das betrifft insbesondere:

  1. das Einbringen des Verfüllmaterials;
  2. das Entfernen des Verfüllmaterials zwecks allfälliger Rückholung von Abfallgebinden;
  3. die Technik zur Rückholung von Abfallgebinden.

Im Pilotlager ist gemäss Art 66 KEV das Verhalten der Abfälle, der Verfüllung und des Wirtgesteins bis zum Ablauf der Beobachtungsphase zu überwachen. Bei der Überwachung sind im Hinblick auf den Verschluss Daten zur Erhärtung des Sicherheitsnachweises zu ermitteln. Die Ergebnisse der Überwachung müssen auf die Vorgänge im Hauptlager übertragbar sein. Sie bilden eine Grundlage für den Entscheid über den Verschluss des Tiefenlagers.

Die Überwachung im Pilotlager respektive der Experimente in den Testbereichen dienen dazu, die Prozesse bezüglich der Abfälle und der Sicherheitsbarrieren vor Ort zu beobachten und Daten zur Erhärtung des Sicherheitsnachweises zu ermitteln (Art. 65 und 66 KEV). Die Resultate dieser Überwachung liefern Grundlagen für den Verschluss des geologischen Tiefenlagers.

In Art. 66 KEV sind Aspekte zur Auslegung des Pilotlagers bereits detailliert geregelt. Für seinen Zweck muss das Pilotlager in der Bauweise und im Inventar repräsentativ für das Hauptlager sein. Im Gegensatz zum Hauptlager muss das Pilotlager mit Überwachungseinrichtungen instrumentiert und entsprechend ausgelegt werden. Dazu kann das Pilotlager aus einer oder mehreren Kavernen beziehungsweise einem oder mehreren Stollenabschnitten bestehen. Im Pilotlager und seiner Umgebung soll die Wirksamkeit des Barrierensystems überwacht werden. Dies soll Schlüsse auf das korrekte Funktionieren des Hauptlagers ermöglichen. Das Pilotlager dient dazu, physikalische und chemische Vorgänge im Hauptlager an einem realistischen Abbild zu beobachten. Es dient auch der Information der Bevölkerung über die Entwicklungen des Hauptlagers während der Beobachtungsphase.

Die Dauer der Beobachtungsphase in der Schweiz wird anhand aktualisierter Unterlagen nach Abschluss der Einlagerung der Abfälle durch das UVEK festgelegt (Art. 68 KEV). Die Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung (SEFV) geht für die Berechnung der Entsorgungskosten von einer Dauer der Beobachtungsphase von fünfzig Jahren aus.

Um die Verhältnisse im Pilotlager zu verfolgen und Anzeichen von ungünstiger Wechselwirkung zwischen Barrieren zu erkennen, können zum Beispiel folgende Aspekte überwacht werden:

  • zeitliche Entwicklung der Temperaturverteilung
  • Wasseraufsättigung
  • Druckverhältnisse (Wasser, Gas, Gebirge)
  • felsmechanisches Verhalten des Gebirges und Mikroseismizität
  • chemische Parameter der Poren- und Kluftwässer
  • Gasentwicklung aus den Abfallgebinden.

Viele der im Hauptlager erwarteten Prozesse laufen viel zu langsam ab, als dass sie während der Beobachtungsphase im Pilotlager erfasst werden könnten. Es ist daher zu erwarten, dass durch die Überwachung nur ausgewählte Aspekte des Sicherheitsnachweises bestätigt werden können. Die Überwachung kann aber auch helfen, unerwartete Vorgänge zu erkennen.

Beantwortet von BFE

b)

Ein geologisches Tiefenlager ist eine Gesamtanlage, die nebst anderen Teilanlagen u. a. auch ein Pilotlager umfasst. Der Bewilligungsinhaber eines geologischen Tiefenlagers ist für den Betrieb der Gesamtanlage und damit auch für ein dazugehöriges Pilotlager zuständig. Dabei ist er der Aufsicht durch das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI unterstellt. Es ist nicht vorgesehen, dass der Betrieb eines Pilotlagers auf einen zusätzlichen Bewilligungsinhaber übertragen wird. Es wird dem Lagerbetreiber freistehen, darüber zu entscheiden, wie er sein Betriebspersonal organisieren wird und welche Beobachtungen und Messdaten aus dem Pilotlager er direkt der Öffentlichkeit zugänglich machen wird.

Die Pflicht zur Entsorgung von radioaktiven Abfällen aus Kernanlagen liegt bei den Verursachern (Art. 31 Abs. 1 KEG). Im Falle der Kernkraftwerke sind dies deren Betreibergesellschaften. Radioaktive Abfälle aus den Bereichen Medizin, Industrie und Forschung (MIF) müssen vom jeweiligen Verursacher beim Bund gegen Gebühr abgeliefert werden. Nach der Ablieferung ist der Bund für die Entsorgung verantwortlich (Art. 33 Abs.1 Bst. a KEG). Die Entsorgungspflicht ist erfüllt, wenn die Abfälle in ein geologisches Tiefenlager verbracht wurden und die Finanzierung für das Lager sichergestellt ist (Art. 31 Abs. 2 Bst. a KEG). Die Aufgabe der Entsorgung der radioaktiven Abfälle wurde von den vorgenannten Entsorgungspflichtigen der Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle) übertragen. Zweck der Nagra ist gemäss ihren Statuten die Errichtung und den Betrieb von Lagern für radioaktive Abfälle und der dazu notwendigen Anlagen.

Das in der Frage angeführte Zitat der Nagra muss zuerst in seinem zeitlichen Kontext betrachtet werden. Der zitierte technische Bericht NTB 02-02 wurde von der Nagra als Projektbericht zum Entsorgungsnachweis für abgebrannte Brennelemente, verglaste hochaktive Abfälle sowie langlebige mittelaktive Abfälle im Dezember 2002 veröffentlicht. Damit wurde er noch unter dem damaligen Atomgesetz vom 23. Dezember 1959 (AtG) formuliert, also noch bevor im März 2003 der Beschluss zum neuen Kernenergiegesetz (KEG) gefasst wurde und dieses per 1. Februar 2005 in Kraft trat. Das Pilotlager war damals ein Teil des EKRA-Konzepts (vgl. Teilfrage 156 a). Die gesetzliche Verankerung des Pilotlagers und der Zuständigkeiten bei dessen Betrieb waren zu jenem Zeitpunkt noch nicht erfolgt.

Ein geologisches Tiefenlager besteht aus dem Hauptlager zur Aufnahme der radioaktiven Abfälle, aus einem Pilotlager und aus Testbereichen (Art. 64 KEV). Ein geologisches Tiefenlager ist somit als eine übergeordnete Gesamtanlage zu verstehen, die nebst anderen Teilanlagen u. a. auch ein Pilotlager umfasst. Der Bewilligungsinhaber eines geologischen Tiefenlagers ist für den Betrieb der Gesamtanlage und damit auch für ein dazugehöriges Pilotlager zuständig.

Für den Betrieb eines geologischen Tiefenlagers benötigt der Inhaber des Tiefenlagers u. a. eine Betriebsbewilligung (Art. 21 KEG). In erster Linie ist der Bewilligungsinhaber für die Sicherheit der gesamten Anlage und des Betriebs verantwortlich (Art. 22 Abs.1 KEG). Es ist nicht vorgesehen, dass der Betrieb von Teilen eines geologischen Tiefenlagers, beispielsweise eines Pilotlagers, auf einen anderen Bewilligungsinhaber übertragen wird. Die Überwachung des Pilotlagers wird somit primär dem Inhaber des Lagers obliegen. Dies ist durchaus zu begründen: Gemäss Art. 66 KEV ist im Pilotlager das Verhalten der Abfälle, der Verfüllung und des Wirtgesteins bis zum Ablauf der Beobachtungsphase zu überwachen. Bei dieser Überwachung sind Daten zur Erhärtung des Sicherheitsnachweises im Hinblick auf den Verschluss des Tiefenlagers zu ermitteln. Die im Pilotlager gewonnenen Daten sollen also primär dem Bewilligungsinhaber zur Erfüllung seiner Pflichten dienen, somit muss auch die Verantwortung für den Betrieb des Pilotlagers bei ihm liegen.

Der künftige Betreiber eines geologischen Tiefenlagers wird unter Aufsicht des ENSI (Art. 70 Abs. 1 KEG) stehen. Das ENSI übt seine Aufsichtstätigkeit selbständig und unabhängig aus (Art. 18 Abs. 1 ENSIG). Um eine unabhängige und wirkende Aufsicht zu gewährleisten, ist es eine wesentliche Voraussetzung, dass die Verantwortung für ein geologisches Tiefenlager einschliesslich eines Pilotlagers klar einem Betreiber zugewiesen ist und nicht auf mehrere Gesellschaften verteilt ist.

Sollten vom Lagerbetreiber im Pilotlager «unvorhergesehene Vorgänge»1 beobachtet werden, so ist dieser dazu verpflichtet, umgehend das ENSI zu informieren sowie weitere Abklärungen zu treffen und Massnamen zu ergreifen, welche die Sicherheit des Pilotlagers und der Gesamtanlage gewährleisten (Art. 22 Abs. 2 KEG, Art. 32 Abs. 2 KEV, Art. 38 Abs. 3 KEV). Dem ENSI stehen im Fall des Auftretens von «unvorhergesehen Vorgängen» überdies umfassende Befugnisse zu, um die zur Einhaltung der nuklearen Sicherheit und Sicherung notwendigen Anordnungen erlassen zu können. Als Ultima Ratio könnte dies aufgrund von Beobachtungen im Pilotlager auch das Anordnen des Rückholens von Abfällen sein. Zusätzlich kann das ENSI im Rahmen seiner Aufsichtstätigkeit bei Bedarf präventiv oder ereignisbezogen eigene, zusätzliche Messungen im Pilotlager und radiologische Umweltüberwachungen durchführen. Das ENSI ist zudem verpflichtet, die Öffentlichkeit über den Zustand der Kernanlagen und insbesondere über besondere Ereignisse zu informieren (Art. 74 KEG). Ein Eingreifen durch eine aussenstehende Drittorganisation im Falle von «unvorhergesehenen Vorgängen», wie dies in der Fragestellung angesprochen wird, wurde vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Sowohl der Lagerbetreiber wie auch die Aufsicht werden durch die Konzentration der Verpflichtung, für ihr Handeln und die daraus entstehenden Folgen jederzeit selbst einzustehen, dazu angehalten, vorausschauend verantwortungsvoll und sicherheitsgerichtet zu handeln. Zum Betrieb eines geologischen Tiefenlagers muss dessen Betreiber die von Gesetz und Behörden geforderten Nachweise erbringen. Sämtliches in einem geologischen Tiefenlager eingesetztes Personal muss für die ihm übertragenen Arbeiten und Aufgaben über spezifische Fachkenntnisse verfügen. In Bezug auf die im Fragetext angesprochene Aufteilung des Betriebspersonals in voneinander abgetrennte Einheiten ist festzuhalten, dass für das gesamte in einem Tiefenlager eingesetzte Personal der Lagerbetreiber zuständig sein wird. Ob letzterer für den Betrieb eines Pilotlagers zur Erfüllung der spezifischen Fachanforderungen eine eigene, organisatorisch vom übrigen Betriebspersonal abgetrennte Personaleinheit einsetzt oder ob er gewisse Aufgaben an externe Auftragnehmer erteilt, wird innerhalb der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben in der Eigenverantwortung des Betreibers liegen.

Den Beobachtungen aus einem Pilotlager kommt nebst deren Bedeutung zur Erbringung von sicherheitstechnischen Nachweisen auch eine gesellschaftliche Wirkung zu. Die Öffentlichkeit wird mutmasslich dereinst ein Interesse an den in einem Pilotlager gewonnenen Beobachtungen haben. Es ist vorstellbar, dass der Lagerbetreiber im Sinne der Transparenz über den Anlagenbetrieb und zur Wahrung eines Vertrauensverhältnisses mit der Standortregion die Messdaten aus einem Pilotlager weiteren Fachkreisen oder der Öffentlichkeit zuganglich machen wird. Ein solcher Entscheid wird unter Berücksichtigung der künftigen Rahmenbedingungen und öffentlichen Interessen dem Lagerbetreiber obliegen und ist noch nicht heute zu treffen. Die Verantwortung über ein Pilotlager und die dort gewonnenen sicherheitstechnischen Befunde verbleibt aber entsprechend den oben vorgebrachten Erläuterungen zu jeder Zeit beim Betreiber des Tiefenlagers.

[1] Unter den im Fragetext erwähnten «unvorhergesehenen Vorgängen» werden hier Beobachtungen oder Befunde aus der Überwachung des Pilotlagers verstanden, welche belegen oder darauf hinweisen, dass das Verhalten der im Pilotlager oder im Hauptlager eingelagerten Abfälle oder der Sicherheitsbarrieren von den zugrunde gelegten Modellvorstellungen massgeblich abweicht. Bei solchen Beobachtungen handelt es sich nicht um Störfälle; es geht keine direkte Gefährdung von Mensch und Umwelt von ihnen aus. In der Regel ist kein unmittelbar dringliches Eingreifen im Sinne einer Störfallbehandlung erforderlich.

Referenzen

AtG: Bundesgesetz vom 23. Dezember 1959 über die friedliche Verwendung der Atomenergie, vom 23. Dezember 1959 (Stand am 27. Juli 2004), Schweiz, SR 732.0.

EKRA (2000): Entsorgungskonzepte für radioaktive Abfälle, EKRA, 31. Januar 2000.

ENSIG: Bundesgesetzes über das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat vom 22. Juni 2007 (Stand am 1. Januar 2012), Schweiz, SR 732.2.

ENSI-G03: Geologische Tiefenlager, Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat, Brugg, Dezember 2020.

ENSI-G03 (2009): Spezifische Auslegungsgrundsätze für geologische Tiefenlager und Anforderungen an den Sicherheitsnachweis, Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat, Villigen, April 2009.

KEG: Kernenergiegesetz vom 21. März 2003 (Stand am 1. Januar 2021), Schweiz, SR 732.1.

KEV: Kernenergieverordnung vom 10. Dezember 2004 (Stand am 1. Februar 2019), Schweiz, SR 732.11.

Nagra (2002): Projekt Opalinuston: Konzept für die Anlage und den Betrieb eines geologischen Tiefenlagers – Entsorgungsnachweis für abgebrannte Brennelemente, verglaste hochaktive sowie langlebige mittelaktive Abfälle. Nagra Technischer Bericht NTB 02-02.

SEFV: Verordnung über den Stilllegungsfonds und den Entsorgungsfonds für Kernanlagen vom 7. Dezember 2007 (Stand am 1. Januar 2020), Schweiz, SR 732.17.