Aufsichtsbericht: Schweizer Kernanlagen wurden 2011 sicher betrieben

Im vergangenen Jahr ist es in den Schweizer Kernanlagen zu keinen Vorkommnissen gekommen, welche die Sicherheit der Bevölkerung beeinträchtigt haben. Alle Anlagen befinden sich in einem sicherheitstechnisch guten Zustand, wie der heute veröffentlichte Aufsichtsbericht 2011 des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI festhält. Geprägt wurde das Jahr insbesondere vom Reaktorunglück in Fukushima und den daraus abgeleiteten Massnahmen in der Schweiz.

„Die Anlagen in der Schweiz befinden sich in einem sicherheitstechnisch guten Zustand und weisen auch im internationalen Vergleich einen hohen Sicherheitsstandard auf“, fasst Georg Schwarz, Leiter des Aufsichtsbereichs Kernkraftwerke und stellvertretender ENSI-Direktor, das Resultat zusammen. Das Urteil der Aufsichtsbehörde über die Sicherheit der Kernkraftwerke Beznau 1 und 2, Gösgen, Leibstadt und Mühleberg sowie der kerntechnischen Anlagen am Paul Scherrer Institut (PSI), das Zentrale Zwischenlager Würenlingen (ZWILAG) und die Forschungsreaktoren an der ETH Lausanne sowie an der Universität Basel Anlagen stützt sich auf über 400 Inspektionen, Überprüfungen von Werksunterlagen und –berichte sowie Analysen von Vorkommnissen.

Zusätzliche Überprüfungen nach Fukushima

Zusätzlich hat das ENSI aufgrund der Erkenntnisse aus Japan eine Vielzahl von Verfügungen erlassen und von den Kraftwerksbetreibern eine ganze Reihe von Nachweisen und Überprüfungen verlangt. Das ENSI ist nach ersten Abklärungen zum Schluss gekommen, dass aufgrund der bisherigen Erkenntnisse aus Fukushima keine unmittelbare Gefahr für die Schweizer Bevölkerung besteht und keines der Kernkraftwerke vorsorglich abgeschaltet werden muss. Dennoch gibt es Verbesserungsbedarf. Erste wichtige Massnahmen wurden bereits umgesetzt, andere sind in einem Aktionsplan zusammengefasst und werden bis 2015 abgearbeitet.

Das Jahr 2011 sei geprägt gewesen vom schweren Unfall in Japan, sagt ENSI-Direktor Hans Wanner. „Fukushima war auch für uns ein Schock, aber letztlich tragen die Erkenntnisse aus Japan dazu bei, die Sicherheit der Schweizer Kernkraftwerke weiter zu verbessern.“ Und er betont: „Fukushima ist nicht zuletzt auch eine Bestätigung der Richtigkeit der Schweizer Sicherheitskultur im nuklearen Bereich: Die gesetzlich festgeschriebene Pflicht und Praxis des ständigen Nachrüstens.“

Weniger meldepflichtige Vorkommnisse

In der Schweiz ging im vergangenen Jahr die Zahl der meldepflichtigen Vorkommnisse um einen Viertel auf 31 Meldungen zurück. Sieben Vorkommnisse betrafen das Kernkraftwerk Beznau; fünf Vorkommnisse betrafen das Kernkraftwerk Gösgen, elf das Kernkraftwerk Leibstadt, vier das Kernkraftwerk Mühleberg, drei die Kernanlagen des PSI und eines den Forschungsreaktor der ETH Lausanne. Kein Vorkommnis verzeichnete das ENSI beim ZWILAG und beim Forschungsreaktor der Universität Basel. Bevölkerung und Umwelt waren bei keinem dieser meldepflichtigen Vorkommnisse in Gefahr. Die Anzahl der Vorkommnisse schwankt von Jahr zu Jahr. Der Schwankungsbereich insgesamt für alle Kernanlagen in der Schweiz liegt zwischen 20 und 50 Meldungen pro Jahr.

Ein Ereignis aus dem Jahr 2011 hat das ENSI auf der von 0 bis 7 reichenden internationalen Ereignisskala INES der Stufe 1 zugeordnet. Im vergangenen Sommer kam die Kraftwerksbetreiberin BKW zum Schluss, dass eine gleichzeitige Verstopfung der Ansaugvorrichtungen der Notstandsystem-Wasserfassung bei einem Extremhochwasser nicht ausgeschlossen werden kann. Die BKW nahm deshalb die Anlage Ende Juni 2011 fünf Wochen vor dem geplanten Revisionstermin vorschriftsgemäss ausser Betrieb und rüstete das Werk nach. Aufgrund der getätigten Nachrüstungen erlaubte das ENSI der BKW am 23. September 2011 das Wiederanfahren. „Das Kernkraftwerk Mühleberg entspricht heute den gesetzlichen Anforderungen“, betont Georg Schwarz.

Strahlenschutz war immer gewährleistet

Der Schutz vor ionisierender Strahlung war 2011 für die Bevölkerung und die strahlenexponierten Personen in den Kernanlagen zu jeder Zeit gewährleistet. „Die Abgaben von radioaktiven Stoffen an die Umwelt via Abwasser und Abluft aus den Schweizer Kernanlagen lagen im vergangenen Jahr weit unterhalb der bewilligten Werte“, stellt Georges Piller, Leiter des Fachbereichs Strahlenschutz, gestützt auf eigene Messwerte und Resultaten von Partnerorganisationen fest. Mit dem eigenen Messnetz MADUK kontrolliert das ENSI rund um die Uhr die Radioaktivität in der Umgebung der schweizerischen Kernanlagen. Erhöhte Strahlenwerte lassen sich sofort erkennen. Die Messsonden registrierten im vergangenen Jahr keine unerlaubten Abgaben radioaktiver Stoffe.

 

Umfassender Blick auf 2011

Der Aufsichtsbericht ist Teil der periodischen Berichterstattung des ENSI. Unter anderem kommt die Aufsichtsbehörde damit ihrer gesetzlichen Pflicht nach, die Öffentlichkeit über besondere Ereignisse und Befunde in den Kernanlagen zu informieren. Daneben publiziert das ENSI jährlich einen Strahlenschutzbericht sowie einen Erfahrungs- und Forschungsbericht.

Das ENSI berichtet in seinem Aufsichtsbericht in den Kapiteln 1 bis 4 über das Betriebsgeschehen, die Anlagetechnik, den Strahlenschutz, die Betriebsführung etc. der einzelnen Kernkraftwerke. Das Kapitel 5 behandelt das Zentrale Zwischenlager der ZWILAG in Würenlingen. Die Kapitel 6 und 7 sind den Kernanlagen des Paul Scherrer Instituts sowie den Forschungsreaktoren der Universität Basel und der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne gewidmet. Im Kapitel 8 kommen die Transporte radioaktiver Stoffe von und zu den schweizerischen Kernanlagen zur Sprache. Kapitel 9 erläutert die Arbeiten zur geologischen Tiefenlagerung radioaktiver Abfälle und Kapitel 10 behandelt anlagenübergreifende Aspekte wie zum Beispiel Sicherheitsanalysen. Im Anhang finden sich erläuternde Tabellen und Figuren (u.a. Betriebsdaten der KKW, Auflistung der meldepflichtigen Vorkommnisse, Messwerte, Statistiken.